Hallo meine lieben Leser*innen!

Wir kommen gegen acht Uhr abends in Lima an. Leider nicht am Hauptterminal, wo ich gerne nach Busverbindungen in den Norden geguckt hätte. Aber immerhin ist es hier relativ klein und ruhig. Ich gehe nochmal fix aufs Klo, dann suchen wir uns ein Taxi, der tatsächlich 50 Sol haben will. Der offizielle Preis zum Flughafen sind zwar 50 Sol, aber wir wollen ja nicht direkt zum Flughafen. Er besteht trotzdem drauf. Wir sind beide zu müde, um zu handeln, also akzeptieren wir den Preis, für uns beide geht’s schon.  Draußen murmelt uns ein Peruaner hinter her „Guapa, guapa, guapa (Schöne)“. Ich bin mittlerweile so genervt von diesem halbarschigen Sprüchen, die einfach instinktiv direkt aus dem Schwanz hervorbrechen, dass ich ihn anfahren will, aber er dreht den Kopf weg, als hätte er nix gesagt und reagiert nicht weiter. Ich lass es sein, es bringt ja doch nix.

Wir fahren 40 min durch Lima… die Stadt ist echt riesig. Der Taxifahrer setzt uns nach kurzer Suche vor unserem Hostel ab und will uns dann doch noch eine andere Unterkunft einreden, die wir schnell ablehnen. Es wird alles probiert.

Wir klingeln und werden von unserem Gastgeber freundlich empfangen. Er zeigt uns kurz alles und führt uns dann ins Zimmer, dort dürfen wir kurz ankommen und dann den Check-In machen. Der Mann ist irre nett und hilfsbereit, erklärt aber auch, dass das Hotel neu ist und sie sich etablieren wollen, Gäste wie wir helfen ihm dabei enorm. Daher weht der Wind. Aber ist ja nett für uns.

Ich frage, ob ich mein Gepäck hier unterbringen kann, während ich im Dschungel bin, er nickt, natürlich, kostet auch nix weiter. Er warnt uns, abends vorsichtig zu sein, kein Taxi von der Straße zu rufen, Lima hat viele gefährliche Ecken. Das haben wir nun schon mehrfach gehört und da wir nur auf der Durchreise sind, wollen wir kein Risiko eingehen. Wir gehen aufs Zimmer, Hunger hat keine wirklich, also gehen wir einfach nur schlafen.

Die Matratze ist so semi bequem, das Hotel relativ hellhörig und die Flugzeuge jagen über die Häuser. Die Nacht wird also recht knapp.

Trotzdem wollen wir den einen Tag in Lima nutzen, um ein bisschen was von der Stadt kennenzulernen. Und das geht natürlich am besten?

… mit einer Free Walking Tour, richtig. Wir fahren ein bisschen früher in die Stadt mit einem „Colectivo“. Unser Gastgeber hilft uns, das entsprechende Fahrzeug zu finden. Es ist die Zwischenvariante von Taxi und Minibus, ein Auto, das mehrere Leute mitnimmt, bis es voll ist und dann eine bestimmte Linie abfährt, wo man aussteigen kann. Man erkennt sie daran, dass die Fahrer ein Schild mit dem Endziel aus dem Fenster halten und sie sollen die sicherste Fortbewegung sein. Klappt tatsächlich ganz gut, nur dass wir dank Unkenntnis der Stadt ein bisschen zu weit fahren. Macht aber nix, den Rest kann man super laufen.

Während wir durch die Straßen gehen, versuche ich Mückenspray zu kaufen, aber alles was sie mir anbieten, ist recht niedrig dosiert (Deet-Wert sollte mindestens 30 sein für den Dschungel). Ich finde nichts über 15, beschließe also eins in Iquitos selbst zu kaufen, dort wird es das schon geben. Außerdem stoppen wir bei einem Geldautomaten… aber meine Karte wird nicht angenommen. Das passiert uns noch zwei Mal, sodass ich nervös werde. Ich brauche dringend Cash, um die Tour im Dschungel zu bezahlen und jetzt funktioniert die blöde Karte nicht. Ich hab das ungute Gefühl, vielleicht doch ein Limit überschritten zu haben und jetzt keine Geldquelle mehr zu haben. Nervös schreibe ich an meine Bank und meine Eltern, ob sie da bitte mal nachfragen können.

