Hallo und Willkommen auf einem neuen Kontinent, meine Freunde! Hoffe, ihr seid bereit, es wird wild!
Am Flughafen bin ich ziemlich erleichtert, als ich meinen Rucksack auf dem Gepäckband entdecke. Nach dem vielen hin und her, ist es schön, dass nichts verloren gegangen ist.
Mein Hostel hat mir angeboten, ein Taxi zu schicken, was ich jetzt, da ich bei Tageslicht angekommen bin, abgelehnt habe. Ich will meinen Preis selbst verhandeln. An einer Geldwechselbude kann ich gleichzeitig auch eine SIM-Karte kaufen, was ich der Einfachheit halber tue. Im Nachhinein hätte ich es locker auch erst in der Stadt machen können, wäre sicher billiger gewesen. Dort kann ich auch ein Taxi bestellen… aber als ich den Preis höre, rufe ich wieder mein Hostel an und nehme den Service doch in Anspruch.
Kurze Zeit später sitze ich im Auto, wir fahren fast eine Stunde bis in die Stadt. Der Taxifahrer spricht kaum Englisch… und wieder merke ich, dass die Kommunikation hier einfach d, eutlich anders wird.
Der Verkehr ist chaotisch und wieder sind viele Rolle unterwegs, aber es ist trotzdem anders als in Lateinamerika. Die Leute schieben sich durch noch schwierigere und schmälere Öffnungen, achten aber auch mehr aufeinander. Ich entdecke ein vollbeladenes Mofa, das hunderte von Blumen transportiert.

Wir fahren immer tiefer in die Stadt. Die Straßen sind schmäler und nicht ganz so exakt gitterartig gebaut, wie in Lateinamerika. Die Seiten und Gehwege sind voll mit kleinen Restaurants und geparkten Rollern, aber es ist nicht so schmutzig, wie man meinen würde. Irgendwo zwischen den Gassen setzt mich das Taxi schließlich ab, in einer kleinen Seitengasse entdecken wir das Aushängeschild meines Hostels.
Ich bedanke mich und gehe ins Haus, wo mich die Rezeptionisten empfängt, mit der ich die ganze Zeit über geschrieben habe. In echt ist sie noch freundlicher. Ihr Englisch ist super, ich checke ein und will mich kurz hinlegen… letztendlich stehe ich nicht mehr auf. Es war zwar erst 18 Uhr, aber Jetlag und die zweitägige Reise fordern jetzt doch ihren Tribut. So toll der Service ist und grundsätzlich ist auch alles schön und sauber… aber das Hostel hat den großen Nachteil, dass der Schlafraum der einzige Raum ist. Es gibt auch einen Tisch, sowie einen Gepäckbereich, aber immer wenn jemand eincheckt, auscheckt, egal zu welcher Zeit, es ist immer irgendwie laut zu einer Zeit, in der es nicht laut sein sollte. Vor allem mit meinem falschen Schlafrhythmus, der mich um 18 Uhr todmüde macht, bin ich hier schlichtweg falsch. Und es gibt auch einige andere Gäste, die auch bei einem Check-out um drei Uhr nachts in normaler Lautstärke unterhalten, ständig in ihren Sachen rumkramen und alle aufwecken. Das finde ich wirklich irre unhöflich, egal woher man kommt, das Konzept eines Ruhebereichs und von Ruhezeiten sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Vielleicht bin ich da aber auch schlichtweg westlich geprägt und auch ein bisschen hypersensibel.
Und die Matratze ist ganz schön hart… als würde ich auf Stein liegen.
Ist aber auch egal, da ich um sechs im Bett war, bin ich um zwei Uhr nachts putzmunter und scrolle mich durchs Internet, bis ein neuer Tag anfängt.
Um halb acht verlasse ich das Hostel und spaziere in Richtung des berühmten Sees, der hier die Touristenattraktion ist. Dort beginnt auch meine Free Walking Tour, aber erst in zwei Stunden, solange setze ich mich in ein Café und gönne mir ein großes Frühstück… zu einem Spottpreis.





