Hallo meine liebsten Mitleser*innen,
nach meinem Ausflug in ein Land vor unserer Zeit lasse ich den nächsten Tag ganz entspannt angehen. Check-out ist um 11, sodass ich mich vor 10 nicht aus dem Bett bewege. Ich packe meine Sachen, checke aus, frühstücke ganz entspannt und setze mich dann seit Urzeiten mal wieder an den Blog. Damit verbringe ich auch fast den halben Nachmittag, bis ich mir endlich einen innerlichen Tritt verpasse und mir San Juan anschaue. Zuerst hole ich mir mein Busticket nach Catamarca, der Bus geht erst um 23 Uhr, ich habe also noch den ganzen Tag. Ich schlendere in Richtung Zentrum und gehe von Stadtpark zu Stadtpark, von denen San Juan wirklich viele schöne hat. Viel anderes mache ich an dem Tag nicht, ich lasse einfach die schöne Innenstadt auf mich wirken.























Später finde ich noch eine schön hergerichtete Passage, die mich ein bisschen an Washington D.C. und den Reflecting Pool erinnert.












Ich will mich gerade auf den Rückweg machen, als ich in einem öffentlichen Kulturgebäude himmlische Stimmen höre. Ein Chor singt in einem Nebenraum, der voll ist mit Leuten. Ich schleiche mich dazu und genieße den wunderschönen Gesang. Während ich die Singenden beobachte, werde ich an meine alten Chorzeiten erinnert. Alle tragen schwarz mit einem blauen Signaturschal, der die Gruppe als solche kennzeichnet. Da steht der Sopran, der Alt, er Tenor, der Bass… Erinnerungen von Kirchenchor, Schulchor und einigen anderen Zeiten holen mich ein. War das schön!!! Ich lausche den Liedern etwa eine halbe Stunde, dann schleiche ich mich wieder nach draußen und spaziere mit einem Lächeln wieder näher ins Zentrum. Dort beschließe ich, dass jetzt eine gute Gelegenheit ist, um mir ein helles, langarmiges Shirt für die Wüste zu kaufen. Ich werde auch fündig, fühle mich aber trotzdem schlecht, als ich zwei Oberteile kaufe, anstatt einem. Konnte mich nicht entscheiden, fand beides toll. Naja, am Ende muss es ja ich schleppen.
Zurück im Hostel treffe ich Sara wieder und spreche sie nochmal auf die Idee mit dem Auto an. Ich hab’s mir überlegt, ich würde der Sache eine Chance geben. Allerdings wissen wir, das seit längerer Zeit in der Provinz Jujuy Proteste stattfinden, mit denen wir rechnen müssen, wenn wir die Gegend erkunden wollen. Aber langsam, erst müssen wir zusehen, dass wir überhaupt ein Auto bekommen. Sie nickt und wir bilden ein vorrübergehendes Gespann. Ich esse noch zu Abend, tippe noch ein bisschen im Blog und gehe dann zum Terminal, wo um 23 Uhr mein Bus nach Catamarca geht. Sara wird mir am nächsten Tag folgen. Außerdem schreibe ich Katrine und William, die ich in Mendoza kennengelernt habe, ob sie evtl. Interesse daran hätten, mitzukommen. Ich weiß, dass sie in der Gegend sind.
Ein Haufen Organisation steht an. Ich versuche, die Planung ein bisschen zu übernehmen, da ich die Schnittstelle zwischen den Parteien bin.
Ich komme morgens um sieben in Catamarca an. Noch hat nichts offen. Ich vertreibe mir die Zeit mit lesen, gebe dann mein Gepäck ab und laufe gegen acht in Richtung Stadt, als die ersten Cafés aufmachen. Ich bleibe kurz am Stadtpark hängen, der wirklich schön aussieht und hinter dem eine große, rosarote Kirche steht. Außerdem gibt’s hier Orangen/Mandarinenbäume, die sehen echt toll aus!








