Am nächsten Morgen wache ich mit dem dumpfen Gefühl auf, dass etwas nicht stimmt. Ich gucke auf die Uhr und stelle fest, dass es schon 5 Uhr früh ist.

Alles an diesem Satz ist falsch. Ich stelle fest, dass es SCHON FÜNF UHR FRÜH ist…

Naja, egal, jedenfalls hab ich meine Tour verpennt. Ist mir tatsächlich auf meiner ganzen Reise noch nicht passiert. Wahrscheinlich war ich einfach zu fertig, hab den Wecker überhört, Handy lag mit Ohrstöpseln unterm Kissen, keine Ahnung. Ich schreibe der Agentur, sorry, ich hab verpennt, ob ich die Tour um 6 Uhr mitmachen kann. Er hält mir eine leichte Standpauke, von wegen, sie hätten alles versucht, mich angerufen, geklingelt, etc… Ende vom Lied ist, dass ich die Tour nochmal bezahlen muss. Ich überlege kurz, ob ich es einfach lassen soll, 35-40 Euro (ich erinnere mich nicht mehr genau, wie viel), sind für mich schon viel Geld. Aber ich bin nur wegen dieser Tour überhaupt hierher gekommen, es jetzt nicht zu machen wäre auch blöd. Ich stimme zu, mache mich fertig und gehe zum Abfahrtspunkt. Trotzdem eine miese Art nochmal viel Geld zu machen. Dem Touranbieter hätte ja nichts Besseres passieren können, als dass ich verschlafe. Dass ich nochmal mehr zahle verstehe ich ja, aber dass ich den vollen Preis nochmal komplett zahlen muss, war schon ziemlich frech. Aber es überrascht mich auch nicht mehr.

Ich steige in den Bus und wir fahren etwa 45 min zum archäologischen Park, unterwegs gabeln wir noch unseren Guide auf. Am Eingang zahlen wir den Eintritt zum Park. Dort treffe ich eine Frau, die seit vielen Jahren mit dem Motorrad durch die ganze Welt reist. Wir unterhalten uns ein bisschen, sie erzählt mir vom wunderschönen Äthiopien, das zurzeit leider von schlimmen Unruhen geplagt wird. Die Natur dort sei unglaublich, aber sie wurde auch schon mit Steinen beworfen. Mit dem Fahrrad würde sie dort nicht fahren.

Wir gehen wieder zurück in den Bus, fahren nochmal zehn Minuten bis zu den ersten Ruinen. Dort stoppen wir an einem Restaurant, wo wir die Möglichkeiten zum Frühstück haben. Ich hab, wie immer, meine eigenen Sachen dabei und nutze die Zeit um ein bisschen Gymnastik zu machen. Nach der vielen Zeit, die ich sitzend oder verkrümmt schlafend in Bussen verbringe, ist mein Rücken ganz schön angegriffen. Allgemein, hab ich körperlich schon wieder so abgebaut. Da freue ich mich dann doch wieder auf die Zeit, einen geregelten Tagesablauf zu haben, in den ich Sport und Bewegung einbauen kann.

DANN geht endlich die Tour los. Vor mir liegen die Pyramiden von Tikal, eine der ältesten Mayastätten, die gefunden wurden. Jetzt, wo ich so viel über die Incas in Peru gelernt habe, freue ich mich richtig, als nächstes die Mayas zu entdecken und zwar genau dort, wo sie vor vielen hundert Jahren gelebt haben. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich mir die Blitzreise überhaupt antue: Weil auf meinem Weg nach Mexico City noch soo viele coole Mayastätten liegen und ich richtig darauf brenne, er kennenzulernen. Wir folgen dem Guide durch den Dschungel, der aber dank viel Tourismus fein säuberlich zurückgeschnitten und gut begehbar ist. Gleich am Anfang läuft uns ein kleines Highlight über den Weg:

Hier gibt es eine ganze Familie, die vor vielen Jahren noch angefüttert wurde und jetzt durch die Ruinen läuft. Heute ist das Füttern verboten. Wenn man sie von der falschen Seite anschaut, könnte man denken, es wäre ein kleiner Dino.

Auch ein paar Affen hangeln sich kurz darauf durch die Bäume: Spinnen-Affen (Spider Monkeys) wegen der Gliedmaßen, die ein bisschen an Spinnenbeine erinnern.

