Hallo meine Lieben!
Am nächsten Tag ist es nicht weg, aber es geht mir besser. Nach einem späten Frühstück, packe ich schonmal meine Sachen, hab aber noch den ganzen Tag hier Zeit, ich fahre erst am Abend weiter. Dann gehe ich gaanz langsam zur Kaffeefarm, für die ich über einen Schleichweg einen kleinen Bergrücken hochmuss. Spätestens dort bin ich mir sicher, dass ich mich überanstrengt habe mit der fünfstündigen Wanderung im Valle de la Cocura durch alle Wetterzonen, denn mein Körper zwingt mich gaaaanz langsam zu gehen und viele Pausen zu machen. Ich schaffe es, komme auf der Farm an, die Finca el Ocaso, und bin schon wieder begeistert, wie schön es ist.




Ich kaufe ein Ticket für die Führung, die geht auch gleich los, ich erwische eine englische.
Alles beginnt mit einer Legende aus Äthiopien. Ein Bauer geht auf die Suche nach seinen Ziegen und stellt fest, dass eine besonders aktiv, fast verrückt ist. Er findet heraus, dass sie die Früchte eines bestimmten Baumes frisst und darauf hin ungewöhnlich viel Energie hat. Er probiert es mit ein paar Leuten aus und spürt dieselbe energetische Wirkung – Die Kaffeebohne war entdeckt. Man probiert hin und her, bis der perfekte Verarbeitungsprozess gefunden ist und hier sind wir heute.
Kolumbien ist der drittgrößte Kaffeeproduzent der Welt, der größte ist Brasilien. Auch Afrika baut großflächig Kaffee an. Es gibt viele verschiedene Sorten, aber verkauft werden hauptsächlich zwei: Arabica und Robusta. Arabica deshalb, weil der Kaffee von Afrika in den Jemen kam – arabische Region, daher die Bezeichnung. Bei Robusta ist der Name Programm, die Bohne ist deutlich robuster gegen jegliche äußere Einflüsse, ist im Geschmack aber auch bitterer, stärker, der Koffeinwert ist deutlich höher. Arabica ist leichter, süßer, wird deshalb auch mehr verkauft (ca. 70/30 im Verhältnis).
Danach gehen wir in die Plantage. Am Anfang der Tour hat man uns Körbe gegeben, die traditionell zum Kaffeepicken verwendet wurden. Heute benutzt man Plastikkörbe, aber für die Touristen sind die geflochtenen schöner. Wir werden ins Feld geschickt, es ist zwar gerade keine Saison, aber vielleicht finden wir doch die ein oder andere Kaffeefrucht. Wir sollen nur die roten Pflücken. Es ist gar nicht so einfach eine zu finden, aber irgendwann finde ich doch noch ein paar… und ein paar „halbrote“.












Der Guide erklärt uns das Aussehen und Wachstumsvorgang: Nach sechs Monaten wird das Kaffeepflänzchen in die Erde gesteckt , wächst und wächst, bis es Blüten und schließlich Früchte trägt. Fünf Mal kann man vom Baum ernten, dann muss er zurückgeschnitten werden, neu wachsen und man kann wieder ernten. Ein Baum steht im Normalfall zwanzig Jahre. Aber es gibt auch Feinde für die Bäume: Sie können entweder weiße Flecken von einem Pilz kriegen, dann muss der Baum ausgeastet werden oder im Ernstfall sogar der komplette Baumbestand vernichtet werden. Der zweite Schädling ist eine Larve, die sich in die Früchte setzt und die man erst später während des Prozesses entdeckt. Die Bohnen werden trotzdem verwendet (werden ja geröstet), sind allerdings zweite Wahl! Also Vorsicht mit Nescafé, kann eine Fleischeinlage dabei sein ;-).
Kaffee in Kolumbien schmeckt übrigens Scheiße, die erste Wahl wird natürlich exportiert.
Aus der Blüte (die nur drei Tage blüht) kann man einen Tee machen… also Kaffeetee, der auch eine aufputschende Wirkung hat! Das finde ich witzig.
Ähnlich wie beim Kakao nimmt auch der Kaffee Aromen von außen an, deshalb sind neben Kaffeebäumen auch Bananen, Papayas etc. gepflanzt. Dasselbe passiert beim Trockenprozess. Zwar werden große Teile natürlich (von der Sonne) getrocknet, aber weil das viel Platz wegnimmt, werden manche auch mit Ofenwärme getrocknet. Im Ofen werden nur Kaffeeschalen verbrannt, damit das Aroma nicht holzig-aschig wird. Man kann mit Aromen und Geschmäckern also viel spielen.
Die Schalen werden später wieder als Dünger verwendet, aber manche machen sogar Marmelade draus! Die Frucht um die Bohne schmeckt süßlich, leicht säuerlich, eignet sich super für Marmelade. Meistens sind in einer Frucht zwei Bohnen, aber es gibt auch Anomalien mit nur einer großen Bohne, die auch mehr Koffein enthält. Die werden hier extra sortiert und als eine besondere Art verkauft.
Es gibt zwei Haupterntezeiten für Kaffee, einmal im Frühjahr und einmal im Herbst. Ein guter Kaffeepflücker schafft es dabei pro Tag 100 kg zu ernten. Sie werden auch pro Kilo bezahlt, das motiviert natürlich. Außerhalb der Haupterntezeit gibt es eine Standardbezahlung. Alles hier ist Handarbeit, auf dem Gelände hier könnte keine Maschine fahren. Außerdem wäre die viel zu ungenau und würde die Bäume höchstwahrscheinlich beschädigen.
Wir gehen als nächstes zu einer kleinen alten Presse, die ein Deutscher erfunden hat, um die Kaffeebohne aus ihrer Frucht zu quetschen, ohne sie zu verletzen.










