Hallo liebe Leser*innen,

endlich kann ich mal den Untertitel verwenden, den mir meine liebe Kollegin schon vor Monaten vorgeschlagen hat (Danke nochmal CD ;-)). Es passt nämlich leider. Diese Tage sind nicht grade die besten meiner Reise. Aber auch die gehören dazu, also auf geht’s:

Es klappt tatsächlich, dass wir gleich das Ticket nach La Paz kaufen, es ist auch deutlich günstiger. Die Gepäckaufgabe ist hier wie am Flughafen, aber wir verstehen das System irgendwie falsch, weil wir das noch nie so hatten. Aber am Ende dürfen wir die Sachen noch in die „Gepäckannahme“ stellen. Das ist das erste Mal, dass wir tagsüber Bus fahren. Blöderweise scheint es auch hier in der Stadt eine Straßenblockade zu geben. Natürlich genau da, wo wir durchmüssen. Die Provinzen streiten sich hier über die Grenzen, deshalb müssen wir eine Umleitung fahren. Der Bus holpert in die Vororte über eine schlechte Straße und mit massig Verkehr. Es dauert ewig. Währenddessen schaue ich mir an, was draußen vorbeizieht. Und bin erneut erschüttert von der Armut und dem schrecklichen Naturzustand. Wieder zieht sich eine grau-grüne Gosse durch den Straßenrand. Rechts und links sind „Bauernhöfe“, also Häuser, die ein paar magere, schmutzige Kühe im Garten stehen haben.

Dabei wirken die Bauernhäuser noch, als wären sie die reicheren Leute. Auf den Flächen weiter draußen, arbeiten die Leute auf den Feldern, größtenteils Handarbeit. Aber dort stehen auch einige Ziegelbauten in Arbeit, die wohl mal große Häuser werden sollen. Dennoch ist es traurig zu sehen.

Nach gefühlten zehn Jahren fahren wieder zurück in die Stadt, aber offenbar war das nötig, um die Blockade zu überwinden. Danach fahren wir raus aus der Stadt und rein in eine schöne Berglandschaft. Ja, Busfotos, ich konnt’s wieder nicht lassen.

Gegen Ende der Fahrt muss Ale aufs Klo, aber die Tür ist zugesperrt. Sie fragt nach, doch der Busbegleiter meint, jetzt nicht mehr, wir sind ja gleich da. Na, hätte man gewusst, dass man ab einer gewissen Zeit das Klo nicht mehr benutzen kann, wäre man vielleicht vorher nochmal gegangen. Damit wird die restliche Fahrt bis nach La Paz für sie eine Qual. Vor allem weil wir nicht „gleich“ da sind und der Bus ewig durch die Ausläufer der Stadt schleicht. Als wir am Terminal ankommen ist die Arme fast am Platzen, sodass ich mich um unser Gepäck kümmere und sie schon mal losrennt. Ich komme mit dem Gepäck nach, dann erleichtere ich mich auch gleich. Unser Hotel ist nicht weit vom Terminal, aber es geht bergauf. Das ist mit den großen Rucksäcken eine Herausforderung, geht aber. Im Hotel gehe ich als erstes duschen und freue mich richtig darauf, endlich mal das Olivenöl aus der Kelterei von Mendoza zu benutzen. Nach der Wüste braucht meine Haut ein bisschen Kur. Nach 10 Minuten suchen stelle ich fest, dass es weg ist. Ich hatte es bei der Wüstentour dabei, weil da selbst meine Hautmann-Kindercreme für meine staubtrockenen Lippen versagt hatte. Und irgendwo dort muss es wohl noch sein. Meine Laune sinkt schlagartig in den Keller. Ich gehe duschen und versuche mich zusammen zu nehmen, aber dass ich das Öl verloren habe, ärgert mich schwarz. Ales liebe Versuche, mich zu trösten, scheitern leider. Danach wollen wir etwas essen gehen. Der Weg führt uns in Richtung Stadtmitte, aber dafür müssen wir über einige viel befahrene Kreuzungen, es stinkt übel nach Abgasen.

