Hallo meine Lieblingsleser*innen!

Am nächsten Tag verpasse ich wieder den Sonnenaufgang, der ist einfach mittlerweile zu früh. Trotzdem gehe ich vor dem Frühstück raus zum Strand und spaziere in die Richtung, die der Mann gestern erwähnt hat. Ich muss den Fluss überqueren, meinte er, dort geht er oft angeln und sieht viele Papageien. Ich finde den Fluss, der direkt ins Meer mündet und wate hindurch. Auf der anderen Seite ist es komplett menschenleer und nochmal auf seine eigene Art wunderschön.

Ich erkunde die Gegend und laufe dann noch ein Stück am Fluss entlang in Richtung Wald, halte Ausschau… entdecke aber nichts. Außer schöner Natur. Auch dafür bin ich dankbar, aber so langsam muss ich zurück, um von meinem Frühstück noch etwas zu erwischen, wenn ich es schon bezahlt habe. Ich gehe wieder über den Fluss und noch auf eine letzte kurze Badesession ins Wasser.

Dann eile ich zurück zum Hostel, frühstücke und muss dann schon auschecken. Mein Bus geht um Mittag herum. Unterwegs erfahre ich von meinem nächsten Gastgeber, dass es auch eine angenehmere Verbindung gegeben hätte, was mich kurz ärgert, aber das kann ich jetzt nicht mehr ändern. Also wer von Jacó nach La Fortuna will kann über San Ramón fahren und muss nicht zurück nach San José gurken, so wie ich es jetzt machen muss.

Dort erfahre ich am Terminal, dass es nur eine Direktverbindung nach La Fortuna gibt und die fährt früh um sechs, ein mal. Ich fasse es nicht, das ist einer der gefragtesten Nationalparks von Costa Rica und es fährt nur EIN Bus hin? Der Mann erklärt, dass die meisten Leute mit dem Auto dahin fahren, dann fällt ihm ein, dass ich natürlich auch noch über eine andere Verbindung an mein Ziel komme. Das er mit der nicht angefangen hat, ist mir mal wieder ein Rätsel, aber das ist nicht das erste Mal, dass mir das passiert.

Ich steige also wieder in einen Bus, lasse mir dort die Verbindung nochmal bestätigen und komme dann nach etwa fünf Stunden in La Fortuna an, dem Ausgangspunkt zum Nationalpark des Volcano Arenal. Mein Gastgeber, Wilson, ist so nett und holt mich von der Bushaltestelle ab, es regnet mal wieder. Wir verstehen uns gleich super. Er zeigt mir sein Zimmer und ich sehe – oh wie wundervoll – eine Gitarre im Gemeinschaftsraum hängen. Nachdem er nochmal weg ist, um jemand anderen abzuholen, schnappe ich mir das gute Stück und breche den Rost aus meinen Fingern. Plötzlich ist Wilson wieder zurück, setzt sich neben mich und wir singen ein Stück zusammen, was richtig viel Spaß macht. Aber irgendwann kriege ich Hunger, suche einen Supermarkt und mache mir dann etwas zu essen.

Später spreche ich noch mit Wilson wegen einer Tour zum Vulkan. Er meint, der Transport ist etwas teuer, aber wenn ich noch einen Tag warte, dann kommen andere Touristen dazu und ich kann mir den Preis mit denen teilen. Warten passt mir eigentlich nicht, aber ich entscheide mich trotzdem dafür. Tut sicher gut, nicht sofort weiter zu rennen und den nächsten Tag entspannt anzugehen. Ich schlafe super und stehe am nächsten Tag erst spät auf. Nach dem Frühstück setze ich mich zum Schreiben hin, als drei neue ankommen. Zwei Deutsche und ein Mädel aus Belgien. Wir kommen ins Gespräch und es stellt sich raus, dass sie ziemlich ähnliche Pläne wie ich haben und außerdem: Ein Auto, in dem noch ein Platz frei ist. Ich sage Wilson also ab, froh über die Gelegenheit. Hendrik und Markus sind Brüder, die zwei Wochen lang durch Costa Rica fahren, Annelin haben sie in Puerto Viejo aufgegabelt. Zu dritt fahren wir am Nachmittag los zu einem Fluss/Wasserfall, an dem man mit einem Seil in einen natürlichen Pool schwingen kann.

Als wir ankommen sieht es so hoch aus, dass ich es gar nicht erst versuchen will, aber die Abenteurerin will natürlich sofort los. Dennoch klettern Annelin und ich erstmal so ins Wasser, um uns zu akklimatisieren und anderen beim springen zu zuschauen. Auch Hendrik und Markus wählen gleich den Weg über das Seil und sind begeistert. Ein paar Einheimische führen halsbrecherische Kunststücke vor, hängen kopfüber am Seil, schwingen so vor und zurück, sodass ich Angst habe, dass sie sich die Köpfe einschlagen. Aber die kommen natürlich jeden Tag hier her, die wissen, was sie machen.