Dann holen wir uns erstmal ein Frühstück und gehen dann zu unserer Free-Walking-Tour. Den Namen unseres Guides hab ich vergessen, nennen wir ihn José. José hat ein überlautes Stimmorgan und schreit die komplette Straße zusammen, aber man versteht ihn hervorragend.

Die peruanische Geschichte teilt sich folgendermaßen auf: Prä-Inca-Zeit, Inca-Zeit, koloniale Zeit, Golden Age und Moderne. Typisch für das Stadtbild sind die geschlossenen Balkone.

Wir halten beim Haus von Bernardo O’Higgins, der an der Seite von General San Martin halb Südamerika befreit hat. Dessen Vater war einer der Stellvertreter der spanischen Krone vor Ort. Da gab’s dann wohl bisschen Krach zwischen Vater und Sohn.

Man findet außerdem viele arabische Einflüsse in der Architektur, was eine schöne Kettenreaktion aus – Araber nehmen Andalusien ein und Andalusien/Spanien nimmt Südamerika ein – ergibt.

Nach der Unabhängigkeit 1821 kommt es 60 Jahre später zu einem Krieg mit Chile, in dem die Chilenen Lima einnehmen und viele Kulturschätze stehlen oder zerstören. Das hat bei den Peruanern eine tiefe Narbe hinterlassen und bis heute sind die Chilenen dafür leicht unbeliebt. Natürlich hat Chile auch Regionen aus dem ehemaligen Peru in die eigenen Grenzen angegliedert. Chile, Chile, nicht gerade der Lieblingsnachbar.

Viele Menschen mussten bei diesem Krieg ihr Leben lassen, sodass danach eine große Immigrationswelle, vor allem aus Italien kam, die das Stadtbild und die Kultur erneut beeinflusst haben.

Zugegeben, alles nur Bruchstücke, die ich hier zum besten geben kann, aber die Führung ist schon lange her und ich hab nur eine Sprachaufnahme. Kommen wir zu interessanteren Themen, nämlich dem Essen!

Die peruanische Küche, das durften wir schon feststellen, ist eine der besten in ganz Südamerika. Verschiedenste Geschmäcker mit Zutaten aus verschiedensten Klimazonen machen das Essen hier zu einem Kunstwerk. Jede große Stadt hat ihr eigenes Nationalgericht, Arequipa: Roccoto relleno (gefüllte Paprika, aber Roccoto ist die scharfe Version), Cusco: Cuy (das Meerschweinchen) und hier in Lima ist es… ja, hab vergessen wie es heißt, obwohl ich’s später am Tag sogar gegessen hab… und das war der Hammer!!!

Lomo saltado ist ein Gericht, das uns schon seit Bolivien begleitet. Lomo ist theoretisch Rind, aber darauf kommts nicht an, der springende Punkt ist das „saltado“. Also, buchstäblich, saltado bedeuted „springend“, das Gericht heißt „springendes Fleisch“, weil es genau das in der Pfanne tun muss, springen, durch die Luft fliegen, dadurch wird es zu dieser unglaublich guten Konsistenz, die mir ein Rätsel ist, aber die einfach nur fantastisch schmeckt. Hat übrigens auch einen japanischen Einfluss, daher kennt man das „springende“ Essen ja auch.

