Buenas días, mis queridos, como estáis?
Oh wow, es wird Zeit, dass ich rauskomme aus Argentinien. Nicht, weil ich die Schnauze voll habe, im Gegenteil, sondern weil ich kein Geld mehr habe. Also keine argentinischen Pesos. Da Western Union alles in allem eine große Enttäuschung war, bleibt mir gerade noch genug Geld, um das Taxi über die chilenische Grenze zu bezahlen. Der Fahrer ist mein guter neuer Freund Fernando, der mir gestern angeboten hat, Maria und mich über die Grenze zu bringen, da er sich mit Taxifahrten etwas dazu verdient. Wir haben gerne zu gesagt, man kann theoretisch auch laufen, aber mit den schweren Rucksäcken wäre das ganz schön viel gewesen. Damit haben wir einen Goldgriff gelandet, weil uns Fernando während der Fahrt auch noch einiges über die Gegend erzählt. Der Grenzübergang funktioniert ohne Probleme und dann bin ich zum… vierten Mal innerhalb einer Reise in Chile (2x Grenzübergang Tierra del Fuego, einmal Puerto Natales). Diesmal für länger als 48h.
Wir kommen in Chile Chico an, eine schöne kleine Stadt, direkt vor den Pforten der Anden. Es sieht wirklich ein bisschen so aus, direkt nach dem Dorf steigt die Straße steil an und verschwindet zwischen hohen Felsen. Rechts daneben ist ein Aussichtspunkt, von dem man bei gutem Wetter einen schönen Blick auf den See hat.
Hier verabschiedet sich Fernando und kurz darauf sind wir auf uns gestellt. Wir fragen zuerst im Busterminal nach Verbindungen zu unserem nächsten Ziel, Puerto Rio Tranquilo. Es gibt einen Bus, am nächsten Tag in der Früh. Wir nicken, wollen allerdings am besten heute noch weg. Deshalb gehen wir noch kurz einkaufen und machen uns auf den Weg zu dem Autoleihservice, der uns vom Tourismuszentrum empfohlen wurde… und finden nichts. Wir fragen in der Apotheke nach, sie ist sich nicht sicher, schickt uns in eine Richtung, dort finden wir wieder nichts. Wir fragen in einem Baumarkt, die wissen gar nichts, fragen dann einen Gast, der meint, gleich um die Ecke. Wir gehen also weiter und fragen in einem kleinen Geschäft und tatsächlich, das ist es: Die Betreiberin des kleinen Modegeschäfts verleiht auch Autos… spannende Kombi. Leider bietet sie nur Autos mit Fahrer an und das kommt für uns nicht infrage.
Also bleibt nur noch eines, um heute noch aus dem Ort zu kommen. Wir laufen wieder ans andere Ende des Dorfes und halten den Daumen raus… doch dort erwartet uns eine Überraschung, die ich noch nie gesehen habe. Keine Sorge, kein Traktor! Am Straßenrand stehen bereits drei Parteien (Einzelpersonen und Paare), die ebenfalls trampen wollen. Eine Tramp-Schlange… und die gute Seele, die jemanden mitnimmt, kann sich aussuchen, wer ihm/ihr am sympathischsten erscheint. Wahnsinn, echt! Naja, wir probieren’s trotzdem und begeben uns in die Schlange. Die anderen wirken, als würden sie schon länger warten… und es kommt noch eine Partei hinzu, die sich weiter oben positioniert. Mir wird recht schnell klar, dass das heute nichts mehr wird… es ist auch einfach schon zu spät, wenn überhaupt, würden wir erst spät am Abend in Puerto Rio Tranquilo ankommen. Wir bleiben dennoch zwei Stunden, zwei andere Parteien geben bereits vorher auf. Viele zeigen nur nach oben, bedeutet wahrscheinlich, dass sie nur hochfahren und dann wieder zurück. Viele ignorieren uns komplett, einige zucken entschuldigend mit den Schultern… und eine Frau sieht uns genervt an und reibt Daumen und Zeigefinge zusammen: Bezahlt gefälligst dafür. Danach sind wir beide etwas baff. Aber ehrlich gesagt: Da steht eine Reihe reicher Europäer, die sich einen teuren Flug nach Südamerika leisten und dann umsonst durchs Land reisen wollen… das sollte nicht die letzte seltsame Begegnung sein.
Da hält tatsächlich doch noch jemand direkt vor uns an. Ich kann es kaum fassen. Aber zugegeben, zwei Mädels haben gegen zwei Paare und einen einzelnen Typ einfach bessere Karten 😉 Der Mann meint, er fährt bis in ein Dorf, das ist eine halbe Stunde von Rio Tranquilo entfernt. Ich übersetze für Maria, rate allerdings davon ab, mitzufahren. Der Mann wirkt sehr nett, aber wenn wir nicht direkt im Ort ankommen, sind wir auf einen neuen Tramp-Versuch angewiesen und zwar mitten im Nirgendwo, mitten im Dunkeln. Das will ich nicht riskieren. Ich bedanke mich freundlich bei ihm, erkläre, warum wir ablehnen und verweise auf die beiden anderen Parteien, die vielleicht gerne weiterkommen würden: Und tatsächlich, er nimmt drei andere Leute mit. Für die freut es mich sehr. Maria und ich brechen hier ab und gehen in ein kleinen Hostal, das wir zuvor schon gesehen haben. Wir wählen den Bus am nächsten Morgen.