Irgendwann raffen Annelin und ich uns dann doch auf, gehen zum Seil. Annelin zuerst, auf meinen Rat hin, denkt sie nicht lange nach und schwingt rein. Dann bin ich dran. Ich brauche sicherlich mindestens fünf Minuten, um mich zu überwinden. Ich hatte schon immer ein bisschen Schiss, wenn’s um’s Springen aus der Höhe geht. Das sind vielleicht drei Meter, aber wenn man bis zum höchsten Punkt schwingt, wird es schnell doppelt so hoch. Alles zieht sich in mir zusammen, während ich in der Luft bin, dann klatsche ich ins Wasser und tauche begeistert wieder auf: Nochmal!!

Plötzlich bin ich wieder Kind, klettere wieder und wieder zum Seil, obwohl ich ständig mit den Händen abrutsche, die schon richtig wehtun. Später klettern wir noch an den Felswänden hoch, um von oberhalb des Wasserfalls zu springen. Der Pool ist irre tief, dass es manchmal echt lange dauert zum Auftauchen. Aber ich bin wieder 10, spiele mit den Jungs im Schwimmbad.

Dann komme ich auf die bescheuerte Idee, es den Einheimischen nach zu tun und hinter den Wasserfall zu schwimmen. Einer von ihnen zeigt mir, wie es geht, man hangelt sich an der Felswand entlang, bis hinter den Wasserfall… hinschwimmen ist unmöglich, der ist viel zu stark. Als wir drinnen sind, steigt in mir plötzlich Panik auf. Der Raum ist klein, das Wasser läuft mir über Kopf und Gesicht, ich kann kaum atmen. Ich frage, japsig, wie ich hier wieder rauskomme. Der Typ zeigt auf das herunterdonnernde Wasser, entweder unten durchtauchen oder auf demselben Weg zurück. Tauchen kommt nicht infrage, ich hangle mich also schnell wieder zurück. Die wenigen Meter werden zur Tortur, mein Herz rast, ich röchle nach Luft und muss mich erstmal kurz beruhigen, als ich draußen bin. Okay, das war eine ziemlich dumme Idee.

Wir bleiben den komplette Nachmittag, alle anderen Pläne sind gestrichen. Gegen Ende beginnt es mal wieder zu regnen, was einfach nur wunderschön ist. Ich lege mich als tote Frau auf das Wasser und genieße das schöne Naturerlebnis.

Dann machen wir alle noch einen letzten Sprung… bei dem ich mir ordentlich den Rücken verreiße und fahren dann zurück ins Hostel. Alle sind völlig fertig, atmen das Abendessen ein und fallen tot in die Betten. Am nächsten Tag sind alle verspannt und mein Rücken tut echt weh… das werde ich eine Weile mit mir rumtragen. Tja, ich bin vielleicht noch keine fünfzig, aber auch keine zehn mehr.

Morgens gehe ich raus zu einer Bank und komme dabei am Stadtpark vorbei… da muss ich ein paar Fotos von den schönen/exotischen Blumen machen:

Nach dem Frühstück fahren wir zu einem anderen Wasserfall… allerdings nicht zu dem, der dort offiziell ausgeschrieben ist, sondern einem versteckten weiter oben. Auch der Tipp kam von Wilson. So schleichen wir uns am offiziellen Eingang vorbei, passieren ein geschlossenes Tor durch einen bereits durchgelaufenen Seiteneingang und wandern dann ein Stück durch den Dschungel, bis wir an einem Fluss ankommen.

 Für den müssen wir die Schuhe ausziehen, um ihn zu überqueren, was eine willkommene Abkühlung ist. Auf der anderen Seite ist es nur noch eine kleines Stück, bis wir zu besagter Badestelle kommen, bei der bereits einige Leute sind. Und das ist wirklich ein Paradies. Türkisblaues, kühles Wasser fließt in einem Pool aus tiefschwarzem Vulkangestein, überwachsen exotischer Dschungelnatur, am anderen Ende stürzt ein Wasserfall in die Tiefe, durch den Kolibris fliegen. Wir sind hingerissen von dem magischen Ort.

Leider gibt es nur ein paar Fotos aus der Ferne, Handy mitnehmen wäre ein ziemliches Risiko gewesen.

Ich hab zuhause einen Kalender mit malerischen Wasserfällen von überall auf der Welt. Dieser hier ist schöner, als alle, die ich auf den Bildern habe. Auch hier springen ein paar wahnsinnige Einheimische aus 10 Metern Höhe in den Pool. Mein Rücken schreit schon beim Gedanken daran laut NEIN!, also versuche ich es gar nicht erst, sondern sauge die Idylle in mir auf.

Leider können wir heute nicht ganz so lange bleiben, der Nationalpark des Vulkans ist nur bis fünf Uhr geöffnet. Also verabschieden wir uns von dem magisch-schönen Ort und machen uns auf den Rückweg. Kurz vorm Fluss macht mich Hendrik darauf aufmerksam, dass ich ein paar Sachen verloren habe. Normalerweise stecke ich die nassen Badeklamotten immer außen in das Netz meines Rucksacks… offenbar war es nicht genug gespannt, denn es ist alles rausgefallen… und mein Bikinioberteil ist unauffindbar. Ich laufe die gesamte Strecke zurück, aber das muss der Dschungel bereits verschluckt haben. Ich finde es nicht mehr. Nicht allzu schade, ich wollte mir schon seit Ewigkeiten einen neuen Bikini kaufen, der hier war eh nur die Notlösung aus Uruguay.

