Morgens bin ich wieder die erste, die wach ist und setze mich an den Tisch zum schreiben. Nach und nach kommt der Rest, es gibt Frühstück und wir brechen mit dem Boot auf. Wir gehen nochmal zu den Affen, da die Neuankömmlinge sie noch nicht gesehen hatten und Maurice, Vera und ich haben nichts dagegen. Im Gegenteil. Wir haben wieder Früchte dabei und sobald wir an die Stelle mit den Affen kommen, klettern sie näher an uns ran.

Ich probiere etwas aus, was Adriano mir beim letzten Mal erklärt hat, lege eine Hand an den Ast nahe dem Affen und halte die andere mit der Banane auf der anderen Seite, sodass der Affe über meine Schulter klettern muss, um an die Banane zu kommen. Was er auch tut, zumindest so halb. Was für ein toller Moment!! Er beißt zwei Mal ab, dann gebe ich ihm die Banane in die Hand und er klettert schnell wieder auf seinen Ast. Ich strahle trotzdem.

Auch für alle anderen ist es wieder ein fantastisches Erlebnis, so nahe an die Tiere zu kommen. Dann gehen wir weiter, tiefer in den Wald, kommen wieder an den großen Saber-Bäumen vorbei. Als wir durch den Matsch stapfen bleibt Vera plötzlich stehen und guckt nach unten. Was ist das denn für ein Wurm?

Wir sehen genau hin… und es ist eine Schlange! Eine Baby-Schlange… ich bin begeistert. Es gibt also doch Schlangen im Dschungel!! Die Besoffskis haben die Schlange übrigens auch gesehen, aber nichts gesagt. Das sind solche Assis, echt!

Adriano erklärt, es handelt sich um eine Baum-Boa, die wird mal zwei Meter groß. Er stupst sie ein bisschen an, damit sie sich in die Blätter zurückzieht. Werd schön groß, Baby-Boa und jag anderen Touristen den Schrecken ihres Lebens ein. Dann gehen wir weiter.

Wir entdecken nochmal eine Herde Eichhörnchenaffen, mindestens zwanzig Tiere, die in den Bäumen umherspringen.Es bricht sogar ein kleiner Kampf zwischen den Männchen aus, das ist ein echtes Geschrei. Maurice macht das Foto des Tages:

Während wir durch laufen, gehe ich mit ein bisschen Abstand ganz hinten, um ein nbisschen mit dem Wald alleine zu sein. Auf große Tiersichtungen hoffe ich nicht, dafür sind wir zu viele und zu laut, aber so kann ich es noch ein bisschen mehr zu einer schönen Erfahrung für mich machen. Bald kommen wir wieder am Fluss raus und steigen ins Boot. An der Anlegestelle schwirren hunderte bunter Schmetterlinge um eine kleine Pfütze, sie saugen dort Mineralien erklärt Adriano. Das sieht man öfter, wenn man am Fluss entlangfährt, aber hier kann ich endlich mal ein gutes Foto machen.

Mit dem Boot geht es zurück, gibt nochmal Mittagessen, dann heißt es Abschied nehmen von Reem, Vera und Maurice. War eine echt tolle Bekanntschaft von Gleichgesinnten in einem besonderen Abenteuer und ich bin sehr dankbar für die schöne Zeit. Der letzte Tag ohne sie wird zu einer Herausforderung für mich und ich bin irre froh, dass mir Jonas noch bleibt, mit dem ich mich auch super verstehe. Denn als die drei gehen, kommen neue an… die besser zu den Partyleuten passen, als zu uns und ratet, zwei davon kommen aus Polen. Ich fliehe in mein Bett, das Abteil hab ich jetzt für mich, wo Vera und Maurice weg sind, die neuen werden auf andere Abteile verteilt.

Zwischendurch fange ich Adriano ab und frage ihn unter uns, ob es möglich wäre, dass ich mit einem Guide heute Abend alleine auf einen kurzen Waldspaziergang gehe. Er nickt, aber das bleibt unter uns. Ich freue mich.

Nachmittags fahren wir zu unserem Übel leider nochmal mit dem Boot raus. Nicht, dass das nicht schön ist, aber das Sitzen tut einfach so weh. Besoffski lehnt sich zurück in den Schoß seiner Angebeteten… so hat er es natürlich bequemer, aber sie dafür Zusatzgewicht. Tolle Beziehung, muss ich schon sagen.

Wir gehen auf Ottersuche und fahren dafür lange den Fluss entlang, tief in den Wald hinein. Der Flussarm wird immer schmaler, das Gestrüpp um uns immer dichter. An einer Stelle biegen wir ab, wo das Wasser sogar noch dunkler ist, man sieht eine genaue Schnittkante im Wasser. Das liegt an den Blättern, erklärt mir unser Bootsfahrer, neben dem ich recht oft sitze. Der Farbstoff darin färbt das Wasser dunkel, wenn sie reinfallen. Wir fahren weiter und weiter, ich beobachte die Natur um uns herum, aber Otter sehen wir keine. Leider eine Leerfahrt.

Wir kehren um. Auf dem Rückweg strahlt das Licht golden in den Wald und später geht die Sonne hinter den Bäumen unter, was ich wirklich schön finde.

Es wäre noch schöner gewesen, wenn zwei Menschen nicht Non-Stop geredet hätten. Jonas ist zwischendurch auch sauer genug und sagt etwas, hilft leider nur kurz.

