Hola mis amigos!
Am nächsten Tag muss ich schon wieder abreisen, aber es steht sowieso nur noch eine Sache auf meinem Plan. Mein Bus geht am Nachmittag, ich schlafe also aus, frühstücke… und lerne dabei einen Schweizer kennen. Allerdings ist das mal eine ungewöhnliche Begegnung.
Janis ist nur ein paar Jahre älter als ich, ist sowas ähnliches wie Bauingenieur, hat eine Zeit lang in der Schweiz gearbeitet lebt aber mittlerweile schon seit 6 Jahren in Kolumbien… und zwar im Dschungel. Er hat sich dort eigenhändig eine Farm aufgebaut, weit weg von jeglicher Zivilisation. Er hat sieben Hunde, theoretisch zwei Pferde, die leben aber eigenständig im Wald, sind also eigentlich eher Wildpferde, wahrscheinlich noch ein paar Hühner oder auch nicht. Und lebt dort vor sich hin. Vollkommen in und mit der Natur. Ich bin total baff und frage ihn über sein Leben aus. Wir unterhalten uns ewig lang, er erzählte mir irre Geschichten, ich erzähle ihm meine Geschichte und leider wird es irgendwann Zeit zum Aufbruch. Janis meint, er nimmt auch immer wieder Voluntäre auf, falls ich Lust habe, ihn mal zu besuchen. Und das kommt sowas von auf meine „Nächstes Mal“-Liste. Ich glaube, rückblickend betrachtet war das eine meiner spannendsten Begegnungen auf meiner Reise.
Ich checke aus, stelle meine Sachen ab und fahre dann mit einem Uber raus zum Panama-Kanal. Ich weiß nicht wirklich, was mich erwartet. Der Uber lässt mich vor dem Gebäude raus und ich gehe zum Eingang. Noch bevor ich das Gebäude betrete, ruft mir eine Frau ohne Begrüßung zu, dass sie bis um drei kein Boot mehr hat. Aha, netter Empfang. Ich begrüße sie extra freundlich, frage, was sie damit überhaupt meint und lasse mir dann erklären, wo ich mein Ticket kaufen muss, aber Boot hat sie keins. Ich nicke, ist okay… was auch immer das heißt.
Am Empfang erklärt man mir dann, dass ich für einen Besuch auf der Aussichtsplattform und für einen Film sage und schreibe 17,50 US-Dollar zahlen muss. Wie bitte?! Ich dachte, ich kann hier ein Museum anschauen? Ich will keinen Film. Die Frau erklärt mir, ich muss den Film natürlich nicht anschauen, aber der ist im Ticketpreis inbegriffen. Der nächste startet in einer dreiviertel Stunde. Ich überlege kurz, ob ich schlichtweg wieder fahren soll. Was ist das denn hier für eine Abzocke?! Es stinkt richtig nach USA-Einfluss. Letztendlich zahle ich murrend das Ticket und gehe dann in den Kinoeingangsbereich, wo ich, wie der Abreißjunge sagt, mir die Wartezeit ja mit einem Snack und einem Getränk überbrücken kann. Die Preise sind US-amerikanische Kinopreise, also wäre ich für ein bisschen Popcorn und eine Cola gleich nochmal zwanzig Dollar losgewesen. Ich setze mich pampig in eine Ecke, beantworte alte Nachrichten, beschwere mich bei Mama über den überteuerten Saftladen und dann fängt endlich irgendwann der Film an.
Ach… der Film. Was für ein Propagandastreifen der Vereinigten Staaten von Amerika. In 45 min sehe ich mir einen Dokumentarfilm über die Entstehung des Panama-Kanals an, triefend vor patriotischen Sprüchen, die den Kanal überglorifzieren und mit einer ziemlich einseitigen Darstellung der Geschichte… Wahrscheinlich habe ich die 17 Dollar für den Film nur deshalb gezahlt, weil Morgan Freeman die Erzählerstimme spricht. An der tollen Kostümierung der „Indigenen“-Darsteller kann es nicht liegen.