Kurz darauf öffnet sich der Wald zu einer großen Fläche und ich stehe vor der ersten Maya-Pyramide meines Lebens:

Ich bin begeistert. Der Guide gibt uns Zeit übers Gelände zu gehen… erklärt aber leider nicht viel. Ein paar Leute stellen Fragen, die er beantwortet, aber das war’s dann auch. Leider ändert sich das die Tour über nicht mehr. Egal, wohin wir gehen, er gibt uns zwei drei Sätze zu dem Ort, dann haben wir 20 Minuten Zeit, um herumzulaufen und Fotos zu machen, danach geht es weiter… und dafür hab ich den doppelten Preis gezahlt. Na klasse.

Da ich diesen Bericht mal wieder WEIT im Nachhinein schreibe, kann ich euch trotzdem ein paar mehr Infos über die Mayas geben, die sich mit der Zeit zusammengetragen haben.

Im Zusammenhang mit indigenen Kulturen in Südamerika werden häufig drei große Gruppen genannt: Incas, Mayas und Azteken. Das sind die größten Hochkulturen. Die Mayas sind die ältesten, ihre Zeit begann etwa 2000 v. Chr. und dauerte bis ca. 1500 n. Chr. Die Daten des Anfangs variieren ein bisschen, je nachdem ab wann man den „richtigen Anfangspunkt“ setzen möchte. Mit den Spaniern hatten sie allerdings nie Kontakt, die Zivilisation ging unter, bevor die Invasion Südamerikas begann. Wie die  Incas haben sich die Mayas aus vorherigen Kulturen entwickelt. Im Vergleich zum Incareich, das sich von Nordargentinien bis an die Südgrenze von Ecuador erstreckt hat, war das Land der Mayas deutlich kleiner: Wir sprechen hier vom Norden Guatemalas, Teilen Belizes und vor allem der Halbinsel Yucatan in Mexiko.

Die Mayas sind die einzige Kultur, von der mehrere Schriftstücke überliefert sind, sodass wir heute viel mehr über die Zivilisation wissen, als bei anderen indigenen Kulturen des Kontinents. Bei den Incas wurde praktisch alles von den Spaniern zerstört.

Tikal ist eine riesengroße Stadt, über zweitausend Jahre alt. Insgesamt müssen hier hunderte von Pyramiden stehen. Die Mayas waren große Baumeister und vor allem ab der spätklassischen Zeit wollte ein Häuptling den nächsten mit einer größeren, schöneren Pyramide übertrumpfen. Leider sind nur 5% des Geländes frei gelegt, der Rest liegt versteckt und überwuchert im Dschungel. Es ist kein Geld da, um die volle Ausgrabung zu finanzieren, und der Dschungel holt sich die Gebäude zu schnell wieder zurück. Außerdem ist viel von dem, was dort im Wald vergraben ist in recht schlechtem Zustand. Hin und wieder zeigt der Guide auf einen unauffälligen Hügel – darunter ist übrigens auch eine. Nur eben noch nicht freigelegt:

Für die Touristen wurden die Hauptpyramiden, der zentrale Platz, sowie ein paar andere Schaustätten freigelegt.

Der Guide erklärt uns, dass alle 7200 Tage (ca. 20 Jahre) ein Maya-Zyklus endet und eine große Feier dafür stattfand… und eine neue Pyramide errichtet wurde. Oft wurden auch neue Pyramiden über alte gebaut. Eine Pyramide besteht aus neun Plattformen, repräsentierend die neun „Schichten“ der Unterwelt. Außerdem gibt es eine „nullte“ Plattform… deren Zweck ich ehrlicherweise vergessen habe. Ich meine aber, dass der Pyramidenbau auch etwas mit dem Kalender zu tun hat und man braucht die nullte Plattform, die ein paar letzte Tage des Maya-Jahres repräsentiert (Schaltjahr). Na, vielleicht hab ich’s mir irgendwo noch aufgeschrieben und es taucht in einem anderen Artikel auf.

Ein großer Touristenspaß und ein bauliches Meisterwerk dieser alten Kultur sind die Tempeltreppen. Wenn man direkt davorsteht und in die Hände klatscht, ertönt aufgrund der exakten Konstruktion mit dem Portal direkt darüber ein Geräusch, das einem Vogelruf ähnelt. Während wir übers Gelände laufen, sehen wir viel Touristengruppen, deren Guide vor dem Tempel steht und in die Hände klatscht. Das Phänomen ist auch einfach zu gut. Aber wie fortschrittlich und durchdacht diese Baumeister gearbeitet haben… absolut unglaublich.

