Wir fahren den kleinen Flussarm hinauf bis zum großen Fluss Ucayali der heute deutlich unruhiger ist, als die anderen Tage. Die Wellen schlagen hoch, das Wasser spritzt.

Herr Bessofski, der zuvor noch im Schoß von Frau Bessoffski lag, zieht sich schnell aus seiner Liegeposition vorne im Boot zurück und versteckt sich hinter ihr, damit sie alles abkriegt. Blöderweise sitzt er so neben mir. Ich ignoriere ihn konsequent und versuche, im Wasser Flussdelfine auszumachen. Wir fahren nochmal an dem Dorf vorbei und da ist tatsächlich nochmal der Typ mit dem Wasserschwein, dem wir zum Abschied zu winken. Nach einer Kurve wird das Wasser plötzlich ruhiger und der Großteil der Leute auf dem Boot fängt an zu schlafen. Ich schau raus aufs Wasser und versuche verabschiede mich innerlich vom Dschungel und vom Amazonas… und versuche mich von meinem schmerzenden Hintern abzulenken. Durch das wilde Wasser hat die Fahrt noch länger gedauert. Wir kommen wieder am Flussdelta mit dem Amazonas vorbei und fahren dann nochmal fast eine Stunde bis zum Anlegeplatz. Dort passieren wir ein paar schwimmende Luxushotels…

Danach teilen wir uns auf die Moto-Taxis auf und fahren zu der Tankstelle, wo unser Shuttle wartet. Zuerst verabschieden und bedanken wir uns bei Adriano, der hier zurückbleibt. Es kommt kurz zu Unstimmigkeiten wegen dem Fahrzeug, dann haben wir das richtige Fahrzeug, aber es will niemand einsteigen. Also außer mir und Jonas, weil es uns egal ist, wo wir sitzen.  Wir steigen ein, aber der Rest will sich nicht einigen, wer noch mit hinten sitzen muss. Unsere älteren Mitfahrer wollen es bequemer und Frau Bessoffski ist wegen des Geschaukels auf dem Boot und der Biermassen, die sie auf der Fahrt getrunken haben, schlecht. Es ist ein einziger Witz und ich verstehe, dass Jonas total sauer ist, wie kann man sich denn so anstellen?! Schließlich kriecht Besoffski noch zu uns nach hinten, (Na, DANKE), die Reihe vor uns mit den älteren Passagieren und Frau Besoffski setzt sich auf den Beifahrersitz.

Die Rückfahrt dauert auch nochmal ewig. Da es schon finster ist, kann man auch nicht wirklich noch aus dem Fenster schauen, so gucke ich mir die Bilder und Videos der vergangenen Tage an.

Als ob die Bootsfahrten nicht schon strapazierend genug sind, die Autofahrt gibt uns den Rest. Die Straße ist dermaßen uneben und hat so viele von den „Stopphügeln“, dass wir regelmäßig durchgeschüttelt werden und wie immer kriegt die letzte Reihe über den Reifen die volle Ladung ab. Unsere durchgesessenen Hinterteile tun so weh, dass wir nur noch rauswollen, aber die Fahrt dauert nochmal anderthalb Stunden, sodass wir halb wahnsinnig werden.

Irgendwann halten wir endlich am Stadtplatz und springen aus dem Auto! Jonas und ich schnappen uns unsere Rucksäcke, sagen nur flüchtig Tschüss zu Besoffski und Mamaschatzi und sind dann frei…

FREIHEIT!!! Endlich bin ich diese Kack-Fressen los und muss sie nie NIE wieder sehen! Ein schweres Gewicht löst sich von meinem Herzen, aber der Ärger über die versaute Tour verschwindet nicht so schnell. Jonas und ich haben auf der Fahrt beschlossen, noch gemeinsam zu Essen und entscheiden uns der Leichtigkeit halber für eine nahgelegene Pizzeria. Meine Beine juchzen bei der Bewegung und mein Arsch weigert sich fast, als wir im Restaurant ankommen und uns setzen wollen.

Die Pizza ist recht klein, aber dennoch ein Festmahl und mit dem Zusatzknoblauchbrot geht’s voll. Wir bezahlen, statten uns im nahgelegenen Supermarkt noch mit Snacks aus und verabschieden uns dann, jeder geht seiner Wege. Ich bin sooo dankbar, dass ich Jonas diese letzten beiden Tage noch, bei mir hatte, glaube, sonst wäre ich durchgedreht. So konnte ich das Leid mit einem gleichgesinnten teilen, das hat unglaublich gut getan. Danke Jonas 😉

Ich komme an meinem Hotel an (nach der Tortur brauche ich ein Zimmer für mich), checke ein und… bin im Himmel. Ein schönes großes Bett, nur für mich… eine Dusche, sauber, mit sauberem Wasser… nur für mich… eine Tür, die ich abschließen kann und niemand kommt rein… oh, welch Wohltat. Vor allem die Dusche ist ein reiner Genuss. Danach checke ich von oben bis unten alles durch auf etwaige Madeneinlagerungen, Zeckenbisse oder ähnliche Verletzungen. Mein Arsch glüht vor gereizter Haut und Pickeln, wegen der vielen Sitzerei auf dem Holz. Auch auf meinem Bauch ist ein leichter Hautausschlag, kommt sicher auch davon, dass ich fünf Tage dasselbe Shirt anhatte und vor allem vom Druck von der Bauchtasche, die ich an der Stelle getragen hab.

Sonst ist alles gut.