Wir spazieren zurück und fahren dann zum Nationalpark. Auf der Fahrt kann ich schon ein paar großartige Fotos von dem malerischen Vulkan machen.

Der aktive Vulkan Arenal ist einer der meistbesuchten von Costa Rica, weil er eine so perfekte Form hat. Die Spitze außerhalb der Wolken zu sehen ist selten, aber ich hatte in der Stadt einmal Glück, als die anderen im Restaurant essen waren und ich ins Hostel geeilt bin, um etwas zu kochen.

Als wir ankommen, haben wir noch genug Zeit, um den Weg vor Einbruch der Dunkelheit hinter uns zu bringen. Wir machen uns auf den Weg in den Dschungel, wie immer ist es traumhaft:

Aus der Ferne hören wir Brüllaffen, die klingen wie ein verdammter Dinosaurier! Leider sehen wir keine.

Auf einem Aussichtspunkt haben wir nochmal eine tolle Sicht auf den Vulkan. Dort stellen wir auch fest, dass wir auf einem falschen Pfad unterwegs waren und so eine schöne Kurve verpasst haben. Leider reicht die Zeit nicht mehr, um das nochmal zu machen, also gehen wir einfach weiter. Wir kommen durch ein schönes Tal…

… und steigen schließlich die kleine Anhöhe hinauf, von der aus man die beste Sicht auf den Vulkan und ein riesiges, halb-überwachsenes Lava-Feld hat.

Die Sonne sinkt langsam hinter uns, es ist ein schöner Ort. Wir bleiben noch einen Moment, warten den Sonnenuntergang aber nicht ab. Wir wollen nämlich vor der Dunkelheit noch zu unserem letzten Ziel. Wir fahren zurück und halten an einem Parkplatz, wo es zu heißen Quellen geht, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Der Parkplatz ist allerdings echt teuer, wir schaffen es noch ein bisschen zu handeln, dann ist es für uns vier akzeptabel.

Zu meiner Überraschung sind die „heißen Quellen“ ein flacher Fluss, in dem die Leute sitzen. Eigentlich ist mir im tropischen Klima zu warm für heiße Quellen, aber gut, probieren wir’s aus. Ich lasse als Ersatz einfach meinen Sport-BH als Oberteil an. Wir waten langsam ins Wasser, leider gibt es viele spitze Steine, doch dann findet Hendrik einen super Platz an einem Baumstamm, an dem man den Kopf anlehnen kann. Ich lasse mich ins Wasser gleiten… und kann nicht fassen, wie perfekt es ist. Die Temperatur ist auf den Punkt, die Strömung ganz sanft und ich ergebe mich purer Entspannung. Ich lasse den Hinterkopf und die Ohren unter Wasser sinken, sodass ich nur das Wasser, meinen Herzschlag und meinen Atem höre…

Das Gefühl in diesem natürlichen Fluss zu sitzen, der so angenehm warm ist… ist überirdisch. Wilson hat uns empfohlen bei Einbruch der Dunkelheit hinzugehen und Kerzen mitzubringen. Nacheinander zünden die Leute ihre Kerzen an, auch wir unsere, sodass es noch besser wird. Romantisch brennen die Kerzen in der Dunkelheit, ein paar Glühwürmchen tauchen auf. Ich drehe mich vom Rücken auf den Bauch und wieder auf den Rücken, verlasse das Wasser aber nie. Wir (also die anderen) holen unsere Snacks mit ins Wasser, stellen sie auf Steinen ab und genießen das Erlebnis. Ich hatte Annelin beschrieben, wo sie meine Brotchips findet. Für Stunden bewegen wir uns nicht mehr aus dem Wasser, bis die Kerzen komplett heruntergebrannt sind und wir alle ziemlich müde sind. Ich war kurzzeitig bereit hier zu schlafen, aber die Vernunft siegt dann doch.

Schweren Herzens bewegen wir uns aus dem Wasser, ziehen uns im stockfinsteren um. Außer uns ist kaum noch jemand da. Gott sei Dank haben die andern Kopflampen dabei, sonst wär das nicht gut ausgegangen. Wir gehen zurück zum Auto und ich verarbeite auf der Rückfahrt diesen irren Tag, der völlig unerwartet unter meine Top-Erlebnisse gerutscht ist. Vor allem der Fluss, den der Vulkan so perfekt gewärmt hat.

Nach dem Abendessen verabschieden wir uns von den Jungs, da sich unsere Wege am nächsten Tag trennen werden. Annelin und ich fahren nach Nicaragua, sie weiter durch Costa Rica. Das war echt eine Glücksbegegnung, wir hatten so eine tolle Zeit zusammen und die Chance, mit dem Auto mitkommen zu dürfen hat mir enorm viel geholfen. Schade, dass es nur so kurze Zeit war.

Liebste Grüße,

Eure Jana

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