Der Weg zurück ist lang, man erhofft sich hinter jeder Kurve schon wieder das Camp, aber es geht doch noch weiter. Wir sehen wieder oft den „Madre Vieja“ Vogel, der uns von den Bäumen aus beobachtet. Dann kommen wir endlich an. Ich sehe, wie ein paar von den Neuankömmlingen hinten rauchen… es riecht nach etwas stärkerem als Tabak. Was auch immer, mir ist schon alles egal. Später wird der Platz aber wieder frei, ich setze mich mit Jonas raus und schauen in die Sterne, teilen unser Leid über unsere schlechte Gruppe und fühlen uns so beide etwas besser. Dann gibt es Abendessen und danach löse ich meinen Deal mit Adriano ein… und nehme Jonas mit. Adriano selbst bleibt, aber unser Bootsfahrer führt uns hinaus in die Nacht, ich übersetze für Jonas. Gleich am Anfang sehen wir nochmal die Tarantula, diesmal kann Jonas auch ein gutes Foto machen.

Wir gehen durch den Wald und ich bin endlos glücklich. Es macht so Spaß durch die Dunkelheit zu leuchten, aufmerksam nach Tieren zu suchen, leise durch die Blätter zu schleichen… und es ist auch wirklich leise, weil es nur wir drei sind. Es ist einer der besten Ausflüge des ganzen Aufenthalts. Wir sehen nochmal den Skorpion und darunter, eine Skorpion-Spinne… ein Tier, dass im vierten Teil der Harry-Potter-Filme große Berühmtheit erlangt hat.

FOTOS

Es ist die Spinne an der der Professor die drei unverzeihlichen Flüche ausprobiert… ihr Biss ist sehr gefährlich. Ich bin gefangen in einem Fan-Moment. Wir gehen weiter, sehen noch eine Baumratte, die sich aber schnell verzieht und genießen ansonsten einfach nur den Gang durch den Wald in Ruhe, in Dunkelheit und mit den Sternen, die über uns leuchten. Als wir zurückkommen, sind wir beide happy. Und ich bereit, den Dschungel zu verlassen. Verzeihung, aus dieser schrecklichen Situation mit diesen schrecklichen Menschen zu fliehen. Wir kommen hierher, um Monster zu sehen… aber die einzigen Monster hier sind die Menschen selbst.

Ich gehe früh schlafen, glaube Jonas auch… der komplette Rest säuft sich durch die ganze Nacht, weil irgendjemand Pisco-Sour mitgebracht hat. Glücklicherweise kriege ich davon nichts mit, ich höre es nur am nächsten Morgen. Ich bin irre angespannt, will einfach nur den Tag rumkriegen und raus aus dieser Situation.

Es ist fünf Uhr, als wir mit dem Boot rausfahren. Wir fahren zum größeren Fluss, von dem aus man einen guten Ausblick auf den Himmel und die aufgehende Sonne hat. Zwei aus unserer Gruppe reden ununterbrochen, der Moment wird vollständig zerstört. Jonas und ich fahren sie irgendwann an, ob sie nicht für fünf Minuten ihre Hackfressen halten können. Besoffski stimmt genervt zu, meint aber, wir hätten uns eben eine private Tour buchen müssen. Ich stimme ihm zu, offenbar ist man nichtmal im Urwald sicher von Arschgeigen wie ihm, da hilft nur tief in die Tasche zu greifen und eine Privattour zu genießen.

In diesen fünf Minuten Stille, geht die Sonne auf, was wirklich absolut wunderschön ist…

… und dann geht das Gerede weiter. Wir fahren mit dem Boot zurück zum Camp, wo es bald Frühstück gibt. Frau Bessoffski sagt auf der Fahrt zu Adriano und unserem Bootsfahrer mindestens vier Mal, wie sehr sie sie vermissen werden, weil so tolle Leute wie sie selten in den Urwald kommen. Ich widerstehe der Versuchung nach der Machete zu greifen.

Als ich mir Kaffee holen will (ja, hier gibt’s nicht so viel Auswahl), will mich der neu angekommene Österreicher in ein Gespräch verwickeln, aber ich lasse ihn schnell spüren, dass er mich in Ruhe lassen soll. Er fragt, warum ich so angespannt bin, aber ich sehe keinen Sinn darin, mich zu erklären, am Ende weine ich nur. Ich antworte knapp und gehe dann nach hinten, wo ich meine Ruhe habe, bis das Frühstück kommt. Ich setze mich, esse  und es ist tatsächlich für einen Moment still… und das kommentiert natürlich genau die richtige, Frau Bessoffski: „Alles ist ruhig, niemand redet“ Ich explodiere bei dem Satz fast, schlinge das Essen in mich runter und stehe so schnell wie möglich vom Tisch auf. Trotzdem schafft es der Österreicher noch, mir einzureden, man müsse sich manchmal einfach entspannen, das fällt ja gerade den Deutschen oft schwer…

Selten hätte ich in so kurzer Zeit, so viele Menschen anschreien und/oder schlagen können. Im Nachhinein frage ich mich, warum ich mich nicht hab gehen lassen und mit meiner schlechten Laune, meiner Wut und Frustration nicht die komplette Erfahrung für alle ruiniert habe, so wie sie es für mich ruiniert haben… Ich beschuldige meine Eltern und meine Geschwister, die mich zu einem vernünftigen Menschen erzogen haben. Auch wenn es dafür jetzt mich auffrisst, jede Minute, die ich mit diesen Wichsern im Urwald eingesperrt bin.

Liebste Grüße,

Eure Jana

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