Ich gucke kurz rein, bleibe aber nicht lange. Auf dem Weg zum Café meiner Wahl komme ich am Tourismuszentrum vorbei, bei denen ich mir ein paar Empfehlungen hole, um ein Auto zu mieten. Sie geben mir mehrere Flyer und Kontakte, aber da heute Sonntag ist, werde ich erst am nächsten Tag eine Rückmeldung kriegen. Ich setze mich ins Café, frühstücke, schreibe Anfragen, schreibe mit Sara und Katrine, wo wir genau hinwollen. Sämtliche Anfragen für Mietautos antworten mir mit einer automatischen Nachricht, erst am nächsten Tag wieder erreichbar.
Na gut. Was kann ich hier denn sonst so machen? Ich schaue mir die Flyer vom Tourismuszentrum an und finde zwei Sachen, die ich gerne anschauen würde. Ich zahle mein Frühstück, laufe durch die Stadt zur angezeichneten Bushaltestelle und steige nach kurzer Wartezeit und einem leicht aufgezwungenen Gespräch in den Bus. Wir fahren quer durch die Stadt bis die Häuserblocks sich ausdünnen zu einem Ort, der „Virgin de la Gruta“ heißt. Dort steige ich aus und laufe den restlichen Weg bis zum Ziel. Es handelt sich hier bei um den Fundort einer Marienskulptur, nach der sämtliche Kirchen benannt sind. Man hat den Fundort – die kleine Grotte – in einen Altar umgewandelt, den Vorplatz vollständig planiert und zugänglich gemacht für jede Art von Besucher, sowie Bänke aufgestellt, sodass dort regelmäßig auch Gottesdienste und Messen gehalten werden können. Ein richtig schöner Ort dafür.















Ich bleibe allerdings nicht lange, will ja noch zu dem anderen Ziel fahren. Bald kommt der Bus und wir fahren zurück nach Catamarca. Dort muss erst ein bisschen suchen/warten, bis ich die richtige Haltestelle finde. Währenddessen schreibt mir die Gastgeberin meiner Unterkunft, ob ich nicht doch schon jetzt den Schlüssel holen kann. Ungern, bin grade auf dem Sprung, aber wenn’s nicht anders geht, dann halt jetzt. Sie antwortet so was wie „passt schon, bis später“. Ich fahre also zu meinem zweiten Tagesziel, diesmal aus der anderen Richtung raus aus der Stadt. Es wird bald grüner, waldiger und schließlich setzt mich der Bus auf der Landstraße ab, kurz vor einem schön hergerichtet Campingplatz und neben einem kleinen Museum.
Man nennt es „das verlorene Dorf“ (Pueblo perdito). Glücklicherweise komme ich genau rechtzeitig, in zehn Minuten beginnt die letzte Führung des Tages und man kommt nur mit einer Führung in die archäologische Stätte. Wir warten noch kurz, während vor dem Museum eine kleine Folklore-Gruppe singt und spielt.

Dann geht’s los. Um zum Dorf zu kommen, muss man auf einen kleinen Hügel aufsteigen. Der Ort liegt oben, um nahende Feinde schneller kommen zu sehen und ihnen bereits den Aufstieg als Hindernis zu stellen. Heute ist es nur noch für gut genährte Touristen ein Hindernis. Die Aussicht ist jetzt schon toll.



Oben kommen wir auf einer kleinen Lichtung an, wo die Mauerüberreste des verlorenen Dorfes liegen. Hier hat einst ein Volk gelebt, lange Zeit vor der Besiedlung der Inkas (Prä-prä-Inka). Man weiß kennt weder ihren Namen, noch ihre Sprache, weiß nicht von wo sie gekommen sind und wohin sie gegangen sind. Man vermutet, sie könnten „Cancan“ gesprochen haben, aber das ist sehr unsicher. Die Leute hier nennen sie die „Cultura La Aguada“ und datiert ihre Zeit auf etwa 2050 vor Christus zurück.
Das Dorf ist mit dem Rücken nach Norden ausgerichtet zum Schutz vor Sonne und Wind. Wie die meisten Urvölker handelte es sich um eine Bauernkultur, 1991 kam es zu den ersten Ausgrabungen. Irgendwo hier muss es eine vulkanartige Sprungquelle gegeben haben, deshalb „aguada“ (Volk des Wassers). Die Häuser sind aus Stein und Erde gebaut, man schätzt etwa 50-60 Personen. Überreste der Kultur sind in den Regionen Salta, Tucuman und San Juan zu finden, aber auch in Chile und Peru.
Einem der Gebäudereste fehlt eine Tür. Der Guide weist auf eine Stelle in der Mauer, wo zu erkennen ist, dass es die Tür schon gab, aber dass sie zugemauert wurde… Das Volk hat seinen Ort also aus irgendeinem Grund verlassen, aber mit der Intention zurückzukommen… was nie geschah.





