Arrrrghhhh… wenn ich dran denke, könnte ich mich immer noch aufregen!
Hallo erstmal! Ich verspreche, ich versuche mich kurz zu halten!
Eigentlich ist das auch eine Unterwegs-Geschichte, aber es hat sich einfach noch durch den ganzen Aufenthalt von Nepal gezogen.
Also, eins nach dem anderen. Mein nächster Flug führt von Kathmandu nach Neu-Delhi, wo ich umsteigen und mein Gepäck wieder abholen und neu einchecken muss, bevor es weiter nach Qatar geht. Soweit nichts Neues, hatte ich schon, Zeit war auch genug.
Allerdings habe ich im Internet gelesen, dass ich für diese eine Stunde, die ich mich in Indien aufhalte, ein extra Visum benötige, in meinem Fall ein Transit-Visum. Dass ich mit meinem deutschen Reisepass verwöhnt bin und normalerweise problemlos in jedem Land ein Visum bekomme, merke ich jetzt, wo es deutlich schwieriger wird. Ich weiß nicht, vielleicht wäre das ganze Trara übers Internet viel schneller gegangen, aber ich habe mich trotzdem dafür entschieden, wenn ich schon hier bin, dass ich das dann über die indische Botschaft hier in Kathmandu mache. Die offizielle Institution mit Ansprechpartnern wirkte mir da einfach souveräner.
Also bin ich hin und habe mir erklären lassen, wie das mit dem Transit-Visum funktioniert. Das war ganz am Anfang, noch bevor ich nach Kopan bin. Dort hat man mir erklärt, ich kann erst vier Tage bevor ich Indien betrete das Visum beantragen. Das würde dann geprüft und mir rechtzeitig in meinem Pass geklebt. Gut, gesagt getan.
Vier Tage vor Abflug stehe ich wieder vor dem Visumsbüro, fülle meinen Antrag aus, mache mein Foto und werde dann in das „Visa-Center“ der Botschaft eingelassen: Eine überdachte Halle mit Plastiksitzen wie am Flughafen und zwei Schalterfenstern an denen man bedient wird. Ich warte, bis ich dran bin und schildere mein Anliegen. Leider komme ich nicht weit, weil ich hier nochmal eine Gebühr bezahlen muss und zwar in bar, einen sehr genauen Betrag. Aber das ginge heute nicht, weil ihr System den Zahlungsprozess heute nicht verarbeiten kann wegen bla bla… irgendetwas mit einem Feiertag. Außerdem wird mir gesagt, sie bräuchten eine Kopie in Print von meinem Flugticket. Ich bedaure, ich lebe in einem Kloster und kann das Ticket nicht drucken. Sie verweisen mich an die Büros der Fluggesellschaften, dort würde man mir das Ticket aushändigen, aber sie brauchen eine Kopie für den Antrag.
Ich seufze. Also gut. Als Deutsche habe ich viel Nachsicht mit Bürokratie, das wird uns ja früh antrainiert. Also lasse ich mich von meinem nächsten Roller in die Stadt fahren. Tatsächlich sind dort fast in einer einzigen Straße sämtliche gängigen Fluggesellschaften, die von Kathmandu aus fliegen… Am Flughafen sucht man diese übrigens vergeblich! Das ist alles hier. Ich fliege mit Indigo und Qatar Airways, erstere kostet mich ein wenig Recherche, bis ich herausfinde, dass Indigo zu den Indian Airways gehört. Und tatsächlich, es klappt, ich bekomme von beiden einen Ausdruck meines Tickets in englischer Sprache. Die waren auch echt nett!
Dann fahre zurück nach Hause und komme am nächsten Tag zurück, diesmal kann meine Zahlung entgegen genommen werden. Man sagt mir, dass alles am nächsten Tag fertig sein würde. Ich lasse mir das versichern, weil der nächste Tag mein letzter Tag in Nepal ist, am übernächsten Tag geht mein Flug, da brauche ich das Visum. Sie nicken, das klappt. Ich fahre zurück (oder zu Pashupatinath, keine Ahnung) und verbringe meinen letzten Tag im Kloster. Ich hatte geplant, noch ein letztes Mal in Kopan Mittag zu essen und dann pünktlich um eins bei der indischen Botschaft zu erscheinen. Stattdessen erhalte ich während des Mittagessens einen Anruf von der Botschaft, ob ich jetzt kommen könnte. Ich verneine, ich bin noch unterwegs und komme um eins. Damit geben sie sich nur kurz zufrieden, denn als ich wenig später im Taxi sitze, der mich mit meinem gesamten Gepäck beladen zurück ins Hostel bringen will, erhalte ich einen erneuten Anruf, ich müsste gleich kommen. Genervt bitte ich meinen Fahrer, mich statt des Hostels zur Botschaft zu bringen, der nickt, kein Problem.
