Hallo liebste Leser*innen,
Wie immer geht es am nächsten Tag früh raus und wir müssen schon auschecken, weil es in den restlichen Tagesplan nicht reinpasst. Um halb acht holt uns ein Taxi ab und bringt uns zum Mondtempel, wo Franco, ein Angestellter von Celso uns schon erwartet… zusammen mit drei gesattelten Pferden. Meine Augen leuchten schon.
Franco sattelt noch und fragt dann, ob wir nicht auf eine größere Tour Lust hätten, zu einem kleinen Aufpreis. Der ist vollkommen in Ordnung und wir sagen zu. Ich warne Franco, ich bin schwer, vielleicht nehme ich lieber das kräftigere Pferd, Er nickt, kein Problem, er stellt mir Mil Amores vor… tausendfache Liebe… was für ein passender Name. Man könnte Mil Amores aber auch mit 1000 Lieben also Beziehungen übersetzen, was auch passt, als Touri-Pferd bin ich nicht sein einziger Ritt. Ich bin trotzdem hin und weg… ist ja klar!



Franco hilft uns hoch und wir reiten los. Die Landschaft ist absolut traumhaft und ich könnte mir keinen besseren Weg vorstellen, sie zu Pferd zu erkunden.





Wir reiten einen Weg entlang, an anderen Weiden vorbei, kreuzen eine Straße, ab dort geht es in steigendes Gelände. Meine Sorge bleibt unbegründet, Mil Amores weiß ganz genau, wo er hintreten muss und meistert die Steigung mit Bravour. Aber er schnauft schon ganz schön, mit mir Schwergewicht im Sattel. Oben angekommen bietet sich uns ein fabelhafter Ausblick-



Sorry, ging nicht ohne Pferde. Franco bindet die Tiere an ein paar Pflanzen an und wir gehen ein Stück ins Gelände. Dort versteckt liegen Eingänge zu Höhlen, die die Quechua gebaut haben, um vor den Spaniern zu flüchten. Wow, was für ein beeindruckender Ort. Nur die Einheimischen kennen sich hier aus. Franco erzählt uns von Ausländern, die das hier erkunden wollten und verschwunden sind… verloren in einem riesigen Labyrinth, dass sich durch die komplette Umgebung zieht. Ich frage Franco, wie es geht, dass sie sich hier auskennen. Er erklärt, das Wissen wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Wir folgen Franco in die Höhlen und sind baff.








Ein paar Mal müssen wir richtig klettern, um hinein und vor allem wieder hinaus zu kommen. Innendrin gibt es zig Verzweigungen, manche größer, manche kleiner. Hier und da finden wir kleine Gaben, Cocablätter oder Süßigkeiten. Franco erklärt, dieser Ort hat immer noch eine große Bedeutung für die lokale Bevölkerung, die Leute kommen hier her, um um die Gutwilligkeit der Götter zu bitten. Außerhalb erklärt er uns ein paar Pflanzen, unter anderem die „Munja“. Pflanze… eine Art minzig-zitroniges Gewächs, das die Leute hier viel als Tee trinken, mal wieder ein Allheilkraut. Franco zupft uns was ab, für den Tee heute Abend.
Und Mama, schau mal, was ich hier noch gefunden habe:

Dann gehen wir zurück zu den Pferden, steigen auf und reiten zuerst ein Stück zurück, biegen dann aber ab ins Grüne.
Eine Weile reiten wir vor uns hin, dann kommen wir am nächsten Stopp an. Wieder bindet Franco die Pferde an Pflanzen an, und wir spazieren ein Stück, aber nicht weit. Franco stoppt und zeigt auf einen Felsen: Das ist das Gesicht des Inkas… und tatsächlich aus einem gewissen Winkel sieht der Fels wie ein Gesicht aus.

Wer’s nicht erkennt, ich hab da mal eine kleine Hilfestellung erstellt.

Franco erklärt, in der Richtung, in die das Gesicht schaut, muss ein okkulter Ort der Incas gelegen haben. Welcher kann man nicht mehr sagen. Aber wieder spüre ich diese Energie, wie schon bei Machu Picchu und bei den Höhlen, die diesem Ort innewohnt. Ungleich zu Macchu Picchu sind wir hier alleine. Mir völlig unklar, wie diese Tour nicht Cuscos Hauptattraktion ist, aber besser für uns. Wir nähern uns den Felsen, wieder ist er umgeben von Ruinen.








