Hallo, meine lieben Leser*innen!

Könnt ihr noch? Der hier wird lang! Aber es lohnt sich.

Nachdem ich meinen großen Rucksack aus dem Bus gewuchtet habe, spricht mich ein Mann an, ob ich ein Taxi brauche. Ich nicke spontan, er hilft mir mit dem Rucksack und geht auf einen Roller zu. Ich stutze… sicher? Das ist ziemlich schwer. Aber er macht eine wegwerfende Handbewegung, packt meinen großen Rucksack vor sich auf den Fußbereich und bedeutet mir, den anderen auf meinen Rücken zu nehmen. Okay… ich sitze auf und wir düsen los. Klappt tatsächlich, hätte ich nicht gedacht. Schon bei der ersten Fahrt gefällt mir Hoi An. Schöne Architektur, kleine Straßen und Gassen, süße kleine Läden. Wir fahren über eine Brücke auf eine Insel, die ebenfalls zur Stadt gehört. Fühlt sich ein bisschen nach Italien an, hier. Nur die vielen Restaurants mit vietnamesischer Küche verraten die asiatische Kultur. Der Fahrer parkt vor meinem Hostel, ich bedanke mich, bezahle und gehe rein. Drinnen werde ich sehr freundlich empfangen und ich finde das Hostel von Anfang an superschön. Da hat jemand viel Stil. Die Möbel aus dunklem Holz, wunderschön geschnitzt, typisch aber nicht zu doll dekoriert, hohe Wände, Pool im Außenbereich, modernes Bad und bequeme Betten… gute Wahl getroffen, der Preis ist nämlich total in Ordnung. Die Beschreibung ist so ausführlich, weil ich vergessen hab, Bilder zu machen.

Hoi An… Lukas, den ich Ushuaia getroffen habe, hat mir von der Stadt schon erzählt, seitdem wollte ich immer hierher. Es ist die gefährlichste Stadt in Vietnam! Also für mich.

Hier kann man sich nämlich innerhalb kürzester Zeit für wirklich nicht viel Geld jedes Kleidungsstück schneidern lassen, das einem einfällt… und mir fallen hunderte ein. Es ist schrecklich! Aber ich komme natürlich vorbereitet. Drei Kleidungsstücke sind erlaubt und KEINES mehr. Eh schon zu viel. Aber die Gelegenheit ist einfach zu gut. Schon auf meinem Weg in die Altstadt, kurz vor der Brücke, werde ich von einer Frau angesprochen, die eine Schneiderei hat und mich einlädt, später vorbeizukommen. Jenseits der Brücke kommen erst ein paar Restaurants, links geht’s zum Markt und grade aus beginnt die teuflische Versuchung. Boah, kacke, ey, bloß nicht zu genau hinschauen. Wenn man an den ganzen Schaufensterpuppen mit fantastischen Outfits in noch viel schöneren Stoffen vorbeiläuft, könnte ich mein Restbudget auch schlichtweg hierlassen. Liegt vermutlich auch daran, dass ich seit Monaten nur in möglichst bequem und praktisch herumlaufe. Ich vermisse es, mal wieder ein bisschen schicker zu sein.

Heute gehe ich erstmal nur auf Rundschau, frage in einigen Läden nach, von denen ich im Internet gelesen habe, gehe grobe Ideen durch, gucke Stoffe an. Allein das ist schon supercool!

Am Abend finde ich ein schönes Restaurant und beende den Tag. Ganz langsamer Start.

Die Schneider von Hoi An schneidern einem jedes beliebige Kleidungsstück, bzw. Anzug/ Sets, Schuhe etc. innerhalb von 48h oder weniger. Bei richtig aufwendigen Sachen kann es auch mal länger werden, aber alles in allem ist das das Prinzip. Man hat unterschiedliche Möglichkeiten, was Preis und Qualität betrifft und bekommt dementsprechend mehr oder weniger. Ich wähle zwei verschiedene Schneider, eine „mittelteure“ und eine recht günstige und gebe zwei Kleider in Auftrag, die ich mir schon lange im Vornherein überlegt habe.

