Servus!

Ich schlafe nicht so super und komme ziemlich fertig und schlecht gelaunt in Cusco an. Wir bringen unsere Sachen ins Terminal, wo uns sofort eine Touranbieterin anspricht, sie hätte ein Hotel für uns und eine Möglichkeit zu Machu Picchu zu kommen…

… Machu Picchu. Eine der größten Sehenswürdigkeiten in ganz Lateinamerika, eine der größten Sehenswürdigkeiten der Welt und eines der neuen acht Weltwunder… ich wusste von Anfang an, dass mich der Scheiß irre viele Nerven und Geld kosten wird. Falls wir überhaupt hinkommen. Zwar haben uns ein paar Stimmen bestätigt, dass man auch spontan Tickets bekommen kann, aber ob das wirklich stimmt und ob wir nicht dennoch Tage darauf warten müssen? Dadurch, dass wir so spontan unterwegs sind, war es unmöglich Tickets vor zu reservieren… oder es hätte uns viel Planung gekostet und wir hätten viele Sachen dadurch nicht sehen/machen können. Jetzt ist es da: Und ich hab jetzt schon überhaupt kein Bock auf das ganze Zinnober. Millionen von fotogeilen Touris, irre hohe Preise… nach der schlechten Erfahrung bei Iguazu war ich schon kurz davor zu sagen, ich spar mir Machu Picchu. Aber das ist ja beinahe eine strafbare Aussage.

Wie auch immer, jetzt ist gerade ein ganz falscher Moment, um mir irgendeine Tour anzudrehen. Marionella, die Verkäuferin bleibt aber hartnäckig, versucht uns zu erklären, dass sie uns auch etwas gutes tun will und erklärt uns alle anderen Möglichkeiten, zu Machu Picchu zu kommen ,aber natürlich wird keine billiger sein, als ihre. Logisch.

Das Hotel, dass sie uns anpreist, hört sich vorerst okay an, also nehmen wir das Angebot schonmal an. Marionella merkt, dass wir zu müde und zu schlecht gelaunt sind, um ihr sofort alles abzukaufen, also gibt sie sich damit erstmal zufrieden. Während der Taxifahrt haben Ale und ich Zeit uns ein bisschen abzusprechen. Das ist das nervigste bei diesen Überfällen, dass uns keine Zeit gelassen wird uns abzusprechen.

Leider kommen die mehrtägigen Wanderungen nicht infrage, dafür fehlt uns die Zeit und ein bisschen die Kraft/Gesundheit, Ale ist auch nicht so im Wandertraining wie ich, vollkommen nachvollziehbar. Das fällt also raus. Es gibt noch einen Zug, der mich angelacht hätte, aber der Preis ist extrem. Also scheint uns die ökonomischste Variante tatsächlich die von Marionella. Mit dem Bus sechs Stunden in ein „nahegelegenes Dorf“ und den Rest nach Aguas Calientes (Machu Picchu Pueblo) zu laufen. Allerdings nicht mehr heute, so wäre es ihr am liebsten gewesen. Wir beschließen den Tag in Cusco zu verbringen und am nächsten Tag nach Machu Picchu aufzubrechen. Marionella freut sich, und als sie mit dem Preis für den Bus noch ein bisschen runter gehen, sind wir auch zufrieden… und ein bisschen perplex. Der Gedanke, am nächsten und übernächsten Tag am Machu Picchu zu sein, ist ein bisschen unrealistisch. Im Hotel angekommen, machen wir alles fix und fallen dann erstmal ins Bett. Es ist noch nicht mal halb sieben Uhr morgens. Ein paar Stunden Schlaf später, genieße ich eine sehr schöne heiße Dusche und schreibe ein bisschen.

Am Nachmittag ziehen wir zum ersten Mal in die Stadt zu einer Free Walking Tour. Nach der in La Paz bin ich echt begeistert von dem Konzept und es ist wirklich die beste Methode, eine Stadt, ein Land, eine Kultur ein bisschen kennenzulernen, bevor man sich in Reise stürzt. Schade, dass ich das nicht öfter gemacht habe. Cusco ist übrigens angenehm warm. Also, so lange die Sonne da ist, aber man stirbt auch nicht, sobald sie weg ist, wie in Puno und äh… Bolivien.

Unser Tourguide, Richard, begrüßt uns freundlich und erklärt uns ein paar Daten zu Peru und zu Cusco selbst. Leider hab ich zu der Tour kein Protokoll gemacht und kriege nicht mehr alles zusammen. Sorry.

Cusco, in Quechua Qosko ist die alte Hauptstadt der Inkas. Allerdings war der Stadtteil, durch den wir laufen, also die Altstadt von Cusco nur dem Adel und den Königen vorbehalten, das ein heiliger Ort war. Die Stadt selbst hatte zu der Zeit die Form eines Pumas und nur die Höchstgeborenen durften in der Pumastadt leben. Er gibt uns ein paar Restaurantempfehlungen für den Platz, dann gehen wir weiter zum „botanischen Garten“ von Cusco. Ebenfalls ein Platz, auf dem aber viele heimische Pflanzen und Bäume wachsen. Er erklärt uns ein paar davon, ich krieg’s leider nicht mehr zusammen.