Am Ende kann ich das Kino nicht schnell genug verlassen. Auch weil es wieder so irre kalt ist, die Amerikaner können nämlich einen riesigen Kanal mitten durch ein Land bauen, aber eine Klimaanlage vernünftig einstellen, das übersteigt ihre Fähigkeiten.
Okay, genug aufgeregt, jetzt zum Inhalt:
Die Idee eines Kanals durch Panama hat schon die Spanier im 16. Jahrhundert. Vorher mussten sämtliche Schiffe um den gesamten südamerikanischen Kontinent segeln, was natürlich irre viel Zeit kostete. Eine Expedition suchte nach einem Weg durch das Land, wo man eine Wasserverbindung zwischen den Ozeanen herstellen könnte. Die Dschungelexpedition endete am Fluss Chagres, einem Wildwasserfluss, den zu zähmen es unmöglich war.
Der erste „Kanal“ war eine Eisenbahnstrecke, die die Franzosen errichtet haben. Aber auch damit bliebt das Problem, dass die Waren vom Schiff auf den Zug und erneut auf ein Schiff geladen werden mussten. Zuvor wurde das übrigens auch per Fuß, bzw. Esel bewerkstelligt.
Die Franzosen begannen das Projekt, schlugen sich durch den Dschungel und durch die Berge, aber zu viele Hindernisse brachten das Projekt zum Erliegen. Einerseits die harte Arbeit, vor allem sich durch die Berge zu schlagen, der Wildwasserfluss Chagres und das Gelbfieber, dass die Arbeiter wie die Fliegen starben. Die Franzosen geben auf.
Anfang des 20. Jahrhunderts schließen die Amerikaner einen Vertrag mit Panama, demzufolge sie das Projekt des Kanals wieder aufnehmen und das Territorium um den geplanten Kanal herum als amerikanischen Staatsboden für sich beanspruchen. Der Architekt des neuen Kanals geht die Sache anders an, staut den Wildwasserfluss zu einem See an und schafft es so, einen realistischen Plan für den Bau zu entwickeln. Und es war der Bau des Panama-Kanals, der die amerikanischen Wissenschaftler dazu bewegt hat, einen Impfstoff gegen das Gelbfieber zu entwickeln. Das ist doch mal ein vernünftiger Grund, Menschenleben zu retten ist ja so mainstream. Mit Erfolg. 1914 fährt zum ersten Mal ein Schiff durch den neuen Panama-Kanal – interessiert aber keinen, weil im selben Jahr der erste Weltkrieg in Europa ausbricht.
Natürlich ist der Kanal eine enorme Erleichterung und dementsprechend eine Kurbel für den Welthandel auf dem Schiffsweg. Nahezu alles geht durch diesen Kanal, weil es den Schiffen eine monatelange Reise über einen gefährlichen Seeweg um den südamerikanischen Kontinent erspart. Und die Kohle, die die Amerikaner und seit 1999 wieder die …Panamaner? Damit verdient haben… das sieht man an den Wolkenkratzern und den schönen Vorgärten von Panama-City. Übrigens, die Idee, Panama seinen Kanal wieder zurückzugeben hatte man 1977… am 31.12.1999 ist es dann passiert, über zwanzig Jahre später. Und ich will nicht wissen, wie viel Prozent die Amerikaner trotzdem noch daraus kassieren. Aus der Güte ihres Herzens haben sie Panama ihr Land ziemlich sicher nicht zurückgegeben.
Das letzte Stück des Films erzählt von der Erweiterung es Kanals. Die Schiffe wurden zu groß gebaut, die neuen passen nicht mehr durch den Kanal. Also muss eine Erweiterung her, um die richtig dicken auch noch durchzuschieben… und natürlich dementsprechend den Zoll dafür zu kassieren. Stolz und patriotisch erzählt Morgan Freeman wie dafür nochmal x Quadratkilometer Dschungel planiert und betoniert wurden, damit das neue Projekt 2016 an den Start gehen konnte.