Wir besprechen Schnitt, Stoffe, nehmen Maß, verhandeln den Preis, bis alles passt. Am nächsten Tag geht es schon zur ersten Anprobe. So verlaufen die ersten Tage hier in der Stadt.  Drum herum entspanne ich mich in meinem schönen Hostel oder laufe durch die schöne Stadt. Zwischendurch werde ich immer wieder von tropischen Regenstürmen unterbrochen, die ich lieber entspannt im Hostel abwarte, als mich durch die Stadt zu ziehen. Als ich mein Kleid bei der günstigeren Schneiderin bekomme und total begeistert bin, gebe ich noch ein drittes Stück in Auftrag, einen langen roten Rock, den ich immer wollte, aber nie irgendwo nach meinem Geschmack gefunden habe. Auch der wird toll und ich gebe mich zufrieden. Während ich auf meine Anproben warte, konnte ich immer auch gucken, was sich andere Leute so schneidern lassen. Da waren echt tolle Sachen dabei.

Bei einer Gruppe Jungs beobachte ich einen Moment, der sonst meistens andersherum passiert. Einer der Jungs probiert seinen neuen Anzug an – der ihm um die Po-Region WIRKLICH gut steht. Das findet die Schneiderin auch, die ihm kurzerhand einmal ordentlich an den Arsch grapscht. Er ist kurz irritiert, aber da er mit seiner Gruppe unterwegs ist und danach alles normal weitergeht, belässt er es dabei. Versteh ich, war aber echt nicht okay!

Nachdem ich meinen Glamourwahn befriedigt habe, konzentriere ich mich wieder auf die Stadt selbst. Vor allem abends ist es wunderschön, durch die Straßen zu spazieren, die bunten Laternen zu beobachten und sich vom Nachtleben am Hafen bezaubern zu lassen.

Ich überlege, was ich mit meiner Zeit hier noch anfangen kann und beschließe, mir für einen Tag ein Fahrrad zu mieten und damit zum Strand zu fahren. Das war mal wieder eine großartige Idee, Fahrrad und ich, das klappt einfach.

Ich bezahle das Rad, sitze auf und fahre zu meinem Hostel, das gleich um die Ecke liegt, um dort meine Badesachen einzupacken. Da ich es gewöhnt bin, dass die Bremsen bei Mietfahrrädern normalerweise scheiße sind, drücke ich nichtsahnend auf die Bremse… und fliege fast vornüber das Fahrrad. Wow!! Die hat wohl grade jemand repariert. Gut zu wissen.

Ich radle durch die schöne alte Stadt, es ist wunderbar warm und durch den Fahrtwind bekomme ich eine angenehme Brise. Man kommt relativ bald aus der Stadt raus, es wird dörflicher, grüner, bis man über eine Ebene fährt, wo sich Reisfeld an Reisfeld reiht. Vor mir stoppen ein paar Mädels, um ein Foto von einem der seltsamen Büffel zu machen. Ich bleibe auch stehen, da schwingt sich plötzlich der kleine Vietnamese neben dem Tier auf dessen Rücken und legt sich der Länge nach hin. Da scheint nicht das erste Mal zu sein, als ich den Ort später google, ist das das erste Foto, das ich sehe. Meins ist leider schlechter, aber mei:

Ich sitze wieder auf und fahre weiter, komme kurz darauf zum Strand. Mein Fahrrad kann ich wieder an einem Parkplatz abgeben. Und genieße es dann sehr, wieder am Ozean zu sein. Hallo Pazifik, diesmal von der anderen Seite.

Naja, offiziell ist es das Vietnamesische/Südchinesische Meer (da wird gerade gestritten), aber es ist trotzdem ein bisschen, als würde man einen alten Freund wiedersehen. Mir wird gleich am Anfang eine Liege angeboten und ich beschließe, das heute definitiv zu machen… aber noch nicht jetzt. Da finde ich außerdem bestimmt noch einen besseren Preis.