Wir gehen weiter zu einer naturwissenschaftlichen Schule für Jungs, die irgendwann im 19. Jahrhundert initiiert wurde. Vor der Schule ist eine Eselskulptur, man nannte die Jungs früher Esel, deshalb müssen sie zur Schule. Es gibt auch eine Mädchenschule, aber deutlich kleiner und ein Stück weg. Er erklärt uns kurz etwas zur Geschichte und zur Befreiung Perus. Wie wir schon wissen war es San Martin, der Peru und Chile befreit hat, doch auch Simon Boliviar, der Befreier der nördlichen Länder hat hier eine große Bedeutung. Ein neues interessantes Detail ist, dass wohl beide Männer von einem gewissen Francisco Morado angeleitet wurden, der im Hintergrund die Fäden für die Befreiung des gesamten Kontinents gezogen hat. Das klingt ja spannend, da muss ich mal ein bisschen recherchieren.

Danach gehen wir in die große Markthalle von San Pedro. Dort stellt uns Richard einige heimische Früchte vor, wie Lucuma, Maracuya, Naranjilla und noch einige mehr, die ich jetzt schon nicht mehr weiß. Ale und ich kaufen ein paar für die Fahrt morgen. Die sehen wirklich herrlich aus. Außerdem weiht er uns in ein wichtiges Geheimnis ein. Hier auf den Märkten wird alles angepriesen als „echte Alpakawolle“ oder noch besser als „Baby-Alpaka“. Das kann man komplett vergessen. Die richtigen Alpakaprodukte kann man in der Innenstadt in feinen Läden für 200 Dollar aufwärts erwerben, alles was es hier für 80-200 Soles gibt (1 Dollar = ca. 25 Sol) ist synthetisch und sicherlich nichts Echtes. War klar, ich bin trotzdem ein bisschen enttäuscht. Mich lachen ja schon seit langem die tollen bunten Ponchos an, trotz Größe und Gewicht und hier wollte ich mir einen kaufen… aber ein echter ist dann trotzdem außerhalb meiner Preisklasse, das Geld brauche ich für Reisekosten. Dann wird es halt ein unechter.

Wir gehen weiter zu einer Karte, auf der das alte Inka-Reich abgebildet ist, das von Nordargentinien/Chile bis nach Ecuador gereicht hat. Schon irre, was für ein Territorium das war und alles von Cusco aus regiert. Hier erklärt uns Richard auch nochmal die Wichtigkeit des Boten: In jedem Dorf gab es einen Boten, der die Botschaft von z.B. Cusco nach Bolivien transportiert hat… aber eben nur bis ins nächste Dorf, wo die Nachricht an den nächsten Boten weitergereicht wurde. Diese Form von Kommunikation ist natürlich relativ schnell und so lässt sich ein Riesenreich wie dieses auch regieren.

Auf dem Plaza de Armas (großer Stadtplatz – „Platz der Waffen“) zeigt und erklärt uns Richard die verschiedenen Kirchen – und vor allem den Fakt, dass überall wo jetzt eine Kirche steht, früher ein Inca-Tempel stand. Die Gebäude wurde mit der Kolonisation vollständig zerstört und auf den Ruinen Kirchen errichtet. Die einzigen noch halbwegs intakten Ruinen sind die es Qorikancha, des Sonnentempels. Zwar ist auch darüber ein Konvent gebaut, aber im Inneren und auf einer Außenseite gibt es noch die alten Mauern des Tempels.

Richards erklärt, dass die Incas Götter der Natur angebetet haben: Die Sonne, den Mond, Pachamama, usw., aber auch Tiere wie den Puma, den Kondor… und die Schlange. Wenn natürlich ein Katholik einen Tempel mit einer riesigen Schlange darauf sieht, denkt er an Teufelsanbetung… und zerstört das diabolische Ding… was für ein Kulturgut die Spanier damit zerstört haben, ist unfassbar. Aber so ist es nun mal. Ich frage nach dem Tempel des Mondes, Richard antwortet, dass man die Ruinen noch besichtigen kann, ist ein bisschen außerhalb, aber nicht allzu weit. Ich nehme mir fest vor, da mal hinzuschauen.

Hier auf diesem Platz wurden auch die letzten Inca-Könige hingerichtet, zuletzt Tupac Amaru im Jahr 1542, sowie seine Frau. Sein Sohn, der zusehen musste, wie seine Eltern auf grauenhafte Weise umgebracht wurden, wurde nach Spanien überführt, damit er niemals sein Erbe antreten kann. So oft ich mir schon gedacht habe, dass die indigenen Völker der Vergangenheit schreckliche Bräuche hatten (Kinderopfer, Unterdrückung anderer Völker etc.)… was die Spanier hier an Blut vergossen haben, ist unaussprechlich.