Der Guide zeigt uns einfache Wohnhäuser, eine Galerie?, ein Lebensmittellager und eine Art religiöse Stätte… wo auch Menschen geopfert wurden. Man hat Mumien gefunden, perfekt konserviert durch einen natürlichen Prozess der Austrocknung.




Zum Schluss kommen wir zum Zeremonienplatz, wo der Anführer gelebt hatte. Dort gibt es nämlich mit Abstand die schönste Aussicht.









Die dürfen wir noch kurz genießen, dann geht es wieder nach unten und ins Museum, wo uns der Guide die einzelnen Funde erläutert. Es geht über die Architektur, die Ernährung (hauptsächlich Mais, Hülsenfrüchte etc.), die Kunst, Metall und Keramik, sowie Waffentechnik mit Pfeilspitzen. Einige der Keramikschalen waren Opferschalen mit dem Gesicht des Geopferten aufgezeichnet… bizarr… aber eben eine andere Kultur.








Am Ende bedankt sich der Guide für den Aufmerksamkeit, wir applaudieren und die Leute verstreuen sich wieder. Ich war übrigens die einzige Ausländerin, was mir viel Aufmerksamkeit beschert hat.
Bevor ich das Museum verlasse, frage ich, ob sie ungefähr wissen, wann der nächste Bus zurück in die Stadt fährt. Sie meinen, etwa alle 40 – 50 Minuten. Na, bei meinem Glück habe ich den letzten eh grade verpasst, also gehe ich nochmal kurz zum Fluss, um Bilder zu machen. Es ist echt richtig idyllisch hier.