Nationalgetränk ist der Pisco Sour. Hab übrigens weder den, noch das Cuy probiert. Ersteren, weil ich keine Lust auf Alkohol habe und letzteres, weil es immer nur in dem ganzen Tier serviert wird und ich wenn dann nur ein kleines Stück probieren würde. Muss ich aber auch nicht unbedingt, auch wenn es sicher nicht schlecht schmeckt. Aber Lima hat auch ein eigenes Nationalgetränk. Ach ja, und das UNalkoholische Nationalgetränk ist die Chicha Morada, ein Gemisch aus lila Maisstärke, Zucker und Wasser.

Wie in jeder Stadt gibt es viele kleine Plätze vor allem vor Kirchen oder wichtigen Gebäuden. Hier heißen die „Plazuela“. Die Straßen haben alle zwei Namen, den alten und den neuen, was natürlich überhaupt nicht verwirrend ist, wenn man irgendetwas sucht und sich nicht auskennt. Viele von den alten Gebäuden mit dem italienischen Einfluss werden heute von sozialen Organisationen in Stand gehalten und billig vermietet oder als  Veranstaltungsorte genutzt. Ein blau-weißes (eigentlich schwarz-weiß, ist von der Sonne ausgeblichen) UNESCO-Symbol markiert sämtliche historisch wertvollen Gebäude… und davon gibt es sehr viele hier in Lima.

Wir gehen kurz in ein Kloster, in dem heute nur noch ein paar Mönche leben, früher waren es um die zweihundert. Das interessante am Kloster, außer dem schönen Garten, ist ein großes S auf der Mitte des Platzes. Das steht für „Sicherheit“, weil das der Sicherheitspunkt des Gebäudes ist, falls es zu einem Erdbeben kommt. Und das kommt in diesem Land recht häufig vor, etwa alle 50 Jahre kommt ein großes.

Die Stadt hat zwei Heilige, Santa Rosa und San Martin (nicht der Befreier Perus, ein anderer). Santa Rosa ist die Hauptheilige, ihr zu ehren gibt es jedes Jahr einen großen Umzug (30.August), bei dem alle rosa tragen. Wir besuchen die ihr geweihte Kirche. Ihre Geschichte ist, dass sie während eines drohenden Piratenangriffs alle Frauen der Stadt zum Beten animiert hat und es so nie zu einem Überfall kam. Zudem ist das Schiff kurz darauf gesunken. In dir Kirche gibt es einen Brunnen, bei dem die große Prozession zu ihren Ehren endet und die Leute rosane Briefumschläge in den einwerfen, mit Fürbitten oder guten Wünschen. Der Brunnen wird mysteriöserweise niemals voll… aber unten fließt auch Wasser entlang, also soo mysteriös ist es doch nicht.

Die Statue davor von Santa Rosa zeigt sie, als sie einen Schlüssel in den Brunnen wirft. Das geht auf die Geschichte zurück, dass sie sich einen von diesen Foltergürteln umgebunden hat, was die Katholiken früher gern gemacht haben, um ihre Opferbereitschaft für Gott zu demonstrieren… Ah, Selbstgeißelung, das war das Wort. Als ihre Mutter das gesehen hat, ist sie halb wahnsinnig geworden und hat ihrer Tochter befohlen, das Ding sofort abzunehmen… doch die heilige Santa Rosa warf den Schlüssel in den Brunnen… so eine tolle Frau  oder, so vorbildlich, daran sollte sich wirklich jeder ein Beispiel nehmen. Oder die Katholiken spinnen alle und man sollte lieber die Mutter heilig sprechen für ihren klaren Verstand.

San Martins Wunder hab ich vergessen, auch ihm zuliebe gibt es eine Prozession, da tragen alle …lila? Hatte jedenfalls dunkle Haut, was eine schöne Abwechslung ist und hat wohl vielen Straßenhunden geholfen, was auch eine schöne Abwechslung ist. Sein Symbol ist der Besen, das von Santa Rosa der Anker für die Piratengeschichte.

Wir spazieren zurück in die Stadt und schauen uns ein paar alte Gebäude an und kommen dann zum Plaza de Armas von Lima. Dort erklärt uns José, dass Lima ein Quechua-Wort ist für sprechenden Fluss… weil der Fluss so laut war? Keine Ahnung mehr.