Wir dürfen sogar hochklettern und Franco macht ein Bild von uns.

Wunderschön hier. Ich könnte ewig hierbleiben. Als wir wieder bei den Pferden sind, fehlt eins. Ich entdecke es weiter hinten, Franco meint, der ist auf Wassersuche, holt ihn aber gleich zurück. Dann kommen auch wir an den kleinen Bächen vorbei und legen eine kurze Trinkpause für die Pferde ein. Als wir weiterreiten, höre ich leise eine Trommel. Wer auch immer sie spielt, ist etwas versteckt zwischen den Felsen. Ich frage Franco danach, er meint, da führt jemand ein Ritual durch.
Dieser Moment freut mich riesig. Weil es heißt, dass die Leute ihre Rituale nicht nur den Touristen zu liebe durchführen, sondern der Kultur und Religion trotz Katholisierung immer noch stark verbunden sind.
Letzter Stopp ist der Mondtempel. Nachdem wir kurz oben drüber laufen, wo ich gestern schon saß, führt uns Franco noch an den wahren Ort des Tempels: Den Altar, der IM Felsen ist. Wir steigen auf der Rückseite runter und gehen durch einen Felsspalt ins innere des Bergs, wo eine Fläche glatt geschliffen wurde: Der Opferaltar. Wieder schlägt mein Herz hoch und die Luft scheint aufgeladen zu sein.




Geopfert wurden Tiere, oft Lamas aber auch Schafe, Hühner, etc. Ich erfahre, dass die Tempel nicht götterbezogen sind, man kann im Mondtempel also auch Pachamama, dem Puma oder dem Kondor opfern und muss nicht dafür in den entsprechenden Tempel… ja, da hab ich vielleicht wieder ein bisschen büro-deutsch gedacht 😀
Draußen zeigt uns Franco noch Felsen mit Viereckigen Öffnungen. Er erklärt uns das waren Grabstätten für die Hochwohlgeborenen. Er zeigt uns die Position, in der man begraben wird.



Natürlich nur für den, der es sich leisten konnte. Dann steigen wir ein letztes Mal auf und reiten zurück zum Ausgangspunkt. Dort wollen wir noch ein Foto machen, aber die Pferde haben partout keine Lust mehr, jetzt, wo sie zuhause sind. Mit ein bisschen Hilfe klappt es dann doch noch.

Ich erfahre, dass Pferde neben Äpfel vor allem Bananen lieben. Wir haben welche dabei und so kriegen die Tiere ihren wohlverdienten Snack. Ich verabschiede mich von meinem treuen Mil Amores und bedanke mich bei Franco für diese unglaublich tolle Tour. Wir machen auch mit ihm noch ein Foto, das ich kurz darauf in seinem WhatsApp-Status entdecke (klar, wann hat man schon mal zwei heiße weiße Mädels im Arm), dann verabschieden wir uns auch. Er meint, ich soll nächstes Jahr im Juni zurückkommen, da ist in der Stadt richtig viel los. Ich verpflichte ihn, mir dafür beizubringen, wie er Pferde trainiert. Er nickt, na klar.
Na, mal schauen, vielleicht mach ich das wirklich… wenn auch erst in mehr als einem Jahr! Danke Franco, für diese tolle Tour! P.S. folgendes Bild war keine 2 Minuten, nachdem wir weg waren sein Whats App Status. Wenn man schon mal zwei weiße Mädels im Arm hat 😀 Männer, ey…

