Buenos días mis queridos!
Um halb fünf in der Früh kommen wir an… wir waren schneller als gedacht. Das sind drei Stunden, die wir irgendwie totschlagen müssen, bevor irgendetwas aufmacht. Ughhhh…
Bei der Gepäckausgabe unten am Bus, sehe ich eine Jacke an einer Statur, die mir bekommt vorkommt… Als ich den Rucksack sehe bin ich mir sicher und grüße. Maria sieht mich verwirrt an, ist überrascht, aber im ersten Moment völlig sprachlos. Ich verstehe es vollkommen, stelle sie und Ale einander vor und gemeinsam gehen wir erstmal ins Terminal und dort aufs Klo. Dann setzen wir uns auf einen freien Platz und erzählen uns gegenseitig, was uns seit unserem letzten Treffen passiert ist. Es ist ein schönes Wiedersehen und so vergeht die Zeit relativ schnell.
Wir laufen in die Stadt… irgendwie wollte ich auf dem unübersichtlichen Vorplatz kein Taxi nehmen. Im Nachhinein eine blöde Entscheidung, wir waren zu dritt, aber dann war’s schon zu spät. Wir finden ein Café, setzen uns und schauen in die Karte… der Name des Cafés ist mal wieder Programm: WOW! So eine Frühstücksauswahl hatte ich schon lange nicht mehr. Das Café an sich ist auch superschön. Wir lassen uns ein ausgiebiges Essen schmecken, da sieht die Welt schon wieder viel besser aus. Maria hat noch kein Hostel, hier gibt es auch eins, also bleibt sie gleich hier. Wir machen uns auf den Weg zu unserer Unterkunft, wir alle sind ziemlich fertig von Uyuni, auch Maria kommt von dort. Ihre Tour war deutlich besser… sie hat in Chile gebucht. Klar war’s teurer, dafür deutlich bequemer.
Unsere Unterkunft ist ein Traum. Wir kommen zuerst auf eine kleine Terrasse, die vollsteht mit bunten Blumentöpfen. Das Hostal ist schön eingerichtet, die Küche gut ausgestattet… ah, schuldigung, das hier ist ja gar nicht Booking, hab ich kurz verwechselt. Anyway. Ale darf zuerst in die heilige Dusche, ich sage ihr, sie soll sich schön Zeit lassen, ich setze mich derweil zum Schreiben raus. Danach bin ich dran… eine Dusche… so einfach, so eine Wohltat. Nach drei Tagen Wüste ist es ein Traum. Gleich danach lege ich mich zu einer dringend nötigen Siesta hin, aber nicht zu lang. So ganz will ich den Tag dann nicht in die Tonne kloppen. Maria hat auch Lust, so treffen wir uns in der Innenstadt undw wollen noch eine Kleinigkeit essen. Das wird zur Herausforderung, weil es absolut nirgends Empanadas einfach auf die Hand gibt. Also setzen wir uns in ein Restaurant, wo es natürlich ewig dauert, weil das Essen frisch zubereitet wird. Ist ja löblich, aber in dem Fall echt doof, weil das Museum bald schließt. Außerdem hat der Kellner eine Empanada vergessen, als er sie bringt, aber ist jetzt auch zu spät, wir stopfen alles in uns rein, zahlen sofort und hasten ins Museum neben an. Die Tour hat schon angefangen, aber wir können noch rein.
Achso, wo sind wir eigentlich? Sucre ist die offizielle Hauptstadt von Bolivien, nicht La Paz. Der Hauptplatz ist richtig schön und die Stadt hat viele schöne historische Gebäude. Bis jetzt gefällt es uns echt gut. Und jetzt direkt: Wir sind im Schatzmuseum der Stadt. Bolivien hat eine ganz besondere Geschichte, was Edelmetalle betrifft… und eine traurige Vergangenheit bzw. Gegenwart. Tief in den Bergen des Landes liegen riesige Adern aus Silber, Gold und anderen Edelsteinen. In den Minen zu arbeiten ist eine Garantie für ein kurzes Leben. Eine gibt es heute noch zu besichtigen. In Potosi, einer Stadt zwischen Uyuni und Sucre, kann man die Silbermine besichtigen. Man muss den Arbeitern ein Geschenk mitbringen (Sprengstoff oder Schnaps) und es ist wohl ein harter Besuch, psychisch und physisch.
Die größte Mine Boliviens wurde nach der Unabhängigkeit eröffnet, ist aber mittlerweile schon seit über 10 Jahren wieder geschlossen, man kann sie noch zu touristischen Zwecken besichtigen, in der Nähe von Uyuni.
Silber kommt in verschiedenen Arten vor, mal mehr mal weniger rein. Tief in Boliviens Bergen wurden ganze Adern entdeckt mit über 60 Prozent reinem Silber. Die 99 Prozent, die wir heute von unserem Schmuck kennen, entstehen nur durch chemische Reinigungsprozesse, das kommt in der Natur nicht vor.
Der Guide zeigt uns eine ungefähr beinhohe zylinderförmige Lehmkonstruktion mit vielen kleinen Öffnungen. Das ist der Ofen, mit denen schon die alten Incas vor über 1000 Jahren Silber eingeschmolzen haben. Zu diesen Zeiten war der ganze Berg voll mit diesen Öfen und man konnte die kleinen Feuer aus weiter Ferne erkennen. Das muss echt cool ausgesehen haben. Die Löcher sind trichterförmig und sitzen an verschiedenen Stellen, damit der Wind das Feuer gut anfacht. Dadurch wird es bis zu 600 Grad heiß.
