An diesem Morgen muss ich mich zu allererst von Mechi verabschieden. Ich bedanke mich bei ihr für die tolle Zeit und wünsche ihr alles Gute. Was für eine tolle Begegnung. Dann holt mich mein Shuttle für die heutige Tour ab. Es ist eine geführte Tagestour zum Aussichtspunkt des Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas. Die Besteigung ist nur was für Extremsportler, da gehöre ich nicht dazu, außerdem geht jetzt im Winter gar nichts. Ich bin mit der Aussicht auf den Berg vollends zufrieden.
Wir fahren raus aus der Stadt und ich beobachte, wie die Sonne die schneebedeckten Berge zartrosa einfärbt. Dann schlafe ich erstmal wieder ein. Erster Stopp ist ein Schnellrestaurants, wo die Gruppe nochmal frühstücken/Tee/Kaffee trinken/sich erleichtern kann. Danach fahren wir erst in die „Pre-Anden, durch einen Tunnel, auf dessen anderer Seite wir von einer traumhaften Aussicht über einen See überrascht werden. Wir dürfen aussteigen und Fotos machen. Es ist sehr kalt… aber herrlich schön.




Es stört nur, dass es ein sehr touristischer Punkt ist. Danach fahren wir weiter durch die Berge, passieren kleine Orte, in denen man im Sommer campen kann, bis zu einem historischen Punkt, wo vor etwa 300 Jahren „San Martin“ die Anden überquert und später Chile befreit hat.
Was hat es denn mit San Martin und der Geschichte auf sich?
San Martin, heißt eigentlich José Francisco de San Martín y Matorras und wurde in Argentinien geboren. Schönes Leben, Offizierslaufbahn der spanischen Armee, aber nach 20 Jahren hat er die Schnauze voll und beschließt Südamerika lieber von den Spaniern zu befreien, als es mit ihnen zu besetzen.
1812 beginnt er eine Armee aufzustellen ohne Hilfe der Staatsregierung (mit wäre echt witzig), 1816 dann die Andenarmee (3500 – 6000 Mann stark). Mit dieser schafft er es allen Ernstes einmal quer durch die Anden zu marschieren (jetzt, wo ich da war, kann ich mir nicht vorstellen, wie das funktioniert haben soll?!) und es gelingt ihm, Santiago de Chile zu besetzen und das Land von den Spaniern zu befreien. Er lehnt das Präsidentenamt zugunsten seines engsten Vertrauten, Bernardo O’Higgins ab (wer in Südchile war, kennt den riesigen Nationalpark, der nach diesem benannt ist). Dann stockt er seine Armee mit chilenischen Hilfstruppen auf und marschiert nach Peru, wo er 1821 Lima einnimmt und Peru ebenfalls zum unabhängigen Land macht. Eine Kooperation mit Simon Bolivar, dem „Befreier“ der nördlichen Länder Südamerikas scheitert aufgrund regierungspolitischer Differenzen, sodass er am Ende zugunsten Bolivars „zurücktritt“. Er stirbt in Frankreich, 1850. 1880 werden seine sterblichen Überreste in die Kathedrale von Buenos Aires überführt.
Eigentlich echt spannend, oder? Nicht alle alten weißen Männer sind langweilig. Das hab ich erst im Nachhinein recherchiert (Ja, auf Wikipedia). Während ich dort war, hatte ich keine Ahnung, was jetzt eigentlich das Besondere daran ist. Jetzt finde ich es echt cool, dort gewesen zu sein.










Unsere Fahrt geht weiter, tief hinein in die Anden. Die Landschaft ist wunderschön, die Berge abwechselnd grau/grün/rot aufgrund der Mineralvorkommen. Ich kann mich nicht sattsehen. Unsere Gruppenleiterin, deutet hier und da in die Berge und erklärt uns „Bilder“ in den Felsformationen. Beispielsweise gibt es kleinen Berg, dessen oberer Teil aus Schwefel besteht und sich deshalb leuchtend gelb von roten Berg abhebt. Aus einer bestimmten Perspektive ist in der Formation ein nahezu perfekter Puma erkennbar. Leider kriege ich kein gutes Foto hin. Aber klar, bei den vielen Farben und Formen fällt es leicht, kreativ zu werden.