Wir laufen zurück in die Stadt, schnappen uns unterwegs ein paar Empanadas und Arepas, holen meinen Rucksack aus dem Hostel und rufen uns dann ein Taxi, dass uns „zu einer Art“ Terminal bringen soll. Es ist für den lokalen Verkehr, wir wissen selbst nicht ganz, was uns erwartet. Der Mann bringt uns hin, aber als wir da sind erklärt er uns, für die Richtung, in die wir wollen, müssen wir in eine andere Straße. Er scheint recht zu haben, also bitten wir ihn, dass er uns dort hin fährt. Dort angekommen ist das Ziel zwar richtig, aber offenbar hab ich in meinem Kopf etwas verdreht, denn die Leute dort erklären uns, wir wären beim anderen schon richtig gewesen. Aber ein Mann stellt sich zur Verfügung uns zu unserem Ziel zu fahren.
Die Situation ist total blöd, drei verschiedene Leute reden auf uns ein, ich bin verwirrt mit den verschiedenen, ähnlich klingenden Adressen in meinem Kopf, der Preis ist saftig und zeitlich sind wir auch spät dran. Wir bezahlen den Taxifahrer… der plötzlich behauptet, der Preis wäre 20 pro Person und das Wechselgeld schlichtweg behält. Wir hätten protestieren sollen, wir haben es wegen der stressigen Situation nicht gemacht und das bereue ich bis heute. So ein Wichser echt, hat unsere Situation total ausgenutzt und sich den doppelten Preis einverleibt. Aber zu spät, das Taxi fährt schon weg.
Der andere Mann erklärt uns ein bisschen das System. In diese umliegenden Dörfer fahren keine Busse, nur noch „Autos“, weil die Straßen so eng sind. Dafür gibt es in der Stadt verschiedene Anlaufstellen, je nachdem in welche Richtung man will. Er erklärt, als wir „Awana Kancha“ gesagt haben, hat es bei ihm geschalten. Er kennt die Farm, weiß wo es liegt, deshalb hat er sich eingeschaltet. Er wirkt nett, also okay… mittlerweile vertraue ich hier niemandem mehr. Aber wir wollen trotzdem unseren Plan noch durchziehen, alle Verluste müssen wir hinnehmen. Wir steigen ein und fahren etwa 40 Minuten raus aus der Stadt. Wir essen derweil unsere Empanadas/ Arepas, die ehrlicherweise echt scheiße schmecken. Die Empanada hat wie einen Kuchenboden als Teig, sehr süß, schwer zu schlucken und der Inhalt schmeckt eher maßig. Notiz, peruanische Empanadas sind scheiße.
Wir kommen an unserem Ziel an… immerhin! Unser netter Fahrer steigt mit aus und führt uns zum Empfang. Die Familie ist grade mitten am Essen, deshalb müssen wir noch etwas warten, was wir gerne tun. Dann kommt in junger Mann, stellt sich uns vor (keine Ahnung mehr, wie der heißt) und beginnt mit der Führung: Willkommen auf Awana Kancha, der Alpakafarm. Schon auf dem Weg zum Empfang sind wir an den Tieren vorbeigekommen und dahingeschmolzen. Das hier ist eine Art Museum, wo die Touristen vom Tier zum fertigen Produkt alles anschauen und nachvollziehen können. Eines DER Dinge, die ich unbedingt in Peru machen wollte: Alpakafarm besuchen, check!
Unser Gastgeber beginnt damit, uns die verschiedenen Farben und Färbtechniken für die Wolle zu zeigen, alles aus natürlichen Ressourcen. Daneben hängt eine „Farbpalette“, die wirklich beeindruckend ist:




Dann zeigt er uns den Webstuhl, mit dem klassischerweise die Tücher, Ponchos, Schals, Teppiche gewebt werden. Die kennen wir schon grob, aber ich bin immer wieder fasziniert.


Um den Ofen anzuheizen benutzen sie übrigens Lamakacka. Ähnlich wie beim Reh sind das bohnenförmige Ausscheidungen, die sich hervorragend als Brennmittel eignen und geruchsneutral sind.

Ich bin immer angefixter von der Idee, mir Lamas und Alpakas nach Hause zu holen. Die Tiere haben echt nur Vorteile! Er zeigt uns noch einen alten Drechselmechanismus, mit dem sie oft die Webwerkzeuge hergestellt haben, verschiedene Maissorten und eine klassische Ofrenda.