Kurz darauf stehe ich mit meinen beiden Rucksäcken und der Gitarre im Visa Center. Die Frau am Schalter meint, ich kann alles hier lassen, wir müssen jetzt zu einem Interview in die Botschaft. Ich schaue die Frau fassungslos an. Ihnen ist schon klar, dass ich dort genau eine Stunde am Flughafen bin und nur umsteigen muss? Sie zuckt nur mit den Schultern und geht voran. Ich laufe durch zig Metallscanner, muss mich absuchen lassen, meine Taschen abgeben und warte dann in einem kleinen Zimmer der indischen Botschaft darauf, über meinen Aufenthalt in Indien interviewt zu werden. Die Situation ist so absurd, aber ich habe ehrlich Angst, wenn ich lache, verweigern sie mir das Visum und ich bleibe auf 600 Euro Flugkosten sitzen. Also ertrage ich alles so ruhig wie möglich. Eine Frau im Bürooutfit kommt herein, begrüßt mich und fragt mich, woher ich komme, was ich hier gemacht habe, was ich in Indien mache, wohin ich weiterfliege, etc. Ich beantworte alles in Ruhe und nach 10 Minuten ist sie zufrieden. Ich suche meine Tasche und Jacke wieder aus dem Fach, wo ich es zurückgelassen hatte, während die Frau vom Schalter ungeduldig auf mich wartet.
Zurück im Visa-Center sagt sie mir dann, dass muss jetzt alles noch verarbeitet werden, ich solle am Nachmittag wiederkommen und mein Visum abholen. Ich verkneife mir ein Schnauben. Eigentlich wollte ich am Nachmittag noch ein bisschen shoppen gehen und nicht NOCHMAL in dieses doofe Visa-Center fahren. Aber schön, 600 Euro Flug, es soll nicht am Visum scheitern… Ich rufe mir nochmal ein Taxi und fahre zum Hostel.
Dann gehe ich auf einen kurzen Streifzug durch die Stadt und kehre ca. anderthalb Stunden vor Schluss ins Visa-Center zurück. Der Wachmann erkennt mich schon und grüßt freundlich, ich grüße zurück. Als ich reingehe, erkenne mich auch die Damen. Sie verschwinden kurz darauf in die Botschaft neben an und bitten mich zu warten. Und warte. Und warte. Und warte. Außer mir ist niemand mehr in dem Visa-Center. Es wird 18 Uhr, 19 Uhr, 20 Uhr. Es wird echt kalt, immerhin ist die Wartehalle nur überdacht. Ich bin so sauer und fassungslos über den Aufwand, dafür das ich EINE VERKACKTE STUNDE in das Land Indien einreisen muss. Die beiden Damen vom Schalter waren echt unfreundlich und gegen acht beginnt der Wachmann mir mit einem frechen Grinsen entgegenzuwerfen, dass sie eigentlich schon vor zwei Stunden zugemacht hätten und er nur meinetwegen noch hier wäre.
Ich pfeife ihm mit demselben Grinsen zurück, dass ich alle Vorgaben eingehalten habe und morgen fliege, ich brauche dieses Visum und zwar JETZT!!! Außerdem ist mein Reisepass da drin! Ich kann gar nicht weg. Dass diese Botschaft dermaßen inkompetent ist und mich hier fünf Mal antanzen lässt und sogar interviewt, obwohl ich nur umsteigen will, ist absolut lächerlich! Kurz nach acht kommen die Damen mit meinem Reisepass und dem Visum darin zurück. Es hätte technische Probleme gegeben, hier der Pass und jetzt tschüss! Ich grüße gar nicht mehr zurück, nehme meinen Passe, SCHAUE NACH, ob das Visum drin ist und sehe dann zu, dass ich Land gewinne.
Wow!!! Einfach wow!!! Große Klasse Indien, für verschwendete Ressourcen und absolut unnötigen Aufwand, außerdem waren meine Fahrtkosten für die fünf Fahrten wahrscheinlich höher, als die Visakosten selbst und dafür würde ich euch bis heute gerne eine Rechnung schreiben!
Dazu kommt, dass meine gute Freundin Juanita, die Kolumbianerin nicht so viel Glück hatte wie ich und wegen genau dieses Problems und absoluter Unflexibilität der Behörden ihren Flug NICHT antreten konnte. Und das ist eine Riesensauerei. Allein in Kopan habe ich drei Leute getroffen, die wegen dieser umständlichen Bürokratie einen Flug nicht antreten konnten und deswegen irre Kosten und eine irre emotionale Belastung hatten. Alles für einen Transit! Ganz ehrlich der Aufwand ist mir zu groß.
Ich habe auf meiner Reise einige Erfahrungsberichte von Indien-Reisenden gehört. Die meisten schwärmen von der Kultur, dem Essen, den Farben und den Gerüchen, aber alle haben sich eine Lebensmittelvergiftung in dem Land geholt, nirgends sonst war es so schmutzig und unhygienisch und alle Mädels wurden sexuell belästigt, entweder durch ungefragtes Anfassen, fotografieren (wie mich in Kathmandu), aber als sie im Bikini am Strand lagen und und und…
Ganz ehrlich, Indien hat sicher schöne Ecken, aber nach der Geschichte rutscht das Land ans Ende meiner Reiseliste, auf der noch so viele fantastische Ziele stehen.