Eine kleine Aufzählung: Wer in Argentinien/Chile unterkommen will, hat die Wahl aus mehreren Möglichkeiten: Ein Hotel (halt ein Hotel), ein Hostel (das ist normalerweise die günstigste und das, was man auch klassischerweise unter einem Hostel versteht), ein Hostal (Hotelähnlich, meistens rustikale kleine Frühstückhotels mit entweder zwei getrennten oder Doppelzimmerbetten), eine Hospedaje (ähnlich wie Hostal, nur mit Küche) und Cabanas (Hütten/Unterkünfte, ähnlich wie die Hospedajes, geeignet für größere Gruppen).
Das Hostal ist sehr schön, kuschelig warm und wir haben zwei große Betten. Nach dem langen Stehen in der Kälte eine willkommene Wohltat. Der restliche Stil ist ziemlich großmütterlich, samt Stoffbezug mit Blumenmuster über Toilettendeckel und Spülkasten, aber bequem. Wir trinken Mate, kaufen fürs Abendessen ein, essen, fangen einen Film an, aber ich bin so platt, dass ich nach der Hälfte in mein Bett zurück krabbele und bald einschlafe.
Am nächsten Morgen genießen wir ein überraschend üppiges und leckeres inkludiertes Frühstück. Wenn ich normalerweise ein Hostel mit Frühstück buche, gibt es billiges Weißbrot mit Marmelade aus kleinen Päckchen, sowie Tee und Kaffee, vielleicht noch künstlich-schmeckenden O-Saft. Hier gibt es sogar frische Guacamole, neben Schinken, Käse, Yoghurt, Kakao, Kuchen, Obst, warme Semmeln und so weiter. Ich verfluche meinen Magen, der so früh noch so unaufnahmefähig ist. In einer Stunde hätte ich den Leuten hier die Haare vom Kopf gefressen!
Das Busterminal ist gleich gegenüber, dort steht schon ein gut genutzt aussehender Kleinbus bereit, wir haben aber noch etwas Zeit. Maria will nochmal hoch zum Mirador, ich hole mir Bargeld aus der Bank und gehe noch kurz zum See:


Ach ja, der See: Beginnt in Argentinien, wo er „Lago Buenos Aires“ heißt, zieht sich nach Chile, wo er „Lago General Carrera“ oder „Lago Chelenco“ heißt. Es ist nach dem Titicaca-See der zweitgrößte See in Südamerika… und er ist wunderschön. Wir hatten schon bei er Fahrt mit Fernando eine gute Sicht, aber das sollte noch besser werden.
Wir kommen pünktlich zurück, steigen ein und fahren los. Die Stunde, die es in Chile später ist, als in Argentinien, haben wir diesmal beachtet! Wir verlassen Chile Chico und der Kleinbus fährt steil bergauf ins Gebirge hoch.
Es gibt einige Busse, die von der chilenischen Regierung subventioniert werden und somit für die Passagiere günstiger wird. So bezahlen wir für eine 5-Stunden-Fahrt vielleicht sechs Euro… und haben die spektakulärste Aussicht, die man über die Anden nur haben kann. Und auch über den Lago General Carrera:







Die Carreterra Austral ist das Ergebnis des Versuchs, den Süden Chiles zugänglicher zum Rest des Landes zu machen, da die meisten dieser Orte bis zum Bau der Straße völlig unerreichbar und abgelegen waren. Man musste früher nach Argentinien, um weiter oben wieder ins nördliche Chile einreisen zu können oder umgekehrt. Die Straße war das ambitionierte Projekt des Diktators Augusto Pinochet, es handelt sich um die Route 7 und sie wird inoffiziell auch Augusto Pinochet Highway genannt. Die Carreterra Austral schlängelt sich über 1240 km von Puerto Montt bis nach Villa O’Higgins mitten durch die Anden und verbindet die vielen kleinen Dörfer dort miteinander. Teile davon sind asphalitert, aber es gibt auch große Teile Schotterstraße, die einen auf Dauer ganz schön durchschütteln. Mal abgesehen davon, dass die Strecke teilweise richtig halsbrecherisch ist, links die Bergklippen, rechts nach der Planke: der gähnende Abgrund.