Es ist lächerlich. Indigene mussten ihre Heimat verlassen, Tier-und Umwelt wurden in Massen zerstört, nur weil jemand auf die Idee kam, NOCH größere Schiffe zu bauen, um noch mehr Geld zu verdienen. Eines Tages, muss ganz Panama seinem eigenen Kanal weichen, weil Schiffe so groß gebaut, dass sie den Platz des kompletten Landes einnehmen. Und es braucht niemand glauben, die Verantwortlichen würden so einen Vertrag nicht innerhalb eines Wimpernschlages unterschreiben.
Nach dem Theaterstück kann ich auf die Aussichtsplattform und verstehe jetzt, was die Frau am Eingang gemeint hat. Das nächste große Schiff kommt erst in einer Stunde. Dafür habe ich keine Zeit mehr und ehrlich gesagt auch keine Lust. Der Kanal, so praktisch und wichtig das Projekt auch für die ganze Welt ist, hat mir heute gründlich die Laune vermiest. Ich schieße noch ein paar Fotos und rufe mir dann einen Uber, der mich zunächst zum Hostel und dann zum Busterminal bringt.





Ich habe übrigens keine Ahnung, wo ich hinfahre. Ich weiß nur, dass ich Richtung Costa Rica will, unterdessen aber gerne noch ein, zwei Stopps einlegen möchte. Meine Wahl fällt zuerst auf Santa Catalina, einen kleinen Strandort an der Pazifikküste, von dem mir Janis erzählt hat. Allerdings ist es schon spät, man erklärt mir, ganz bis Santa Catalina werde ich heute nicht kommen. Also kaufe ich ein Ticket bis Santiago, die nächstgrößere Stadt, auf der Booking noch Hostels findet.
Die Busse sind interessant, eingerichtet wie Omas Wohnzimmer, aber ganz bequem und klimatisiert. Was anfangs noch angenehm ist, wird später echt kalt, und ich suche mir meine Jacke raus. Etwa fünf Stunden später komme ich in Santiago an. Der Stopp kommt relativ ungeplant, ich habe ein bisschen gedöst und eile dann aus dem Bus. Glücklicherweise habe ich mittlerweile eine Sim-Karte und finde dann bald den Fußweg zu meinem Hostel. Unterwegs werde ich gewarnt, ich solle aufpassen, es ist gefährlich hier. Ich verdrehe innerlich die Augen, finde es übertrieben, weil ich mich wirklich schon in deutlich gefährlicheren Gegenden unterwegs war… trotzdem bedanke ich mich höflich und wähle den Weg, den mir der Mann angezeigt hat. Ich bin die Fremde, er der Lokale, so eine Warnung zu unterschätzen, ist dumm.
Mein Hostel ist zauberhaft mit einem schönen Garten, netten Inhabern und einer allgemein schönen Unterkunft. Schade, dass ich nur eine Nacht bleiben kann. Am nächsten Morgen esse ich das inkludierte, leckere Frühstück, packe dann meine Sachen und will mich auf den Weg zurück zum Terminal machen… da merke ich, dass mein Hut fehlt. Ich gehe zurück, durchsuche mein Zimmer, das Bad, alles… aber mein Hut ist nicht da. Erst dann erinnere ich mich, dass ich ihn gestern Abend beim Laufen gar nicht auf dem Kopf hatte. Ein tiefes Verlustgefühl brennt sich in meinen Magen und mein Tag ist dahin. Mein treuer Freund, der mich seit Buenos Aires begleitet und mich sooo gut vor der Sonne geschützt hat, den ich soo geliebt habe… im Bus vergessen. Traurig ziehe ich meine Käppi auf und mache mich auf den Weg.
Ich steige zunächst in den Bus nach Soña, dort muss ich warten. Ich laufe durchs Dorf, dumme Idee, denn es ist superheiß und gerade jetzt um 12 Uhr ist es am schlimmsten. Außer mir ist kaum jemand auf den brennend heißen Straßen unterwegs. Und mein Hut kann nicht mehr auf meinen Nacken aufpassen… ich finde einen kleinen Park, setze mich und gucke mir ein paar Videos von meine Lieblingskomödiantin an (Carolin Kebekus), sie hebt meine Laune wieder ein bisschen und der vertraute deutsche Humor tröstet mich. Dann gehe ich noch ein bisschen einkaufen und steige dann in den Bus bis Santa Catalina.