Ich öle mich von oben bis unten ein und falle dann sauber wie ein Baby ins Bett. ein Körper wird sofort so schwer und das Gefühl der frischen Laken tut so gut, dass ich Sekunden weg bin. So schön…

Aber versteht mich nicht falsch… ich hätte auch volle zwei Wochen im Dschungel bleiben können, auch einfach nur mit Zelt. Das Leben im Wald steht dem der Zivilisation in nichts nach. Aber aufgrund genannter Einflussfaktoren, die ich auf meine Todesliste gesetzt habe, bin ich dankbar, zurück in der Zivilisation zu sein.

Ganz sanft wache ich am nächsten Tag auf, wie gewohnt zu früher Stunde. Ich streame ein bisschen auf Disney+, schreibe ein wenig, träume noch vor mich hin. Um zehn ist leider schon Checkout, also raffe ich mich auf, packe meinen Rucksack und verlasse das Hotel mit neuer Energie.

Während ich die Straßen entlang laufe, stelle ich fest, dass ich es toll fände mit nur so einem kleinen Rucksack zu reisen. Es ist so praktisch, ich habe immer alles bei mir, muss mir viel weniger Sorgen machen… aber für so einen langen Zeitraum geht das nicht. Also zumindest nicht für mich, ich freu mich, das Shirt ab und an mal wechseln zu können und zumindest ein bisschen Auswahl zu haben.

Ich mache mich auf die Suche nach Postkarten und werde nach ein paar Nieten fündig. Postkarten aus dem Dschungel müssen einfach sein. Dann setze ich mich in ein Café, schreibe fleißig die Karten, bringe sie dann zur Post und stoppe dann ein Moto-Taxi, dass mich zurück zum Flughafen bringt. Korrektur, ich stoppe zwei Moto-Taxis, weil der erste mich nicht für 10 mitnehmen wollte, das ist aber der offizielle Preis, wie der Mann aus dem Hotel mir gesagt hat. Er meinte, es gibt viel mehr Taxis als Fahrgäste, dessen sollte ich mir bewusst sein, ich bin hier im Vorteil. Das war ein verdammt guter Rat.

Das Taxi knattert durch die Straßen und ich genieße ein letztes Mal die warme Brise des Dschungelklimas. In Lima wird es wieder kühler sein. Während der Fahrt suche ich nochmal auf Google Maps nach Chiclayo, meinem letzten Stopp in Peru, bevor ich nach Ecuador will… und stelle bei genauerem Hinsehen fest, dass die Stadt ganz schön groß ist und außerdem noch recht weit vom Strand entfernt… also gar nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Hmm… was gibt’s denn da oben noch so. Nach einiger Zeit entdecke ich Máncora, einen kleinen Ort recht nahe an der ecuadorianischen Grenze. Puh, das wird eine harte Fahrt, 22h Minimum… und ob es überhaupt Verbindungen in den kleinen Ort gibt? Ich beschließe, es einfach zu versuchen.

Am Flughafen klappt alles wunderbar, ich steige in die Maschine, fliege kurze anderthalb Stunden nach Lima, wovon ich einen Großteil verschlafe und muss mir vom Flughafen zwangsläufig ein teures Taxi holen, dass mich aber trotz langer Stauzeit sicher vor dem Hotel absetzt, in dem mein großer Rucksack steht. Bevor ich den abhole, gehe ich nochmal auf den Markt und decke mich mit Snacks für die Fahrt ein. Dann hole ich meinen Rucksack, packe um und lasse mir dann vom Hotel ein Taxi rufen (Immer eine sicherere Variante), der mich zum Terminal bringt. Wieder müssen wir über diese starkbefahrene Straße, eine Ampelphase von ungelogen fast 10 Minuten hat vs. zwei Minuten für die Richtung, in die wir müssen. Ist leider die Straße, die in die Stadtmitte fährt und wir sind zur Rushhour unterwegs. Das ist ziemlich nervenaufreibend. Irgendwann können wir die Straße doch noch passieren und das Taxi setzt mich vorm Terminal ab.

Ich gehe rein, frage mich durch und finde tatsächlich recht schnell einen Anbieter, der mich mit dem nächsten Bus, der in 20 Minuten fährt, nach Mancora bringen kann. Ich bin begeistert, habe kurz darauf  das Ticket in er Hand und kann schon nach unten zum Boarding. Das klappt allerdings so semi, weil auf dem Ticket kein „Gleis“ steht und ich in dem Gewusel keine Ahnung habe wohin ich muss, Anzeigen gibt es auch keine. Ich frage an er Info nach, der führt mich in eine ungefähre Richtung, dort entdecke ich glücklicherweise kurz darauf die Frau, die mir das Ticket verkauft hat. Das erste, was ich auf meinem Platz probiere, ist der USB-Anschluss, damit ich unterwegs mein Tablet laden und die 22h Stunden zum Schreiben nutzen kann. Natürlich funktioniert ausgerechnet an meinem Platz der Anschluss nicht, aber die Frau vor mir ist so nett und lässt mich ihren nutzen.

Die Fahrt ist ganz okay, ich schlafe halbwegs, schreibe einiges, wir machen sogar eine Pause, bei der man sich die Beine vertreten kann und zum Sonnenuntergang des nächsten Tages komme ich in dem kleinen Ort Máncora an… und ich hatte Recht. Sonnenuntergänge am Pazifik sind die Besten der Besten.

Liebste Grüße,

Eure Jana

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