Ich steige am Vormittag des 29.12.2023, dem genauen Jahrestag meines Fluges nach Rio de Janeiro erneut ins Flugzeug… also, nachdem ich es durch den Flughafen und die Gepäckkontrolle von Kathmandu geschafft habe, in der scheinbar alles mit Klebeband, Spucke und Gebeten zusammenhält (aber selten freundlichere Grenzbeamte gehabt). Zuerst geht es nach Neu-Delhi, wo ich mein hart verdientes Visum vorzeige, dafür das der Mann nur einen kurzen Blick draufwirft und mich dann durchwinkt.
Ca. eine Stunde warte ich am Flughafen, strecke die Beine aus und checke dann erneut mein Gepäck ein. Weiter geht es nach Qatar und so scheiße die arabischen Emirate mit Menschenrechten sind, so gut sind sie in Flugzeugen und Flughäfen. Der Flug ist sehr bequem, aber ich bin trotzdem echt müde, als ich in Doha ankomme. Dort wird mein Gepäck transferiert, aber ich habe 9h Aufenthalt. Der Flughafen ist so riesig und luxuriös, das ist ein richtiger Kulturschock nach Kathmandu. Aber auch das ist mittlerweile nichts neues mehr für mich, hatten wir alles schon. Kurz darauf entdecke ich das Schild zu einem Yoga-Raum, wo ich kurz versucht bin, hinzugehen, doch dann entdecke ich das Schild für einen Ruheraum. Oh, es gibt einen Gott der Flughäfen und er ist mir gnädig gestimmt. Schnurstracks folge ich der Ausschilderung und stehe kurz darauf in einem Raum mit gekippten Sitzen zum Beine hochlegen, Männer und Frauen haben getrennte Räume und es herrscht Ruhe! Tschakka. Ich suche mir einen Sitz, Steckdose zum Laden gibt es natürlich auch, stecke mir die Kopfhörer ein und lehne mich zurück…
… als zwei Kinder anfangen, im Raum herum zu rennen. Ich bin genervt, das ist nicht euer Ernst! Im Ruheraum. Dann versuche ich Nachsehen zu haben, wahrscheinlich haben die einfach endlos Energie und die Mutter braucht einfach mal kurz Pause. Wenigstens schreien sie nicht rum. Und meine ramponierten Nerven von den tagelagen Busfahrten mit 30 offenen Tik-Tok-Accounts, alle auf voller Lautstärke, schlagen nicht mehr bei jeder Belastung Alarm. Bei der folgenden allerdings schon, den kurz darauf beginnt eine Frau hinter mir zu telefonieren. Und dann melden sich meine ramponierten Nerven und zwar mit der Lust zu töten! Ich warte kurz ab, ob sie das Gespräch von alleine unterbricht, aber sie lacht fröhlich in den Hörer. Dann lasse ich die Tötungslust in meine Augen fließen, drehe mich um und sehe die Frau böse an. Sie bemerkt mich und ich bedeute ihr erstmal nur, ihre verdammte Fresse zu halten, das ist ein Ruheraum. Ich bin festentschlossen, wenn sie weitermacht, die Security zu holen und rausschmeißen zu lassen. Was für eine freche Leistung! Aber was soll ich sagen, ein guter deutscher Todesblick hat gereicht, sie verstummt.
Es dauert eine Weile, bis ich wieder runterkomme – meine buddhistische Philosophie hatte sich in dem Moment auch wieder verflüchtigt. Was ist mit Anstand passiert? Ehrlich? Das kann doch nicht wahr sein!
Irgendwann überkommt mich die Müdigkeit und ich kann vier von den neun Stunden echt gut ausruhen. Dann geht es im nächsten Flug übers arabische Meer und den indischen Ozean. Normalerweise bin ich beim Fliegen relativ entspannt, aber diesmal gab es echt Turbulenzen, bei denen mir der Arsch auf Grundeis gegangen ist. Plötzlich ist mir sich sehr bewusst, dass zwischen mir und dem freien Fall nur ein paar Metallschichten sind. Ich versuche, mich einfach ganz auf den Film vor mir zu konzentrieren und das klappt auch ganz gut. Irgendwann ist es dann auch wieder ruhig und ich kann schlafen.
Wenige Stunden später landet das Flugzeug gegen Vormittag. Ich steige aus und spüre wieder die Hitze des Sommers, die nach dem kühlen Aufenthalt in Nepal wieder sehr willkommen ist. Am Visaschalter drückt mir ein freundlicher Mitarbeiter ohne Umschweife einen Stempel in den Pass und ich halte wenig später meinen Rucksack in der Hand. Überall am Flughalfen sind große Willkommensskulpturen.
Willkommen im Mutterland der Menschheitsgeschichte!
Willkommen in Südafrika!
P.S. So sehe ich nach einem 24-Stunden-Flug und einem Jahr Weltreise aus:

Liebste Grüße,
Eure Jana
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