Dann setze ich mich auf die Bank in der Bushaltestelle (Luxus, dass es sowas überhaupt gibt) und befreie meine Füße aus den Wanderschuhen. Ohhh, das tut gut. Das letzte Mal, als ich meine Füße über 48 h in den Schuhen hatte, war mir eine Lektion. So verbringe ich die nächsten 30 min mit ausgestreckten Füßen und sehe der Sonne beim sinken zu. So lässt es sich angenehm auf den Bus warten. Dann fahre ich wieder zurück in die Stadt, steige aber bald aus, weil mein Apartment näher am Pueblo Perdito liegt, als am Stadtzentrum. Hm, allerdings finde ich die Adresse zuerst nicht. Dort, wo Google den Pfeil gesetzt hat, sind nur andere Hausnr. Erst danach finde ich heraus, dass die Straße nach einem Schulgebäude weiter nach oben geht, dort finde ich das Haus.
Aber es öffnet niemand. Ich warte, niemand kommt. Ich schreibe ihnen, keine Antwort. Mist. Auf meiner Reservierung steht Check-in bis 18 Uhr, es ist 18:45. Kacke, komme ich jetzt nicht mehr rein? Ich lese nochmal die Nachricht von vorhin und verstehe, dass man die auch anders interpretieren hätte können. Im Sinne von, wir erwarten, dass du jetzt kommst. Och, nee oder? Ich hab den vollen Touri-Tag hinter mir, bin müde, habe Hunger und wollte eigentlich für Sara kochen, die bald aus San Juan ankommt. Ich sitze fast eine Stunde draußen, als sich plötzlich direkt neben der Apartmenttür eine Tür öffnet und sich meine Gastwirtin vorstellt. Ich bin überrascht, ich wusste nicht, dass sie nebenan wohnt. Ich entschuldige mich, dass ich zu spät bin, ich hab ihre Nachricht falsch verstanden, doch sie schüttelt den Kopf, nein, nein, alles gut, das hab ich schon richtig verstanden, nur herein.
Ich bin zwar ziemlich platt, aber auch glücklich, dass ich nicht noch ein neues Apartment suchen muss. Was eh schon schwer war, weil mal wieder ein Feiertag ansteht und alle Hostels belegt waren. Aber gut, hier bin ich, alles okay. Ich frage, mit welchem Bus ich hier zum Terminal komme, ich muss noch mein Gepäck abholen. Sie deutet die Straße nach oben, da fahren ganz viele Busse ab. Ich nicke und nach kurzem Durchschnaufen stehe ich wieder an der Haltestelle. Da kommt ein Bus, in dem „TERMINAL X“ steht, das sieht doch gut aus. Ich frage den Fahrer, er nickt, er fährt zum Terminal.
Wir fahren los. Und fahren. Und fahren. Leute steigen zu, Leute steigen aus, wie fahren weiter. Ich gucke zwischendurch mal auf Google Maps, sehe, dass wir weit entfernt sind zum Terminal. Na gut, vielleicht fährt er eine andere Route. Kurz darauf bewegen wir uns schon wieder in Richtung Terminal. Na dann, sicher sind wir gleich dort. Zehn Minuten später sind wir wieder in einer komplett anderen Richtung, am Terminal vorbeigefahren. So geht das vier, fünf Mal, jedes Mal, wenn ich denke: Jetzt sind wir fast dort, sind schon auf dem Weg, biegt der Bus ab. Mir wird kalt, ich hab richtig Hunger und ich werde sauer. Nach fast einer Stunde spricht mich eine Passagierin an, wohin ich den möchte. Ich antworte ihr, sie erklärt, da sind wir schon dran vorbeigefahren. Ich erkläre, sowohl Busfenster als auch Fahrer meinen, ich komme mit dieser Linie zum Terminal. Sie rät mir, lieber nochmal mit dem Fahrer zu reden und sonst umzusteigen. Guter Rat. Ich gehe vor, frage nach, da erklärt der Fahrer, ja, er fährt zum Terminal, aber da kommt er heute spät an, muss ja die ganze Stadt abfahren. Mein Gesichtsausdruck war sicher spannend. Sauer frage ich nach, ob er mich irgendwo rauslassen kann, dass ich mit einer anderen Linie zu meinem Ziel komme, kurz darauf stehe ich auf dem Bürgersteig und könnte schreien. Ich frage beim nächsten Bus GANZ GENAU nach, er meint, er fährt nicht direkt hin, kann mich aber in der Nähe absetzen, er sagt mir Bescheid. Wütend setze ich mich in die erste Reihe, um ihm zur Not ins Gesicht springen zu können. Dabei ist der Mann eigentlich ganz nett, fragt nach meiner Geschichte, ich leiere ihm die komplette Misere hin, er hat Mitleid. Schließlich setzt er mich drei Straßen entfernt vom Terminal ab. Ich beschließe, in dieser Stadt nicht mehr Bus zu fahren und stapfe zu den Bussen, um mein Gepäck abzuholen, fahre dann mit dem Taxi zurück. So eine Odysee für nichts und wieder nichts!
Wieder im Apartment stelle ich fest, dass die Küche nicht sonderlich gut ausgestattet ist und ich eigentlich nur Pizza machen kann. Ich kaufe alles ein, beginne zu schnibbeln, will den Ofen anmachen… Fehlanzeige. Okay, ich probier’s nochmal. Wieder geht es nicht. Ich atme tief durch… und klopfe dann bei meiner Gastgeberin. Sie entschuldigt sich, holt ihren Sohn, vielleicht kann der es reparieren. Er probiert’s, es klappt nicht. Meiner Gastgeberin ist das furchtbar unangenehm und bietet mir an, stattdessen ihren Ofen nebenan zu nutzen.
Alles was ich wollte war Ruhe, für Sara zu kochen und dann bald ins Bett zu gehen. Zehn Minuten später stehe ich in einer fremden Küche, warte darauf, dass meine Pizza fertig wird, während mir fünf Enkelkinder um die Ohren schreien. Natürlich ruft in genau dem Moment Sara an, ihr Taxifahrer findet die Adresse nicht, wo muss sie hin. Ich jongliere zwischen zwei Pizzas und einem Handy hinterher, sodass am Ende irgendwie die fertige Pizza und die fertige Sara und die fertige Jana in der richtigen Wohnung sind. Ich sag’s euch alter… Sara’s Tag war auch recht anstrengend, es hilft, dass wir uns gegenseitig haben. Wir schlingen die Pizza runter, die übrigens kacke schmeckt, wegen des billigen Teigs und schlecht Ofens und fallen dann in unsere Betten.
Morgen wird’s besser!
Liebste Grüße,
Eure Jana
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