Heutzutage gibt es dafür natürlich viel größere, modernere Anlagen.
Nach dem Ausquetschen beginnt der Trockenprozess. Dabei werden manche Kaffeebohnen mit Schale getrocknet, manche ausgequetscht aber mit dem natürlichen Fruchthonig oder die Bohne wird gewaschen und pur getrocknet. Getrocknet wird 10-14 Tage, kommt natürlich aufs Wetter an. Allein durch die verschiedenen Trockenprozesse gibt es dann schon verschiedene Geschmäcker raus.







Nach dem Trocknen geht’s ans Rösten. Maximal werden die Bohnen 10 Minuten geröstet, das ist dann schon der High Roast, es gibt aber auch Medium und Light. Uns wird empfohlen Medium zu wählen, sei die beste Qualität.
Wenn die Bohnen geröstet sind, können sie gemahlen werden und surprise: Es gibt verschiedene Mahlmethoden, die sich auch unterschiedlich auf den Geschmack auswirken. Es sollten auch je nach Methode nur bestimmte Röstqualitäten gewählt werden. Wenn der Kaffee zu schwarz ist, bedeutet es, dass der Kaffee so hoch geröstet wurde, dass man eingemischte schlechte Qualität durch überrösten zu verdecken versucht. Gute Qualität erkennt man an schöner brauner Farbe, bei Light Roast fast ein bisschen wässrig.




Und zu guter Letzt macht auch der Filter einen Unterschied in Geschmack und Konsistenz, was an der unterschiedlichen Sauerstoffzufuhr liegt. Unser Guide verwendet einen, der umgangssprachlich „Omas Strumpf“ heißt und auch genauso aussieht.
Die Marke „Juan Valdez“ ist stellvertretend für kolumbianischen Kaffee und auch für fairgehandelte Produkte.




Der freundlich lächelnde Mann mit dem Esel auf dem Logo war ursprünglich ein kubanischer Schauspieler, erst der Nachfolger war tatsächlich Kolumbianer und sogar Kaffeefarmer. Die meisten Farmen sind ein Familienbetrieb, der den Kaffee selbst produziert und auch vermarktet und exportiert. Man kann sich auch von hier zwei oder drei Kilo Kaffee direkt nach Deutschland liefern lassen.
Nach der Führung unterhalte ich mich noch mit zwei anderen Teilnehmern, dann trete ich meinen Rückweg an. Komischerweise geht es mir deutlich besser. Ich will’s noch nicht verschreien, aber ich glaube meine Überanstrengung ist vorbei. Trotzdem verbringe ich den Tag noch ganz ruhig und entspannt mit einem Spaziergang und einer intensiven Schreibsession, bevor ich mich von diesem wunderschönen Ort wieder verabschieden muss. Ich bin wieder fit genug, mit meinen beiden Rucksäcken den Weg bis zur Straße hochzulaufen, fange mir dort einen Bus, der mich nach Armenia – die nächstgrößere Stadt – bringt. Von dort nehme ich mir einen Nachtbus nach Bogotá, aber ich muss noch über zwei Stunden im Terminal warten. Das ist ziemlich anstrengend, weil ich nichts zu tun habe, Cafés oder ähnliches sind zu weit weg und ich muss ja auf meine Sachen aufpassen. Also schlage ich die Zeit irgendwie tot, bis ich in den Bus steigen kann. Wieder kriege ich kaum Ruhe ab und wir kommen wieder um fünf Uhr früh in Bogotá an. Ich rufe mir einen Uber, der mich wieder in das Hostel bringt, in dem ich zuvor schon war, diesmal in einem Gemeinschaftszimmer. Die Rezeptionistin nimmt mich in Empfang und bietet mir an, für einen Aufpreis kann ich jetzt schon ins Zimmer und mich noch ein bisschen ausruhen. Das Angebot nehme ich gerne an. Machen zwar viele Hostels auch ohne Aufpreis, aber gut, ist schon okay. Ich versuche leise zu sein, was so semi klappt, mache mich bettfertig und falle in einen wohligen Schlaf.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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