Während wir fahren kreuzen wir häufig Schienen- oder Brückenreste. Das ist das, was noch übrig ist von der transandinen Zugverbindung zwischen Argentinien und Chile. (Transandino)
1887 begann erstmals der Bau der Strecke zwischen Mendoza und Uspallata, insgesamt sollte es eine Verbindung zwischen Buenos Aires und Valparaiso (Chile) werden. Funktionierte bis in die späten 70er, dann wurde der Personenverkehr eingestellt. Das Problem war vor allem die Instandhaltung in den Anden, es ist schwer zugänglich und ständig extremem Klima ausgesetzt, was das Projekt nicht grade wirtschaftlich macht.
Die größer werdenden politischen Spannungen zwischen Argentinien und Chile, sowie ein Lawinenabgang nahe der chilenischen Grenze beenden das Projekt 1984 endgültig.
Schade, dass das verfallen ist. Wäre sicher eine tolle Sache für Touristen.
Wir fahren weiter und beschließen zuerst zu Mittag zu essen und dann zum Aussichtspunkt zu fahren. Ich bin etwas überrascht, dass das Essen nicht in die Tour inkludiert ist und ich extra zahlen muss. Da nehme ich mir beim nächsten Mal lieber was mit. Witzig waren de Kloschilder.

(Lindas – die Schönen/ Feos – die Hässlichen)
Nach dem Essen geht es endlich zum heißersehnten Ziel: Dem Aussichtspunkt auf den höchsten Berg Südamerikas. Wir steigen aus… und es wimmelt vor Touristen. Na klar! Der Weg zum Aussichtspunkt ist 400m, leichte Steigung, damit man auch ein echtes Wandererlebnis hat. Und dann sind wir da.
Hier ist er: Der Aconqagua! 6960,8 Meter hoch ist er deutlich zu erkennen.

Ihr erkennt ihn nicht? Okay, ich helf‘ euch:

Ahhh, da ist er ja. Ja, es ist halt ein Berg, offenbar höher als die umgebenden, aber bei mir schlägt jetzt nicht der Hammer der Begeisterung ein. Zwanzig Minuten später sitze ich wieder im Bus und wir bewegen uns zurück. Aber ein Highlight gibt es dann doch noch für mich.
Wir halten an einer kleinen Häusersammlung, die hauptsächlich Handwerkskunst verkaufen. Bei der Hinfahrt fällt mir ein tolles Bild an der Wand auf, dass ich später suche und abfotografiere:

Es ist nicht das einzige:

Auch eine alte Station des Trans-Andenzuges ist zu hier:


Doch die Hauptattraktion ist das:



Die Puente de los Incas (Inka-Brücke). Wir sind hier übrigens auf über 2700 Metern Höhe und ich spüre es ein bisschen im Kopf. Es ist ein Schwindelgefühl und ich merke auch, dass die Luft weniger sauerstoffhaltig ist. Aber alles in allem, geht’s.



Ich übersetze euch grob die Infotafeln:
Es handelt sich hierbei um eine natürliche Brücke über dem Fluss „Cuevas“, der an dieser Stelle heiße und heilende Thermalquellen bildet. Ursprünglich soll es eine Brücke aus Eis gewesen sein aus der Zeit kurz nach den Gletschern. Später haben Lawinen die verschiedenen erdeigenen Materialien zusammengetragen und die Hitze im Frühling hat sie für ewig stabilisiert. Im frühen 20. Jahrhundert wurde ein Kurhotel über die heißen Quellen gebaut, jedes Zimmer hatte ein eigenes Thermalbad. Das Hotel wurde später von einer Lawine zerstört, die Überreste sind noch erkennbar. „Inka-Brücke“ heißt es, weil die Inkas die ersten waren, die die Thermalbäder dort für sich genutzt haben. Die Brücke besteht aus verschiedenen Sedimenten und diversen Salzen. Die Brücke war einst Teil des andinen Straßensystems, was viel von ihrer natürlichen Form zerstört hat, weshalb man sie heute nur noch anschaut und nicht mehr überquert.
Wunderschön, oder? Ist die Natur nicht eine unschlagbare Künstlerin. DAS ist für mich das wahre Highlight der Tour.
Ich laufe ein bisschen über den Markt, wie immer gibt es viele wunderschöne Dinge zu kaufen, aber ich bleibe brav und schaue mich nur um.
Dann ist es wieder Zeit für den Bus und den Rückweg nach Mendoza. Ich genieße die Sicht auf die Berge, bis das Land wieder flacher wird und das Tageslicht verschwunden ist. Gegen acht Uhr abends werde ich an meinem Hostel abgesetzt. Es war ein schöner Tag, aber die lange Busfahrt, die kurze Zeit und die vielen anderen Touristen sind nicht wirklich mein Stil. Leider ist es meine einzige Möglichkeit, die entlegenen Nationalparks zu erreichen, da ich kein eigenes Auto habe. Also Augen zu und durch.
Heute bleibe ich ein kleines bisschen länger wach. Warte darauf, dass die Zeit vergeht.
23:57, 23:58, 23:59, 0:00…
… Alles Gute zum Geburtstag, kleine Weltreisende!
Liebste Grüße
Eure Jana
P.S. Geburtstag war schon im Juni, also keine Gratulationen mehr nötig 😉
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