Wir fahren durch wunderschöne grüne Landschaften, Weiden und Höfe, Panamas Natur ist toll. Gegen späten Nachmittag komme ich in dem kleinen Hostel an, müde muss ich ein bisschen nach dem Hostel suchen und als ich ankomme… finde ich es an sich zwar schön, aber es ist ziemlich viele Party-People da… das letzte, was ich grade gebrauchen kann. Der Rezeptionist bemerkt, dass ich ein bisschen schlecht gelaunt bin, aber ich lächle nur und sage, alles gut. In Wahrheit bin ich ein bisschen uneins mit mir selbst. Ich finde heraus, das ich von hier aus nicht direkt weiterfahren kann, sondern den ganzen Weg bis nach Santiago zurück muss, um nach Bocas del Toro zu kommen. Was bedeutet, dass ich mich mal wieder ins Aus geschossen habe und einen langen Busweg vor mir habe. Außerdem bedeutet es, dass ich mal wieder nur eine Nacht bleiben kann.
Das Blitzreisen ist anstrengend, die Zeit an den Orten ist fast nur so viel, wie ich zwischendurch auch im Bus bin, Nachtreisen sind hier nicht mehr wirklich möglich und mein Hut ist weg. Nicht mein bester Tag.
Trotzdem raffe ich mich auf, zum Strand zu gehen… und meine Laune hebt sich wieder. Stress hin oder her, der Strand ist schön und das Rauschen des Ozeans beruhigt mich. Ich spaziere ein bisschen, aber besonders weit kann man hier nicht gehen, der Strand ist recht schnell von Dschungel und einem tiefen Fluss abgegrenzt. Man muss aufpassen, hier und da sind Steine, an denen man sich beim Schwimmen aufschürfen könnte.
Ich laufe ein Stück in den Wald, nicht weit, aber ich entdecke einen Holzstamm, der aussieht wie ein Drachenkopf. Das ist ein tolles Motiv.

Außerdem finde ich mal wieder eine traumhaftschöne Hibiskusblüte, die mit dem Strand und dem schönen Sonnenlicht ein wunderbares Bild abgibt.



Noch im Hostel habe ich erfahren, dass nicht weit schöne Inseln liegen, wo die meisten Touristen für sämtlichen Wassersport und für Tierbeobachtungen hinfahren. Natürlich würde ich es gerne machen, aber Zeit und Budget sagen nein. Panama ist zu teuer. Und ich weiß, dass ich mein Geld für Costa Rica sparen möchte. Also suche ich mir hier einen schönen Platz… und finde ihn auch am Waldrand auf ein paar Steinen, wo ich eine Zeit lang die sinkende Sonne beobachte.




Zum Sonnenuntergang gehe ich ins Wasser, lasse mich von den Wellen wieder ans Ufer spülen und gehe wieder hinein. Das Wasser ist nicht ganz so schön, wie in Palomino, aber fast genauso warm und ich genieße den Badegang sehr.
Nachdem die Sonne weg ist, schieße ich noch ein paar Fotos von dem schönen Himmel:



Dann gehe ich zurück ins Hostel. Dort gehe ich nur noch duschen, koche mir etwas zu essen und versuche, nicht zu viel mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Es geht laut zu, draußen läuft Musik, alles ist voll mit angetrunkenen Backpackern, das Gegenteil von dem, was meine Laune grade braucht. Der Schlafbereich ist nicht abgetrennt, man klettert eine Leiter hoch unters Dach, also gibt es auch nicht wirklich Ruhe. Später fängt es an zu gewittern und zu schütten… dafür gehe ich auf den kleinen Balkon oben und genieße das Schauspiel. Dann lege ich mich schlafen. Und man muss den Hostelbesitzern zu Gute halten, dass zur Ruhezeit alle Lichter ausgehen und es auch wirklich relativ ruhig wird.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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