Es ist echt verrückt, wie günstig hier alles ist und mein Budget braucht das wirklich dringend. Eine volle Mahlzeit mit Getränk für 3-4 Euro, ein Hostelbett für 4-5, manchmal noch weniger. Ein Hostel mit Küche zu finden ist hier nicht einfach, weil schlichtweg alle Essen gehen.
Leider lasse ich mir beim Frühstück doch ein bisschen zu viel Zeit, sodass ich mich beeilen muss, um zu meiner Tour zu kommen. Ich finde die Gruppe aber doch noch, bin zwar zwei Minuten zu spät, aber es hat gerade die Vorstellungsrunde begonnen. Ich geselle mich dazu. Der Guide sagt meinen Namen, ich bestätige… dann schickt er mich weg zur anderen Straßenseite, mein Tour startet von dort, das hier sei eine andere Gruppe. Ich bin kurz verwirrt, folge aber der Anweisung, wird schon passen. Dort ist niemand. Ich frage eine Frau, die eigentlich zu einem Tourbusunternehmen gehört, sie meint, ich solle einfach da warten. Ich warte… und warte… ich schreibe dem Tourunternehmer… nach einer halben Stunde gebe ich auf und gehe sauer und enttäuscht meiner Wege. Was war das denn? Ich hatte mich echt auf die Tour gefreut. Naja, kann man nichts machen.
Ich spaziere also eigenständig am See entlang, gehe zu dem Tempel, der dort auf einer Insel gebaut ist. Um hineinzukommen, muss ich mir ein Hemd überziehen, das meine Schultern bedeckt. Tja, neue Welt, neue Regeln, aber das respektiere ich auch. Der See und der Tempel haben eine besondere Legende. Vor 1000 Jahren soll dort ein König ein goldenes Schwert von einer Schildkröte erhalten haben, mit dem er eine wichtige Schlacht für sich gewinnen konnte. Nach der Schlacht und dem Sieg, gibt er das Schwert dem Tier und dem See zurück. Ich schaue mir in Ruhe alles an. Es ist etwas völlig neues für mich, die Eindrücke schießen auf mich ein… aber es ist ein schöner Ort, hat etwas beruhigendes.







Ich gehe durch den Tempel und später durch ein kleines Museum, wo zwei riesige, echte Schildkröten ausgestellt sind, die in diesem See gelebt haben. Es leben wohl auch jetzt noch Schildkröten dort, aber ich glaube nicht mehr in der Dimension. Ich finde keine Fotos, hab ich wohl vergessen.
Das Tier ist der Legende nach natürlich heilig. Fasziniert gehe ich weiter… und erspähe plötzlich die Gruppe der Free Walking Tour mit dem Guide, der mich weggeschickt hat. Mein Ärger flammt wieder auf, ich stapfe rüber und frage, warum er mich weggeschickt hat, dort war keine Tour?! Der Mann entschuldigt sich, er dachte, dort wäre eine andere Tour gewesen. Es klingt so halbarschig und er macht auch nicht mal die Anstalten, einen Kollegen anzurufen oder mir anderweitig zu helfen, sodass ich mich schlichtweg wieder umdrehe und weggehe. Liegt sicherlich an der Hormonphase und der langen, anstrengenden Flugreise, ich hinter mir liegt… aber ich bin wirklich richtig wütend und enttäuscht. Ich wollte die Tour so gerne machen, war richtig neugierig, hatte so viele Fragen über mein neues Reiseland und dann sowas. Plötzlich bekomme ich eine WhatsApp Nachricht von einem Tourguide, ob alles okay sei? Ich frage erneut, was falsch gelaufen ist, als Antwort kommt, er dachte, ich müsste zur Toilette. Fassungslos starre ich auf die Nachricht und die dreiste Lüge und feure eine wütende Nachricht zurück, bevor ich den Kontakt blockiere. Dann spaziere ich weiter um den See und versuche mich abzuregen.
Toller Start! Kurz kommt wieder das Gefühl der Müdigkeit und Abgeschlagenheit hoch. Alle haben mir so vorgeschwärmt von Vietnam… ich hatte gehofft, dass es hier einfacher wird. Aber der Gedanke verfliegt während meines kleinen Spaziergangs. Es ist schön hier. Ich beobachte die Leute und entdecke viel Frauen in traditioneller Kleidung, die hier wunderschöne Fotos machen. Ich versuche, ein paar zu erwischen, traue mich aber nicht direkt zu fragen, ob ich ein Foto von ihnen machen kann.