Unser Endpunkt ist eine alte Zugstrecke, die heute nur noch einmal im Jahr zu einem besonderen Anlass fährt. Die Station ist im Mauerpark, der die alten Stadtmauern von Lima noch erhalten hat.

Am Ende der Tour sind wir platt und uns dröhnt der Kopf vor Infos. Aber wir haben wieder ein bisschen was gelernt und wenigstens ein bisschen was von Lima gesehen. Zum Mittagessen setzen wir uns in das Restaurant am Mauerpark und ich esse das köstliche Lima-Gericht, dass wie ein Burger aus Kartoffelpüree ist mit einer Füllung aus Mayonese und gehacktem Hühnchenfleisch… klingt nicht geil, ist es aber!

Dann probiere ich zum ersten Mal Ceviche, wie es eigentlich serviert wird, nämlich mit Fisch, sogar eine Trilogie mit drei verschiedenen Soßen… und ich weiß wieder, warum mir mein Bauchgefühl immer zur vegetarischen Version geraten hat. ES schmeckt super, aber nach kurzer Zeit krieg ich den rohen Fische einfach nicht mehr runter, es ist gar nicht meins. Aber ich bin dennoch gut gefüllt und habe sehr gut gegessen.

Danach machen wir uns auf die Suche nach einem Geldautomaten. Der geht nicht. Wir suchen einen anderen… der geht auch nicht. Wir suchen noch zwei, die existieren überhaupt nicht, wir finden noch einen, der geht bei mir… aber bei Ale nicht. Dabei hat das sonst immer funktioniert. Damit ist aber vom Tisch, dass meine Karte nicht funktionsfähig ist, offenbar war sie gerader funktionsfähig. Ich beruhige meine Eltern und meine Bankberaterin, die mir tatsächlich schon geantwortet hatte.

Offenbar ist es in Peru einfach völlig willkürlich, ob die Karte funktioniert oder nicht oder der Automat Geld hat oder nicht. Kurzum verbringen wir den kompletten Nachmittag damit von einem Bankautomaten zum nächsten zu rennen und endlich irgendwo einen Automaten finden, bei dem wir etwas abheben können, sodass ich genug Cash für meine Dschungeltour habe.

Bleibt nur noch ein Projekt: Ein Paket nach Deutschland schicken. Nach dem ich mitterlweile mehrfach bei der peruanischen Post nach gefragt hatte, und immer eine positive Antwort mit akzeptablem Preisangebot bekommen habe, gehen wir in eine Filiale… und es heißt plötzlich nein. Man könne keine Kleidung verschicken. Zwar hat die erste Frau, die wir dort angesprochen haben noch „Ja“ gesagt, doch sobald der Typ gehört hat, was ich vorhabe, heißt es nein… man merkt, er hat keine Lust auf den Prozess und wahrscheinlich auch nicht auf die Verantwortung, also geht es schlichtweg nicht. Genervt und enttäuscht verlasse ich die Post. Es ist schon spät, eine weitere Filiale ist weit weg, uns tun die Füße weh von der Rennerei durch die Stadt… und um die Ecke ist ein DHL. Also gut, versuchen wir’s. Es kostet deutlich mehr, aber schließlich kann ich mein Paket abschicken und es kommt bald in Deutschland an. Die Sicherheit des DHL-Versands lässt mich den Preis schlucken… aber so schnell mach ich das nicht mehr.

Dann fahren wir wieder mit dem Colectivo nach Hause, was überraschend gut klappt und deutlich günstiger ist. Dort packen wir unsere Sachen um, essen noch eine Kleinigkeit (haben im Supermarkt Gummibärchen von Trolli entdeckt, das muss man ausnutzen, wir essen also Oktopusse und saure Würmer) und gehen dann früh schlafen.

Liebste Grüße,

Eure Jana

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