Trotzdem hängt der gesamte Bus während der Fahrt wie gebannt am Fenster und bewundert die unglaublichen Aussichten, viel paradiesischer, als man es sich vorstellen kann. In den hohen Berggipfeln liegt der Schnee und man sieht einige versteckte Gletscher. Die tiefer unten sind die Bäume mit den roten Blättern, im Tal die grünen Weiden der Tiere, immer in der Nähe des riesigen türkisblauen Sees, der nie zu enden scheint. Wasserfälle plätschern aus den Bergen, Kühe und Pferde stehen an der Straße, die Sonne glitzert über den See. Fünf Stunden komme ich aus dem Staunen gar nicht mehr raus, schlafe nur gegen Ende ein bisschen. Ich bin so froh, dass ich diese mehr oder weniger spontane Entscheidung getroffen habe, nicht auf der argentinischen Seite nach Bariloche zu fahren, sondern hier in Chile.
Gegen Nachmittag kommen wir in dem kleinen Ort Puerto Rio Tranquilo an. Das Dorf ist kaum größer als drei Längsstraßen, ein paar Häuserblöcke, es liegt direkt am See. Wir steigen aus dem Bus aus und finden uns mit einigen anderen Leuten wieder, die in derselben Situation sind, wie wir. Spontan unterwegs, auf der Suche nach einer Unterkunft. Sechs von uns beschließen, uns zusammen zu tun und gemeinsam eine Cabana zu mieten, ein kleines Haus mit mehreren Zimmern. Einer geht gleich die Straße runter, klopft an, fragt nach und schon haben wir Erfolg. Wir gehen in die Unterkunft und beziehen unsere Zimmer. Die Hausbesitzerin verspricht uns gleich Holz zu bringen, es ist nämlich ziemlich kalt und gibt nur einen Ofen im Aufenthaltsraum.
Die Gruppe ist folgende: Ein japanisches Paar, das Maria und ich bereits in Chile Chico kurz kennengelernt haben (Atsushi und Hiraki), ein französischer Backpacker (Bernoir), ein Amerikaner (Colten), Maria und ich. Die Gruppendynamik ist gut, alle haben viel zu erzählen und ich gebe eine Runde Mate aus, damit man ein bisschen ins Gespräch kommt. Außerdem wärmt es ein bisschen, die Hausbesitzerin lässt sich nämlich lange nicht wieder blicken und wir kämpfen alle gegen die Kälte. Es ist nicht eiskalt, aber unangenehm und aus Mate und später Tee, gibt es keine Wärmequelle. Nach zwei Stunden kehrt sie doch noch zurück und schürt ein… der Ofen bringt allerdings eine eher mittelmäßige Leistung. Maria und ich gehen einkaufen und kochen danach zusammen mit Bernoir und Colten, die sich ebenfalls für die Reise zusammengetan haben. Besonders mit Colten unterhalte ich mich viel, er war bereits öfter Voluntär auf argentinischen und chilenischen Rinderfarmen, hat beim Viehtrieb geholfen und tagelang auf dem Pferd zusammen mit vielen Gauchos die Tiere von einer Weide zur anderen bewegt… ich bin ein bisschen neidisch, genau das hätte ich auch gerne gemacht. Aber irgendwann bekomme ich schon noch Gelegenheit dazu.
Ich habe mich bereits in Chile Chico mit jemandem in Verbindung gesetzt, der Kayaktouren auf dem See anbietet und zwar zu einer ganz besonderen Attraktion. Mensch, was ich in letzter Zeit eine Reihe an „ganz besonderen Attraktionen“ vorstelle… Aber was soll ich sagen, es ist halt wirklich so: Ihr werdet aus dem Staunen mal wieder nicht rauskommen. Gegen Abend kommt die Bestätigung, dass der Touranbieter morgen Zeit hat. Ich schreibe, dass ich noch nicht sicher bin, ob es nur zwei oder sechs werden, daraufhin bietet er mir gleich einen Rabatt an, wenn wir zu sechst kommen. Ich frage die Gruppe, alle sagen zu und ich sage die Tour zu.
Am nächsten Morgen um acht soll es losgehen und ich bekommen einen kleinen Vorgeschmack davon, wie es als Lehrerin ist, viele Kinder zu einem Zeitpunkt an einen Ort zu bewegen. Nur eben mit erwachsenen. Ich weiß, ich bin deutsch, aber wenn ich erwachsene Menschen bitte, um kurz vor acht fertig zu sein, was ist daran so schwer? Einer muss noch rauchen, eine ist im Bad noch nicht fertig, brauchen wir eine warme Jacke? Soll ich meine Mütze mitnehmen? Kann man auch mit der Karte dort bezahlen. Ich seufze, schreibe dem Tourguide, dass wir etwas später sein werden und schiebe dann alle aus dem Haus zum Treffpunkt, wo wir nach kurzer Verwirrung uns mit unserem Tourguide Gonzalo treffen. Wir steigen in den Van und fahren zum Ausgangspunkt der Tour. Das Wetter ist perfekt, sonnig, fast windstill. Die besten Bedingungen um…
… mein Gott, ist der Artikel schon wieder lang, den Rest erzähle ich euch lieber im nächsten 😉
Liebste Grüße
Eure Jana
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