Richard erklärt uns auch, wie es dazu kommen konnte, dass die mächtigen Incas „so leicht“ gestürzt wurden. Die Inkas litten schon seit vielen Jahren an innenpolitischen Problemen, waren also zu dem Zeitpunkt des Einfalls der Spanier bereits angegriffen. Interessant ist, dass offenbar andere Völkergruppen, die selbst von den Incas unterdrückt wurden (gezwungen wurden, sich der Kultur anzuschließen), den Spaniern geholfen haben. Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Alles in allem finde ich, dass man die Incas ganz gut mit dem alten Rom vergleichen kann. Beide haben sich durch Eroberung anderer Völker etabliert, beide eine Hochkultur geschaffen, die ihren Leuten Reichtum, Bildung, Infrastruktur und ein angenehmes Leben beschert haben. Aber kein Riesenreich kann sich auf ewig halten.

Wir gehen weiter in eine Gasse, in der auch noch ein paar alte Tempelmauern der Inkas stehen. Richard erklärt uns die Konstruktion: Für ihre Tempel, Regierungsgebäude, Paläste haben die Inkas keine Verbindungsmasse genutzt: Es liegt Stein an Stein und zwar das kein Windhauch dazwischenpasst.

Der irre Arbeitsaufwand und die Präzision sind wirklich bewundernswert. Die Steine wurden mit einer besonderen Methode geschlagen: Man hat an einer Linie Löcher gebohrt und einen Holzstamm eingefügt. Dieser wurde nass gemacht, sodass sich das Holz ausdehnt… und den Stein entlang der Linie sprengt. Anschließend wurden die Steine von Hand zurecht geschliffen, bis sie perfekt waren. Mit Sicherheit hat das Volk von Tiwanaku eine ähnliche Methode für ihre Tempel verwendet… die die Incas übernommen haben. Heute sind diese Mauern in Pizza-Restaurants, Tourismus-Büros und anderen Gebäuden verbaut.

Richard erklärt uns noch, dass wir vorsichtig sein sollen mit den Frauen hier, die einem ein Bild mit einem Baby-Alpaka anbieten. Tatsächlich haben wir die bunt gekleideten Cholitas schon gesehen, die ein süßes, aber sehr apathisches Alpaka-Baby neben sich haben und den Touristen ein Bild nahezu aufzwingen. Richard warnt: Manchmal ist das kein Alpaka, sondern ein Schaf.

Ich muss lachen. Und den Leuten fällt der Unterschied ernsthaft nicht auf?! Danach muss ich zugeben, dass das schon möglich wäre. Die Leute, vor allem die in der Stadt leben, haben oft jeglichen Bezug zur Natur verloren, denen kann man ein Schaf schonmal als Alpaka verkaufen. Richard meint allerdings, dass die kleinen Alpakas auf dem glatten Boden hier oft ausrutschen und es keine artgerechte Art ist Geld mit den Tieren zu verdienen. Die Einheimischen sagen oft „Tierquälerei“ dazu.

Wir gehen weiter und kommen in einem Innenhof eines kolonialen Gebäudes an, das wirklich wunderschön ist.

Hier gibt uns Richard noch ein paar Empfehlungen für die Stadt und führt uns dann in ein Büro, wo die Tour endet. Dort gibt es noch ein paar Produkte und wer gleich eine Bewertung schreibt, kriegt einen Lama-Anhänger. Na, für den doch gerne. Dann nehme ich noch ein kleines Fläschchen mit der Essenz von Blumenduft mit. Soll man auf die Handflächen tröpfeln, reiben, dreimal klatschen und dann an den Handflächen tiiief einatmen.

Ale und ich haben gehört, dass man auch hier in der Stadt Tickets für Machu Picchu kaufen kann. Wir machen uns auf die Suche, bleibt aber erfolglos, die Kulturbehörde, die die Restposten manchmal ausgibt ist heute geschlossen. Also müssen wir in Machu Picchu Pueblo also unser Glück versuchen.

Danach gehen wir in das Restaurant, das uns Richard empfohlen hat und ich probiere ein vegane Form des Nationalgerichts Ceviche. Die originale Version wird mit rohem Fisch serviert und ich bin schon kein Fan von gekochtem Fisch. Die vegane Variante mit Zucchini und Champignons klingt allerdings ganz lecker… und das ist sie auch. Ceviche ist vor allem eines: sauer! Aber der Koch hier hat es genau raus, dass die Säure dominant, aber nicht unangenehm ist. In Verbindung mit dem süßlich-sauren Maracuya-Saft habe ich ein hervorragendes Essen und schwebe ab jetzt im Ceviche-Himmel… also im vegetarischen.

Im Hotel packen wir einen kleinen Rucksack für zwei Tage und gehen dann bald schlafen. Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg zu Machu Picchu.

Liebste Grüße,

Eure Jana

Categories:

No responses yet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert