Charlie hatte mir vorgeschlagen, ich sollte doch eine Exkursion zum nahegelegenen Nationalpark machen, da ist wirklich eine spektakuläre Vulkanlandschaft. Ich winke ab. Nee, alter. Ich bin hier, um mich zu entspannen. Ich genieße meinen nahezu eintönigen kleinen Alltag. Volontariate sind wie Reiseurlaub. Meine deutschen Knochen begrüßen die Regelmäßigkeit des Tages und ruhen sich vom sprunghaften Backpackerleben aus. Ich fang jetzt nicht an, hier noch x Exkursionen zu machen. Charlie zuckt mit den Schultern, da würde ich aber was verpassen. Als das Angebot also kommt, sage ich zu.
Um 8:30 Uhr holt mich das Shuttle für die Exkursion ab. Wir fahren erst ein dreiviertel Stunde zum ersten Stopp. Schon nach etwa 15 Minuten in der trockenen Luft bekomme ich einen furchtbaren Hustenanfall, versuche aber alles um es zu unterdrücken… wie unangenehm, alle vollzuhusten, während der Guide Infos zur Umgebung erklärt. Das passiert mir unterwegs einige Male. Während der langen Hinfahrt versuche ich wirklich zu zuhören, aber ich werde durch die Busfahrt so müde, dass ich kaum die Augen aufhalten kann und irgendwann gebe ich der Müdigkeit nach und schließe die Augen. Dann kommt der erste Stopp und die frische Luft weckt mich endgültig, außerdem ist sie Balsam für meinen Hals. Wir stehen auf der Brücke über einer Schlucht, durch die der Rio Grande (also einer, davon gibt’s viele) fließt… die Schlucht und die umliegenden Felsen sind Vulkangestein… es sieht surreal aus und wunderschön:







Ich gehe näher an die Steine ran, berühre die Oberfläche, die ganz glatt ist:





Während wir den Fluss anschauen, fährt eines von diesen Straßenplanierfahrzeugen vorbei, die die kleinen Wellen im Boden wieder plätten. Endlich kann ich mal ein Foto für meinen Neffen machen! Für dich, Mo, liebe Grüße und dicke Umarmung!!


Dabei sollte es aber nicht bleiben. Die Gruppe setzt sich wieder in den Bus und wir fahren weiter bis zum Eingang des Parks. Dort gibt es den ersten Verpflegungsstopp: Der Guide packt Backwaren aus, Croissants, süße Quarktaschen mit Créme oder Dulce de Leche… seeeehr lecker. Dazu gibt es Tee oder Kaffee. Ich höre nebenbei, dass mein sechster Sinn mich nicht getäuscht hat und außer mir noch eine zweite Deutsche dabei ist. Ich halte mich aber im Hintergrund.
Der Parkranger erklärt uns, dass wir bitte nicht die Wege verlassen, unseren Müll mitnehmen und keine Tiere füttern. Alle gehen nochmal aufs Klo und los geht das Abenteuer: National Park Payunia.


Ich bin ehrlich, ich hab keine Ahnung, wo ich grade bin und was ich sehen werde. Charlie meinte, die Tour ist gut, also bin ich dabei. Ich bin schon zufrieden, weil es gutes Essen gab. Und ich gebe zu, dass ich wenig aufnahmefähig bin und beim Guide nur Spanisch verstehe. Also… äh…ja, normalerweise, aber…in dem Fall kostet es mich viel Energie überhaupt was verstehen, weil er sehr schnell spricht und mein Kopf noch halb mit Watte und Schnodder gefüllt ist. Was ich verstehe sind Vulkane und Pampa Negra (Schwarze Pampa)… na das klingt doch ganz gut?!
Die Fahrt ist holprig und kurvenreich, die Landschaft um uns herum wunderschön. Es ist bergig, aber keine hohen Berge. Zur rechten taucht ein höherer Komplex auf, der Guide erklärt, dort sind die meisten Vulkane… insgesamt 12? Die Gegend allgemein ist berühmt für eine hohe Vulkandichte… der Guide nennt ein paar Rekordszahlen, aber ich krieg’s nicht mehr zusammen, sorry… außerdem werde ich schnell abgelenkt… denn vor uns wird die Erde tatsächlich schwarz… tiefschwarz. Vereinzelte gelbe Büschel, später auch Steifen von gelben Pampasträuchern gesäumt und dann wieder reinschwarz… der Boden besteht aus Vulkansteinen… und ich hatte Charlie noch gefragt, was es noch gibt, was ich bis jetzt nicht gesehen hätte… naja, das hier!!!












Wir fahren ein Stück weiter, um zu einem Krater wandern zu können und in die Hauptlandschaft der Payunia blicken zu können… ein schwarzes, trockenes Lavafeld, dass sich kilometerweit in die Ferne streckt. Ich kann wie immer nicht genug Fotos machen:











Dann stehen wir am Rand eines Kraters und blicken in die Tiefe:









Unglaublich schön! Und wirklich außergewöhnlich. Unser Guide macht Fotos von allen… und zwar ziemlich gute:

Auf dem Rückweg bitte ich um einen kurzen Zwischenstopp, um die Wellen im Boden zu fotografieren, die der Wind dort hinterlassen hat… es sieht aus wie ein surreales Kunstwerk… leider fängt mein Handy die Wellen nur halb so schön ein, wie sie wirklich sind, aber bitteschön:


Danach geht es zu einem Ort, den ich schon kenne. Ach nee, heißt nur gleich, ist aber anders: die Tierra de Colores: Anders als die in Perito Moreno, aber nicht weniger spektakulär: Das schwarze Vulkangranulat, bedeckt von roten Steinchen aus oxidierten eisenhaltigen Steinen und die gelben Pampasträucher geben ein Meisterwerk der Natur ab:





Als nächstes fahren wir noch zu einem Aussichtspunkt mit guter Sicht auf einen großen Vulkan in der Ferne.


Dort gibt es auch Mittagessen: Sandwiches, aber jeder darf sich selbst sein Brot belegen und es gibt alles in Hülle und Fülle. So einfach, aber so lecker!!! Danach können wir noch kurz zwischen Vulkansteinen hin und her wandern, bevor es weiter geht. Wir halten noch kurz an zwei Fotostopps, einer davon heißt das „Museum“, wo es einige seltsam aussehende Steine zu sehen gibt. Manche sehen aus wie Tiere, andere einfach sehr abstrakt:







Und unser Guide lässt wieder seine Fotokünste walten:

An diesem Ort ist auch nochmal ein richtig guter Aussichtspunkt über die schwarze Pampa. Es ist wunderschön:








Dann geht es zurück zum Ausgangspunkt, wo wir alle nochmal auf die Toilette können. Unterwegs habe ich mich doch ein bisschen mit der Deutschen ausgetauscht, die eine ganz nette ist. Ihr Freund ist Spanier… und spricht fast perfektes Deutsch… ich bin schwer beeindruckt. Wir unterhalten uns sehr gut.
Einen Stopp gibt es noch: eine kleine, einsam gelegene Farm. Ich bin überrascht und folge den anderen in das einfache Bauernhaus. Draußen auf dem Hof laufen Hühner und Truthähne herum, von weitem sehe ich, wie die Ziegenherde heimgetrieben wird. Außerdem gibt es große Brotöfen aus Stein/Lehm.





Im Haus setzen wir uns an einen langen Tisch, bekommen erneut Tee/Kaffee und die Hauswirtin bringt uns Tortas Fritas… die schwer mit etwas deutschem zu vergleichen sind… vielleicht wie ein flacher Krapfen, aber eher salzig als süß und soo lecker, dass ich mir erklären lasse, wie man das zuhause macht. Relativ einfach, aber ich werde es trotzdem nochmal im Internet nachschauen müssen. Während die anderen reden schaue ich mich in dem Raum um. Neben dem großen Tisch ist die Küche, ansonsten gibt es nicht viel, es ist sehr schlicht. Aber die Wände sind voll mit gerahmten Familienfotos von Generationen der Bauern, die hier gelebt haben. Ich fühle mich ein bisschen wie bei Oma zuhause… und trotzdem ganz anders. Nach dem Tee, können wir uns kurz auf der Farm umsehen. Ich spreche noch kurz mit der Hauswirtin, frage sie, wie sie das alles alleine schafft. Sie erklärt mir, sie bekommt immer eine Nachricht vom Reiseveranstalter, sodass sie genug Vorbereitungszeit hat. Ich bedanke mich bei ihr für das leckere Essen, dann sehe ich mich, wie alle anderen auch, noch etwas auf der Farm um. Kühe und Pferde gibt es auch noch… und ein paar Ziegenfüße hängen in der Gegend herum.





Später entdecke ich noch andere Körperteile, aber die sind mir zu eklig für’s Internet. Bei Interesse einfach melden. Tja, hier draußen herrscht eben Realität und keine perfekt verpackte Supermarktware. Ich frage noch, woher sie das Wasser haben… aus den Bergen natürlich. Schönes Leben… aber auch ein hartes Leben.
Es wird langsam dunkel und wir setzen uns wieder auf den Bus für die Rückfahrt. Anderthalb Stunden später, gegen acht, komme ich wieder im Hostel an. Ich schneide mir noch ein bisschen Tomate-Avocado auf und falle bald darauf ins Bett. Was für ein außergewöhnlicher Tag.
Liebste Grüße,
Eure Jana
4 Responses
Das Foto von der schwarzen Pampa (erste Reihe rechts) hätte ich gern als Poster! Wunderschön! TmK
Hätte ich mal ne bessere Kamera mitgenommen… so kriegst du’s als Foto 😀 TmK
Wow, was für ein Farbspektakel! Hätte mir eine Vulkanlandschaft nie so vorgestellt, bin super beeindruckt! 😀
War echt surreal… aber ich war heute auch zum ersten Mal an einem schwarzen Strand… das war auch krass, also krass schön! Hoffe, es geht dir gut und drück dich fest!