Mir gefällt das Outfit wirklich gut und ich sehe so viele schöne Variationen und Farben, ich kann mich kaum sattsehen. Manche haben auch professionelle Fotografen dabei, die richtig gute Motive einfangen.
An einer Stelle setze ich mich und beobachte einfach nur das Geschehen, sende ein paar Nachrichten, lasse es einfach ruhig angehen. Danach spaziere ich umher, finde eine Postfiliale, in der ich mich mal wieder über Paketkosten und Formalitäten informiere, ist hier natürlich deutlich günstiger als in Lateinamerika. Auf Google Maps entdecke ich, dass es hier ein Museum der vietnamesischen Frauen gibt, das will ich sehen. Unterwegs lasse ich einfach die Stadt auf mich wirken.
Übrigens ist es hier ein richtiges kleines Abenteuer die Straße zu überqueren. Man versucht als unwissender erst zu warten, dass der stetige Rollerverkehr mal kurz abreißt, aber das passiert schlichtweg nicht. Auch Ampeln sind hier ein seltenes Phänomen und aus irgendeiner Richtung kommen immer Motorräder/Roller. Ich wurde von einer Bekanntschaft in Mexiko schon ein bisschen vorbereitet und übe jetzt: Man läuft einfach los, immer mit den Augen überall, vor allem auf Fahrer, die auf einen zukommen. Man geht mit einer gleichmäßigen Geschwindigkeit gerade über die Straße, sodass dir Rollerfahrer den Gehweg einschätzen und somit gekonnt umfahren können… und das funktioniert. Wichtig ist dabei wirklich trotzdem der Blickkontakt mit dem Verkehr und ein bisschen Mut gehört auch dazu. Aber die Fahrer wissen was sie tun, man muss nur Vertrauen haben.
Der Kulturunterschied zu Bolivien und Peru ist gewaltig. Im Prinzip ist man demselben Verkehr ausgesetzt, aber während hier ein funktionierendes Fußgänger-Fahrer-Vertrauen herrscht, rasen die Fahrer in Bolivien/Peru einfach so egoistisch und rücksichtslos in eine direkt Unfallsituation, bis irgendjemand nachgibt und Fußgänger rennen einfach nur um ihr Leben.







Nach nur ein paar Stunden hier in der Stadt und den Straßen registriere ich, dass vor allem eine große Last hier deutlich abfällt: Die Männer… die Machos sind weg. Ja, ich werde nach wie vor noch angeguckt, vielleicht auch gegrüßt… Aber freundlich, neugierig. Das Rudel Wölfe mit fletschenden Zähnen und sabberndern Mäulern sind einem Welpenwurf gewichen… die Erleichterung ist unsagbar. Vielleicht liegt es auch am Sprachunterschied, dass ich schlichtweg nicht mehr verstehe, was mir nachgesagt wird, aber das Feeling ist einfach besser.
Das Museum über Frauen in Vietnam ist fantastisch! Ich verbringe mehr als drei Stunden darin, lerne über verschiedene Ethnien mit verschiedenen Traditionen bezüglich Heirat, Kindsgeburt, Erziehung, Religion, Beruf, Handwerk und letztendlich die Beiteiligung der Frauen in diversen Kriegen in Vietnam. Es ist hochinteressant. Einige Klans im Zentralland beispielsweise matriarchalisch, eine weltweite Seltenheit: Die älteste Frau der Familie hat den höchsten Status, sie entscheidet über Partnerwahl der anderen Frauen. Auch zieht der Bräutigam nach der Hochzeit in die Familie der Braut, nicht andersherum, wie es sonst üblich ist. In der Religionsausstellung lerne ich über den Glauben an die große Mutter, sowie ihre „Untergottheiten“










Aber vor allem die Geschichten über die Kriegsheldinnen gehen mir unter die Haut. Da sind einige heftige Schicksale vor allem von jungen Frauen dabei. Ein Bild berührt mich besonders: Eine Mutter, die ihren Sohn Jahre lang totgeglaubt hat, schließt ihn nach langer Trennung wieder in die Arme.





Nachdem mir der Kopf schwirrt, beschließe ich, den Tag zu beenden und esse in einem Restaurant nahe meines Hostels köstlichen gebratenen Reis mit Rindfleisch und frischem Gemüse… Bestätigt mich erneut darin, in meiner Zeit in Asien vor allem das Essen mitzunehmen!!
Mein Schlafrhythmus bringt mich wieder früh ins Bett. Am nächsten Morgen beschließe ich, nochmal in das „Notizen-Café“ gehen, da war es einfach echt schön. Dann wandere ich durch die Stadt. Mein Ziel ist das Grabmal von Ho Chi Minh, dem bedeutendsten politischen Führer in Vietnam des letzten Jahrhunderts. Leider weiß ich wenig über die Person selbst. Auf meinem Weg dahin, fange ich viele tolle Eindrücke der Stadt ein und fühle mich richtig wohl in meiner Kennenlernphase mit Vietnam. Es ist wieder eine bunte, farbige, ursprüngliche Kultur, ganz anders und doch oft ähnlich mit Lateinamerika. Ich sehe wieder viele Frauen in den traditionellen Kleidern, die wunderschöne Fotos in der Umgebung machen.