Ich spaziere eine Zeit lang am Strand, lasse mir andere Angebote geben und suche mir auf dem Rückweg das Beste aus. Dort gebe ich meine Tasche nach kurzer Zeit allerdings an der Rezeption des dahinter liegenden Hotels ab. Ich wollte ein bisschen joggen gehen, aber der Typ, der theoretisch „Aufsicht“ über die Liegen und deren Besitztümer hat, klebt an seinem Handybildschirm, während ein paar zwielichtig wirkende Verkäufer zu nahe an meiner Tasche sind.

Nach dem die Tasche sicher ist, jogge ich los. Ich vermisse es ein bisschen, ist schon länger her und der Sand hat optimale Bedingungen. Je weiter ich aber weg von den Hotels komme, desto mehr rückt wieder die traurige Wahrheit in meinen Blick:

Ein halbe Stunde später komme ich zurück, springe in das angenehm kühle Wasser und hole mir dann meine Tasche zurück. Ich creme mich ein und schon kommt der Verkäufer von zuvor, möchte mir etwas andrehen… ugghhh, echt jetzt? Das stört wirklich, ich will mich am Strand entspannen. Ich schicke ihn freundlich aber bestimmt weg, lege mich dann hin und schließe die Augen. Bis jetzt ein absolut perfekter Tag! Die Liege mit Schatten war ihr Geld total wert, ich bleib hier den ganzen Tag.

Da reißt mich eine erneute Verkäuferin aus meiner Entspannung. Ich bin zuerst echt angepisst, weil ich offensichtlich geschlafen habe! Nicht cool. Aber meine Anspannung verwandelt sich in Neugier, als wir ins Gespräch kommen und sie mir ein bisschen von sich erzählt… so dass ich mich am Ende doch breitschlagen lasse, ihr ein paar Armbänder abzukaufen. Die wirklich schön sind und ich gerne als Geschenke weiterreichen möchte. Nachdem wir uns freundlich verabschieden, kommt der Mann von vorher wieder und beschwert sich, dass ich ihm nichts abgekauft habe. Ich erwidere kühl, dass ich lieber Frauen unterstütze, daraufhin fällt ihm nichts mehr ein und für den Rest des Tages hab ich meine Ruhe.

Erst als die Anlage schließt, packe ich meine Sachen und mache mich auf den Rückweg. Genau rechtzeitig für ein paar Sonnenuntergangseindrücke über den Reisfeldern. Und der Büffel ist auch noch da, dazu noch zwei, die grade im Reisfeld baden.

Dann fahre ich entspannt wieder zurück. Man muss echt aufpassen mit dem Verkehr, der zwar fließend ist und im Normalfall sind auch alle aufmerksam… aber die Roller kommen einfach aus allen Richtungen und im Ernstfall, zieh ich den Kürzeren.

Für den nächsten Tag beschließe ich, nochmal Schnorcheln zu gehen. Dafür fahren wir mit einem Speedboot raus auf eine Insel. Da gibt es zunächst eine kleine Stadtführung ( wie immer kauft man bei einer Tour allerlei Zusatz, den man eigentlich gar nicht will, aber es ist halt oft der einzige Weg, irgendwo hin zu kommen). Auf der Insel leben zwei große Indigenengruppen, wir besichtigen gerade die eine, die andere ist auf der anderen Seite. Im Zentrum ist grade ein großes Bauprojekt, ansonsten ist alles ziemlich einfach und ursprünglich. Wer möchte, kann eine Rollerfahrt um die Insel kaufen, dauert nur ca. 45 min. Ansonsten gibt es keine Autos und nur wenige Roller. Wir laufen ein bisschen herum, besichtigen einen schönen Tempel und kehren dann zurück zum Boot, das uns raus zum Riff fährt.

Dann haben wir 45 min Zeit zu schnorcheln… Wow, halbe Tagestour gebucht und letztendlich 45 min Zeit zum Schnorcheln. Aber immerhin. Als ich ins Wasser hüpfe, sehe ich nur wenig, aber wenn man mehr in Richtung Strand schwimmt, wird es besser. Ich sehe viele kleinere Fische, einen blauen Seestern (der war cool) und einen etwas größeren Fisch, der richtig schön braun gefleckt ist, sodass man ihn kaum sieht. Ansonsten ist das Korallenriff an sich auch recht schön, aber letztendlich sind die 45 min auch genug, sooo faszinierend ist es dann auch nicht.