Einmal geschmolzen ist Silber ziemlich dehnbar. Der Guide zeigt uns ein „Sieb“ mit verschieden großen Öffnungen und selbst durch die fast unsichtbar kleine Öffnung, zieht sich das Silber durch und bleibt ein ganzer Faden, ohne zu reißen. Das wurde dann in die Kleidung der Leute eingewebt, was wir gleich als nächstes sehen. Feinste Webarbeiten oder filigrane Schmuckstücke… Meisterwerke für sich. Später mischt sich diese Art von Silberverzierung mit dem viktorianischen Stil der europäischen Einwanderinnen und es entsteht eine neue Gesellschaftsschicht, eine Mischung aus dem bolivianischen Indiginen und dem Europäischen… ein Vorbild für die spätere Cholita-Tracht (ausladende Röcke und so).
Wir sehen ein paar Ohrringe, das mit den vier Wert-Edelsteinen verziert ist: Rubin, Smaragd, Saphir und Diamant. Schon als Baby bekommt man erste Schmuckgeschenke, so verbreitet ist die Tradition. Dann wenn die ersten Zähne wachsen (kleiner Löffel), zum 15. Geburtstag (der Tag an dem ein Mädchen zur Frau wird) und natürlich zur Verlobung und Hochzeit. Heiratsantrag heißt auf Spanisch übrigens compromiso, also Kompromiss. Das lass ich jetzt mal so stehen.
Als nächstes sehen wir uns das Gold an. Noch dehnbarer als das Silber, ist in dem Museum ein Spinnennetz aus Gold ausgestellt um zu demonstrieren, wie fein man damit arbeiten kann. Und er erklärt, dass man Gold essen kann, was wir natürlich schon wissen, weil es am Münchner Weihnachtsmarkt als Spezialsorte für gebrannte Mandeln gibt… muss ich dem noch was hinzufügen? Wir leben in übermäßigem Luxus, das mir in diesem Moment als reif für die Psychiatrie erscheint. Die Minenarbeiter verrecken für einen Hungerlohn und in München frisst man Gold… dass sich dann übrigens in nichts auflöst, nur so als Info für alle, Isarpreußen, die ihre Scheiße nach Gold durchwühlen.
Für die, die es doch probieren wollen, der Guide zeigt uns die Technik, mit der man Gold aus dem Fluss auswäscht. Durch langsames Schwenken setzt sich das Gold ab… wenn man nur zwei Gramm findet, sind das über 100 US-Dollar wert. Also wer um die Weihnachtszeit viele Münchner an der Kläranlage sieht, ihr wisst Bescheid.
Danach gehen wir zu den anderen Edelsteinen, bei denen meine Augen anfangen zu glitzern. Vor allem bei einem. Es gibt in Bolivien einen Stein, der einzig und allein hier vorkommt, nirgends sonst auf der Welt. Aber erstmal zur Entstehung, wie geht das überhaupt dass mitten in langweiligem Stein plötzlich was Glitzerndes wächst. Die Edelsteine sind vulkanischen Ursprungs. Im Berg bilden sich kapseln aus verschiedenen Gasen, Wasser und Silicium, die irgendwann aushärten und so die chemischen Verbindungen produzieren, aus denen ein Edelstein wird. Es ist also, als ob man ein Osterei findet und drinnen ist ein Edelstein. Schneidet man die Kapseln auf, kommt zuerst Wasser raus. Die Kapseln gibt es in allen Größen, kleine, mit einem Durchmesser von 5 cm, große mit einem Durchmesser von drei Metern… dementsprechend sind die Kristalle auch riesig.
Das Einzigartige, was hier passiert, ist, dass zwei verschiedene Steine hier zusammenwachsen und eine Farbmischung und einen neuen Stein bilden: den Amatrin. Eine Mischung aus Amethyst und Citrin, dementsprechend gelb und lila… und hier im Land liebevoll „Bolivianito“ genannt.
Zum Schluss bedankt sich unser Guide und leitet uns in den Museumsshop in dem uns hunderte Schätze entgegenglitzern… eine Todesfalle für mich. Glücklicherweise finde ich nichts perfektes für mich. Natürlich bin ich nach dem Museumsbesuch total angefixt, auch einen Bolivianito zu kaufen… aber irgendwie fehlt mir bei den Steinen hier etwas. Am Ende kauft keine was, wir beschließen, es uns lieber nochmal durch den Kopf gehen zu lassen. Zum Abendessen geht es nochmal ins WOW! Wir versuchen auch, einkaufen zu gehen, aber das gestaltet sich schwierig. Supermärkte gibt es nicht, nur kleine Kioske, die außer Keksen und süßen Getränken kaum etwas haben. Es dauert ewig, bis wir das Nötigste finden und Einkaufen gehen wird jedes Mal zu einem Riesenakt. Deshalb ist das Restaurant oftmals schlichtweg die einfachere Variante. Die Burger auf der Karte sahen so lecker aus und das sind sie auch in echt. Gute Entscheidung. Maria bleibt, wir gehen zu unserer Unterkunft und früh schlafen. Das brauchen wir beide dringend.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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