Am Grabmal angekommen, sehe ich, dass man irre lange anstehen muss, um dorthin zu kommen. Es ist heiß und ich bin schon ziemlich fertig von meinem langen Spaziergang, so dass ich beschließe, nur ein Foto aus der Entfernung zu machen und wieder meiner Wege zu gehen.




Für den Nachmittag hab ich mir eine kleine Besonderheit gegönnt. Ein Guide holt mich direkt an meinem Hostel ab und begleitet mich zu einem nahegelegenen Restaurant. Er stellt sich freundlich vor und erklärt mir bereits unterwegs einige Details. In dem Restaurant treffen wir den Koch, bei dem ich meinen Kochkurs machen werde. Er spricht nur wenig Englisch, deshalb mein freundlicher Guide. Ich kann mir auf einer Karte drei Gerichte aussuchen, die ich später zubereiten werde. Dann geht es zu allererst auf den Markt, wo wir alle Zutaten frisch einkaufen. Mein Guide erklärt mir viele Obst- und Gemüsesorten, von denen ich noch nie gehört habe. Das Einkaufen übernimmt größtenteils der Koch, während ich sämtliche Fragen stellen kann, die mir auf der Seele liegen.





Nach dem Einkauf geht es wieder zurück ins Restaurant, wo ich eine Kochschürze bekomme und es an die Zubereitung geht. Mir wird jeder Schritt erklärt… und glücklicherweise bekomme ich im nachhinein alle Rezepte mit Zubereitung per Mail gesendet, denn ich könnte mir das nie alles merken. Den Löwenanteil übernimmt der Profi, ich schneide hauptsächlich Gemüse/Fleisch, koste hier, koste da. Am Ende stehen drei köstlich duftende Gerichte vor mir, die ich unmöglich alle runterbekomme, aber ich lasse mir alles einpacken.






Es war eine fantastische Erfahrung und ich kann jedem nur empfehlen, einen Kochkurs zu machen, vor allem in Südostasien! Was für ein schöner Einblick in die Kultur. Das letzte Bild ist ein Eischnee-Espresso. Ist lecker, aber sehr süß und viel Schaum.
Damit ist auch der Tag beendet und ich bereite mich auf meine morgige Weiterreise vor. Ich hab ewig überlegt, wo ich als nächstes hin soll, mit meiner jetzigen Entscheidung bin ich zufrieden. Mein nächstes Ziel wird Sapa, eine Stadt im Nordwesten des Landes, schöne Bergregion und ich bin wanderlustig! Der Bus am nächsten Tag lässt ein bisschen auf sich warten, weil die Straßen für einen Marathon oder so gesperrt sind. Dann werde ich von einem Kleinbus abgeholt, der mich ein Stück außerhalb bringt, dort werde ich dann rausgeschmissen und in den großen Bus einsortiert. Die erste Busfahrt in Südostasien. Mir wurde im Vornherein von vielen Reisenden, die ich unterwegs schon getroffen habe, versichert, Busfahren funktioniert hier super und sehr bequem. Als ich den Bus betrete, sehe ich… was sie alle gemeint haben! Als erstes muss ich meine Schuhe ausziehen, die werden in einen Beutel gesteckt. Generell in Vietnam ist es schlichtweg normal, dass man Innenräume barfuß oder in Socken betritt.
Und dann das beste: Es ist ein Bus mit Liegen… nicht wie in Lateinamerika, wo man „Bett“ bezahlt und dann trotzdem die Füße runterhängen… richtige Liegen, mit Kissen und Decke. Ich stelle fest, dass ich meinen ganzen Weg durch Lateinamerika gefoltert wurde, als sich meine Beine 180 Grad auf meinem Liegeplatz ausstrecken… was für ein Luxus.

Die Fahrt ist toll! Meine ersten Blicke auf Vietnams Natur sind wunderschön…



aber natürlich schlafe ich wieder schnell ein, vor allem jetzt, wo ich liegen kann.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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