Danach fahren wir zu einem kleinen „Restaurant“ auf der Insel, wo wir ein gutes Mittagessen bekommen. Während die Gäste essen, sind die Touranbieter und die Betreiberfamilie damit beschäftigt, die Affen zu verscheuchen. Die sind zwar süß, aber auch ziemlich frech. Als alle gegessen haben, werden die Reste trotzdem an die Tiere verfüttert.

Dann haben wir noch ein bisschen Zeit auf der Insel. Ich geselle mich zu einer kleinen Gruppe, die ein paar Hängematten entdeckt haben. Das ist ein echt schöner Ort, im Schatten, um dem Meer zuzuschauen.

Genießen können wir es aber nur fünf Minuten… danach kommt eine der Betreiberinnen und verlangt Geld von uns dafür, dass wir die Hängematten benutzen…

… alles was man auch nur irgendwie verkaufen kann, wird verkauft. Ich schüttle den Kopf und stehe auf, gehe zum Strand, spaziere dort, bewundere das schöne klare Wasser. Trotzdem (siehe oben) gehört der Müll dazu.

Dann wird es auch wieder Zeit für den Rückweg.

Am Nachmittag organisiere ich mir eine Busfahrt für den nächsten Tag nach Pleiku. Alle gucken mich komisch an, was will ich denn da? Ich erkläre das Prinzip der Freiwilligenarbeit, das finden alle faszinierend. In meinem Hostel fragt mich die Wirtin richtig aus, findet das Konzept super, will das auch fürs Hostel anwenden. Allgemein sind die beiden Wirte richtig nett zu mir, wir unterhalten uns viel und ich helfe gern weiter. Am Abend gehe wieder zum Markt und hole mir meine dritte Fuhre Bananenpfannkuchen mit Schokosoße, die Frau lacht schon, als sie mich sieht. So einfach, so lecker, ich liebe es! Auch die Leute in der Markthalle kennen mich schon… ist der beste Ort zum Essen, dort wo alle Mamis und Omis ihren kleinen Stand haben, alle sich untereinander helfen und der Preis extrem günstig ist.

Nur einmal gönne ich mir ein Restaurant, auf Empfehlung von der Frau, die mir das Busticket verkauft hat. Es ist eine Neueröffnung, hat momentan noch 50% Rabatt und braucht die Bewertungen. Das hab ich mir gegönnt… und oh mein Gott, was für ein Himmel von Kulinarik! Kann ich nur weiterempfehlen auch mit dem regulären Preis:

Dann wird es Zeit für den Abschied aus der schönen Schneiderstadt. Das war den längeren Besuch wirklich wert. Gegen Abend werde ich von einem Taxi abgeholt, dass mich zur Autobahnkreuzung bringt. Der Bus fährt nur an Hoi An vorbei, ich steige hier an der Autobahn zu. Hmmm, super Ort, um eine halbe Stunde auf den Bus zu warten. Glücklicherweise führe ich eine recht nette Unterhaltung mit meinem Taxifahrer, er ist sehr interessiert über meine Reise und über Deutschland. Da kommt ein anderer Mann vorbei, hebt seine Hand zu einem High Five in meine Richtung. Nebenbei klatsche ich ein… und es passiert, was mir schon so oft passiert ist, er nutzt die Gelegenheit, um ein bisschen Händchen zu halten. Ich entziehe meine Hand und seufze genervt. Meinem Taxifahrer fällt das auf und er fragt nach. Ich erkläre ihm, dass es nicht einfach ist, als Frau zu reisen und man Männern schlicht weg ausgesetzt ist. Das ist ja noch kein Verbrechen, aber trotzdem ein Körperkontakt, auf den ich verzichten könnte. Er versteht. Mein Bus kommt, ich reiche ihm freundlich die Hand und verabschiede mich.

Ab in die Welt des Kaffees!

Liebste Grüße,

Eure Jana

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