Auf manchen Plätzen sind ein paar einfache Plattformen mit aufgestellten Steinen errichtet: Altäre, wie uns der Guide erklärt.

Ich laufe viel hin und her, auch wenn die Sonne unbarmherzig herunterknallt.

An einer Seite der Hauptpyramide ist außerdem eine verhältnismäßig kleine Konstruktion, die ein bisschen an eine Arena erinnert, nur nicht rund: Hier wurden Zweikämpfe ausgetragen, bei denen es um juristische Entscheidungen ging. Trial by combat ist der englische Begriff, wie sagt man das denn auf Deutsch? – Na, im Prinzip hat der Recht, der den Kampf gewinnt… und der Verlierer stirbt. So entscheiden „die Götter“ wer wirklich recht hat.

Der Guide erklärt uns auch, dass Menschenopfer ein beinahe alltäglicher Brauch waren, vor allem in der späten Klassik.  Je hochranginger der Mensch, desto wertvoller das Opfer, weshalb es oft Königskinder getroffen hat. Auch wurden Spiele ausgetragen bei denen der GEWINNER geopfert wurde, was als große Ehre angesehen wurde. Kann man drehen und wenden, wie man will, das will nicht in meinen Kopf. Jedes natürliche Wesen hat doch Angst vor dem Tod, wie kann das etwas erstrebenswertes sein, vor allem auf so blutige und schmerzhafte Art?! Muss eine gehörige Gehirnwäsche gewesen sein. Allerdings erwähnt unser Guide auch, dass die Maya quasi dauerhaft auf irgendwelchen Drogen waren.

Es gibt ein bekanntes Ritual, das auch heute noch praktiziert wird und sogar manchmal Touristen angeboten wird. Allerdings mit der großen Warnung, dass man sich seiner mentalen Stabilität, der Herkunft der Drogen und der Vertrauenswürdigkeit der Leute SEHR SICHER sein sollte und es im Zweifel lieber lassen sollte. Dieses Ritual kann richtig gefährlich sein, wenn man es nicht richtig macht. Aber natürlich fliegen alle Kiffer drauf und berichten dann stolz von ihren Erlebnissen. Die Rede ist von Ayahuasca. Mir begegnet es auf meiner Reise nie und ich bezweifle, dass ich es probiert hätte. Drogen reizen mich schlichtweg nicht. Man soll dabei in eine tiefe Trance verfallen und durch den eigenen Geist reisen können. Es ist eine Pflanze mit massiv halluzinogener Wirkung, die den Leuten verabreicht wird. Wenn man unter dessen Einfluss steht, bekommt man von der eigenen Opferung wahrscheinlich gar nichts mehr mit, das kann ich mir schon vorstellen.

Die Hauptwährung der Mayas war übrigens Jade. Gold gab es nur wenig, aber daran hatte man auch wenig Interesse. Die Spanier haben später hohe Silbervorkommen gefunden, deshalb gibt es in Antigua eine Straße, die nach den Silberwäschern benannt ist.

Anders als bei den Incas, hieß die Volksgruppe der Mayas auch Maya. Der König hieß „Ach-kin“ und das bedeutet „größter Mensch“.

Nach dem Hauptplatz gehen wir noch zu einer letzten Pyramide, von der man eine großartige Aussicht über den Dschungel und andere Pyramiden hat. Der Aufstieg ist allerdings heftig, da die Treppe in praller Sonne liegt und ziemlich steile Stufen hat. Keuchend kommen wir oben an, aber es hat sich gelohnt:

Danach ist die Tour zu Ende und wir fahren mit dem Bus zurück nach Flores. Der Park war zwar sehr schön, aber ich fand die Tour wirklich nicht so besonders, unser Guide war nicht gut. Jede Info musste man ihm aus der Nase ziehen und ich hatte nicht das Gefühl, jetzt über die Mayas Bescheid zu wissen. Glücklicherweise stehe ich am Anfang meiner Reise durch das Maya-Reich und anderswo bekomme ich hoffentlich eine bessere Tour.

Am Abend quatsche ich nochmal mit Gerit über Gott und die Welt, Philosophie und Politik, Reiseabenteuer und das gute alte Deutschland. Dann wird es Zeit für den Abschied, denn am nächsten Morgen geht es für mich früh weiter. Meine kurze Zeit in Guatemala ist vorbei und ich fahre bald über die Grenze nach Belize. Dort steige ich allerdings nur um, und stehe ein paar Stunden später an der Grenze zu Mexiko.

Liebste Grüße

Eure Jana

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