Weiter hinten hat sich derweil eine Frau hingesetzt, ihr schlafendes Kind neben sich gelegt und webt nun vor sich hin, natürlich zu Schauzwecken. Wir schauen interessiert zu und sind wieder fasziniert von der filigranen Arbeit. Unser Guide weist nochmal darauf hin, dass die Technik viel mit Mathematik und zählen zu tun hat. Verzählt man sich im Faden, verschiebt sich das Muster und man muss wieder rückwärts arbeiten. Echt Wahnsinn!
Danach geht es zum Shop. Diesen Ausflug wollte ich unter allen Umständen abwarten, bevor ich mir einen Poncho kaufe… aber wir vorauszusehen sind die hier viiiiel zu teuer für mich, auch wenn sie jeden einzelnen Dollar mehr als verdienen. Ich suche mir stattdessen ein paar Handschuhe aus, die schon eher ins Budget passen, das ist gleichzeitig auch meine „Spende“ für den Museumsbesuch. Das ist nämlich komplett umsonst, es wird nur um einen Kauf oder eine Spende gebeten. Na, wenn ich schon Geld hier lasse, dann will ich auch was dafür. Es gibt auch noch einen Laden nebenan von einer bekannten Marke, die mit Alpakaprodukten arbeitet. Dort sehen wir einen Poncho aus Vicuñafasern… für 10.000 Dollar… Das wär doch was für mich?!
Das Beste kommt zum Schluss, die Tiere natürlich. Auf verschiedenen kleinen Weiden, die liebevoll gestaltet sind, grasen zufrieden die Tiere und kommen recht schnell zu uns, weil uns der Guide Futter in die Hand drückt. Hier gibt es Lamas (2 Arten), Alpakas (2 Arten), Guanacos und Vicuñas. Eines der Vicuñas ist öfter auf Wanderschaft, und steht jetzt hier bei den Lamas/Alpakas mit im Stall, eigentlich sind die Vicuñas woanders untergebracht. Ale und ich können gar nicht aufhören, Bilder zu machen.













Ich frage unseren Gastgeber über die Haltung der Tiere aus und mache mir innerlich Notizen für meine zukünftige Alpakafarm 😉 Dann verabschieden und bedanken wir uns für den tollen Ausflug und fahren wieder zurück nach Cusco. Schön war’s und das würde ich definitiv weiterempfehlen. Wir waren nämlich schon wieder alleine und wieder wundert’s mich. Wer will sich denn die x-te Kirche anschauen, wenn er Lamas streicheln kann?!
Von unserem Hotel aus fahren wir mit dem Stadtbus (Herausforderung, aber wir haben Hilfe von einer netten Frau) zum Terminal, wo wir unsere Weiterfahrt organisieren wollen. Tatsächlich werden wir schnell fündig, aber der Anbieter will uns ganz klar übers Ohr hauen und bietet uns das Ticket für 160 Sol an. Wir verhandeln auf 100 und kaufen unser Ticket nach Pisco, eine Stadt an der Küste, nur ein paar Stunden südlich von Lima. Als wir das Ticket später anschauen, steht 90 als offizieller Preis drauf. Ich bin fassungslos über die Dreistigkeit des Verkäufers und über diese „Handelskultur“ – wobei Leute anzulügen und um ihr Geld zu betrügen fällt für mich nicht unter „Kultur“ sondern unter „Arschloch“. Davon gibt es hier leider recht viele.
Wir fahren wieder mit dem Stadtbus zurück, das hat gut geklappt und so haben wir die 10 verlorenen Sol fast schon wieder eingespart.
Abends ziehen wir noch um in unser neues Hostel. Dort hören wir beim Einkaufen ein Feuerwerk in der Nähe… ist das schon für den Unabhängigkeitstag am 28.08? Wir beschließen hinzuschauen. Der Platz ist komplett voll mit Leuten, die meisten schon recht besoffen. Wir quetschen uns durch die Menge, am Kirchplatz ist sowas wie ein Umzug von traditionell gekleideten Gruppen, die auch Tänze aufführen. Als wir uns durchschieben, bleiben wir an einer Stelle hängen, wo ein kleines Mädchen bei seiner Mutter steht und tanzt. Sie hat ein kleines Lamakuscheltier um, wie süß… oh… das ist kein Kuscheltier, sondern ein echtes. Totes. Lamababy umhängen. Plötzlich tanzt sie in unserer Richtung, wir quietschen und machen so schnell wie möglich die Biegung… Kulturunterschiede, aber mich graust’s schon bei der Vorstellung das Vieh zu berühren… vor allem, weil wir grade noch die Lebenden bewundert haben. Direkt vor uns ist die „Teufel“-gruppe grade am tanzen… die haben alle mindestens drei von den Lamababys am Körper baumeln, tragen zweigesichtige Masken und allerlei andere Accessoires, die einen kulturellen Hintergrund haben.



Das sieht ganz interessant aus. Hinter uns geht dann nochmal krachend das Feuerwerk los, dass ich mir die Ohren zu halten muss. Wir beschließen, wir haben genug zu sehen, die Party scheint sich sowieso grade aufzulösen. Der Tag war auch so anstrengend genug, wir kriechen ins Bett und träumen von tanzenden Pferden und Lamas.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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