Hallo meine Lieben!
Wieder geht es früh raus am nächsten Tag, um Projekt Tiwanaku nochmal zu starten. Diesmal steigen wir direkt in den Teleferico. Im Morgenlicht haben wir eine tolle Sicht über die Stadt und entdecken sogar einen bunt bemalten Stadtteil.


Während wir zu dem Punkt laufen, den ich mir auf Google markiert habe, kreuzen wir die ersten Umzüge. Der ganze Tag heute ist ein einziges großes Stadtfest. Eigentlich blöd, dass das mit Tiwanaku gestern nicht geklappt hat. Naja, ist jetzt schon so.


Wir kommen zu der Straße und es ist ein riesiges Verkehrschaos. Tausend Minibusse in den Straßen, alle rufen durcheinander. Wir fragen nach, jemand schickt uns zur anderen Straßenseite. Dort stehen noch mehr Minibusse. Puh, ob das klappt? Wie sollen wir denn da … „TIWANAKU?“ Ich drehe mich ruckartig um und antworte wie ein Kuckuck auf den Ruf und zwei Sekunden später sitzen wir in einem Minibus. Wow, das hätte ich nicht gedacht.
Der Minibus schlängelt sich durch den dichten Verkehr und eine gefühlte Ewigkeit später sind wir raus aus der Stadt. Die karge Landschaft der Hochebene fliegt an uns vorbei. Immer wieder ruft jemand aus dem Bus, dass er/sie hier aussteigen und wir lassen sie gefühlt im Nirgendwo bei nur einem oder zwei Häusern raus… ihren Häusern. Ich komme mit dem Mann neben mir ins Gespräch. Er hat hier draußen einen kleinen Hof, ein paar Tiere, ein paar Felder. Leider muss er bald aussteigen, so erfahre ich nicht viel mehr.
Etwa eine Stunde biegen wir von der Hauptstraße ab und fahren in den kleinen Ort Tiwanaku. Der Fahrer lässt uns direkt vorm Eingang des Museums raus. Und dann sind wir da. Juhu!
Wir kaufen unsere Tickets und uns spricht ein Guide an, der uns eine private Tour verkaufen will. Neben uns stehen vier Leute, wir könnten uns leicht denen anschließen, aber es ist klar, dass er mehr Geld rausschlagen will, um uns eine „persönlichere“ Führung zu geben. Ich muss aufs Klo und Ale schafft es in der Zwischenzeit irgendwie uns der anderen Gruppe anzuhängen, sodass wir einen vernünftigen Preis zahlen können.
Die Führung beginnt in dem ersten Museum, wo uns allgemein erklärt wird, was wir uns überhaupt anschauen. Tiwanaku ist eine Prä-Inka-Kultur, etwa 1500 Jahre v. Chr. Bis 500 n.Chr. Die Stätte hier ist noch in der Ausgrabung, es ist also längst noch nicht alles entdeckt. Wir sehen verschiedenste Funde, Keramik, Schmuck, Stoffe… einige. der Figuren wirken asiatisch… vielleicht sind die Asiaten vor 1500 Jahren vor Columbus in Südamerika angekommen? Anders ist das kaum zu erklären.
Der Guide erklärt, wie auch bei den Incas wurde den jungen Leuten des Volkes sowas wie ein Metallstirnband um den Kopf gebunden, das den Kopf so formen soll, dass er nach hinten oben wächst. Das war ein Zeichen für eine hohe Abstammung und hatte absolut keine Folgen für die Gehirnaktivität. Das fand ich krass, deshalb ist es mir im Kopf geblieben.
Er erklärt uns die Bauweise der Tempelgebäude, die absolut perfekt abgemessen und konstruiert ist. Wie, ist bis heute ein Rätsel. Danach spazieren wir raus zur archäologischen Stätte. Das erste, was wir sehen, ist ein kniehoher Stein, mit einer runden Öffnung in der Mitte. Der Guide erklärt, das ist ein Lautsprecher. Er spricht durch das Loch und tatsächlich auch auf große Entfernung ist er deutlich zu verstehen. Das Loch auf einer Seite größer, sodass es auch die entsprechende Lautspreche-Form hat. Total cool. 1500 v. Chr. Sag ich nur!

Wir laufen zur Tempelanlage, die noch nicht vollständig freigelegt ist. Momentan fehlt ein bisschen die Finanzierung für die weitere Forschung und der Tourismus wirft nach der Pandemie nicht mehr genug ab. Aber hier gibt es noch viiel zufinden.


Wir laufen an einer Vertiefung vorbei, in der wohl mal ein Wasserbecken war. Das, so erklärt der Guide, war ein Ort um den Himmel zu analysieren, die Sternkonstellationen und Bewegungen des Mondes etc. Das Volk von Tiwanaku war ohne Zweifel ein hochintelligentes. Kein Wunder, dass sie sich so lange gehalten haben.













Von oben hat man eine tolle Aussicht auf das komplette Gelände, das echt riesig ist. Man sieht das Sonnentor, zu dem wir gleich noch gehen, die Häuser des Dorfes und den „Marktplatz“ mit dem großen Monolithen. Weit hinten erklärt der Guide, ist das Mondtor. Wir gehen nach unten und kommen in einen tiefer gelegten Hof, wo fast perfekt erhaltene Steingesichter an der Wand hängen.







Und auch das alles in perfekte Mauern eingebettet. Wenn man genau hinschaut, sind die Kanten wirklich perfekt, das hätten moderne Maschinen nicht besser machen können. Wahnsinn, diese Baukunst. Schließlich stehen wir vor dem Sonnentor, durch das man perfekt den großen Monolithen sieht.





Man kann auch direkt hin, dafür muss man den Komplex aber umrunden, der Zugang durch das Sonnentor ist gesperrt. Auf dem Monolithen sind feine Zeichnungen eingraviert, die die Religion der Leute wiederspiegeln: Der Kondor, die Schlange, ein laufender Mensch (Bote, wichtiger Teil der damaligen Kultur) und viele mehr, hab leider viel wieder vergessen. Dort gibt es auch einen großen Opfertisch, und weiter hinten noch kleinere Monolithen.





Der größte Monolith ist 8 Meter hoch und steht in einem separaten Museum, in dem man mal wieder keine Bilder machen darf. Der ist echt beeindruckend und auch auf dem sieht man deutlich die Gravierungen mit den typischen Mustern. Ich frage, warum die Kultur untergegangen ist, der Guide antwortet, Umweltprobleme. Das muss ich bei Gelegenheit mal noch nachrecherchieren. Vielleicht kamen auch einfach die Incas, die den Tiwanakus sehr ähnlich waren und haben die Dominanz übernommen.
Während wir weiterlaufen, erzählen wir dem Guide, dass wir bald nach Peru wollen, woraufhin er das Gesicht verziehen. Er glaubt nicht, dass das klappt, da sind bald wieder Proteste und die Grenze wird in den nächsten Tagen geschlossen. Uns klappt die Kinnlade runter, davon haben wir nichts gehört. Er nickt und legt uns ans Herz, entweder bald die Grenze zu überqueren, oder es zu lassen. Niemand weiß, wie schlimm diese Proteste werden. Und wenn es so wird wie beim letzten Mal, kann es sein, dass wir wochenlang an einem Ort festsitzen. Ich bin fassungslos. Ich stehe endlich vor den Pforten Perus und jetzt soll es nicht klappen?! Aber so leicht gebe ich nicht auf…
Zuletzt gehen wir auf eine weitere archäologische Stätte, wo es noch ziemlich wüst aussieht. Es soll eine Art Regierungssitz gewesen sein.







Interessant ist, dass zur damaligen Zeit der Titicacasee bis direkt hierher gereicht hat.

Krass, der ist noch soo weit von uns entfernt… kaum vorstellbar, dass er mal direkt hier vor der Tür war. Damit ist unsere Tour dann beendet, wir bezahlen den Guide und laufen wieder zurück zum Ausgangspunkt, wo wir nach einem kleinen Picknick in den nächsten Bus zurück nach La Paz springen. Der Ausflug war super, vor allem auch, weil man aus der Stadt raus war. Im Nachhinein frage ich mich echt, warum wir so lange in La Paz waren. Die Schätze Boliviens liegen wirklich in der Natur.
Zurück in La Paz fahren wir mit dem Teleferico zurück zu unserem Hostel. Zuvor geht es nochmal ans Terminal, wo wir unser Ticket für Copacabana kaufen. Wir fragen bei verschiedenen Firmen, wie sie die Situation einschätzen. Niemand will uns eine Garantie geben, aber im Moment ist ein Grenzübergang bis zum 19. noch möglich, ab da sollen die Grenzen geschlossen werden. Wir wollen am 18. Rüber, also müsste alles gut gehen und wir kaufen das Ticket. Ich hab mich so lange auf Peru gefreut, ich will zumindest versuchen, dieses Land zu erkunden. Sind ja auch nicht meine ersten politischen Proteste. Abends gehen wir nochmal raus, um ein bisschen was von den Feierlichkeiten mitzubekommen.
Wir laufen direkt auf der Hauptstraße in eine Art bolivianischen Spielmannszug, die neonbeleuchtete Instrumente haben. Das sieht ziiemlich cool aus. Die gesamte Innenstadt ist für Autos heute gesperrt und es ist die Hölle los. Auf dem Hauptplatz findet ein großes Konzert statt. Wir versuchen uns durch die Menge zu quetschen, aber es ist absolut unmöglich. Bevor wir in den Mühlen versinken, gehen wir rückwärts wieder raus und umrunden das ganze lieber weiträumig. Wenn da eine Massenpanik ausbricht… Wir spazieren noch etwas durch die Straßen und setzen uns später in ein Restaurant zum Abendessen. Bevor alles ausartet, gehen wir wieder ins Hostel und überlassen die Bolivianer ihrer Feier. Happy Birthday, La Paz! Alles Gute für die Zukunft.




Wir gehen schlafen, am nächsten Morgen fährt unser Bus um 7, raus aus der Großstadt.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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