Das hatte ich noch gar nicht erwähnt. Während in Argentinien zwar Regeln nicht allzu sehr gelten, aber alle aufeinander aufpassen, ist in Bolivien das Gegenteil der Fall. Jeder fährt wie er will und hält voll auf den anderen zu, bis irgendeiner nachgeben muss oder es zu einem riesigen Chaos kommt. Auch auf Fußgänger wartet keiner, man wartet ewig oder man riskiert sein Leben, während die Taxis auf einen zurasen. Taxis! Hupen einen hier an, immer ständig, es nervt elendig. Wenigstens kriege ich die dummen Anmachsprüche nicht mit, weil ich meistens zu sehr aufs Handy und den richtigen Weg fokussiert bin.

Wir kommen müde und genervt in der Stadt an und entscheiden uns spontan für einen Vietnamesen, der einfach da ist und gute Bewertungen hat. Das Essen ist gut und reichlich war eine gute Wahl. Auf dem Rückweg gleite ich auf dem Gehweg aus und falle hin. Der Boden hier ist so glatt und abgelaufen wie die Sohlen meiner Schuhe, das war keine gute Kombi. Das gibt mir den Rest für den heutigen Tag. Im Hotel angekommen, entschuldige ich mich kurz auf die Dachterrasse und lasse den Tränen freien Lauf. Auch der schöne Blick über die Stadtlichter und ein paar Sterne trösten mich kaum. Dieses Land macht es uns so verdammt hart. Die Leute sind unfreundlich, lügen einen an und verlangen bei einem weißen Gesicht immer den doppelten Preis. Die Städte stinken nach Pisse und Abgasen, überall liegt Müll herum, der Umweltzustand ist eine Katastrophe. Ich hab in dem Moment überhaupt keine Lust mehr auf Bolivien… und auf Reisen allgemein. Wenn es immer nur so anstrengend ist und ich dafür keine positiven Erlebnisse habe, wofür dann das alles? Der Kulturschock hat mich fest im Griff. Ich schicke verzweifelt meinen Eltern eine Sprachnachricht, lasse die Tränen noch ein bisschen raus und gehe dann wieder nach unten.

Wir legen uns einfach ins Bett und schlafen, keine von uns braucht heute noch mehr. Am Morgen gehe ich aufs Klo und merke, dass es meiner Verdauung mal wieder nicht allzu gut geht, diesmal ins andere Extrem. Offenbar hab ich schon irgendwas gegessen, was ich lieber nicht hätte essen sollen. Es widerstrebt mir, hier ständig darauf zu achten, keinen Salat oder Gemüse zu essen, dass ich nicht selbst gewaschen oder geschält habe, auch kein Schinken, Käse kann man eh vergessen, schmeckt nicht und immer überall aufpassen. Eigentlich habe ich nie Probleme mit dem Magen, aber die Bakterienwelt hier ist schlichtweg eine andere und das schlägt eben hin und wieder auf den Bauch. Mein Hals kratzt auch, aber das schiebe ich auf die üblen Abgase, die wir hier ständig einatmen.

Wir beschließen, einen faulen Vormittag zu machen und zappen uns durchs bolivianische Fernsehen. Die Werbungen sind schrecklich, vor allem die für diese Bauchfettweg-Unterhosen (keine Ahnung, wie das heißt). Schreckliches Frauenbild und die Werbung dauert ewig. Dafür gucken wir zwischen durch ein paar Arztserien, unter anderem eine, die ich gut kenne, diesmal auf Spanisch, das ist ganz cool und wir entspannen uns dabei ganz gut. Erst gegen eins setzen wir uns fürs Frühstück auf die Dachterrasse, da schreibt mir noch eine alte Bekanntschaft, dass sie ebenfalls in La Paz ist: Nadine, aus Bariloche. Wir machen ein Treffen für den Nachmittag aus, auf dem Hexenmarkt. Klingt schaurig, ist es auch ein bisschen. Als wir dort ankommen, sehen wir schon die toten Lama-Babies über dem Eingang hängen. In Bolivien ist der Hexendoktor oder der Schamane noch eine sehr reale Tradition. Und ein Babylama bedeuten Glück und positive Energie. Außerdem finden wir in den Hexenständen einige Kräuter und viele Tees, die alles Mögliche bewirken sollen, vor alle Sexualprobleme lösen.

Übrigens fällt uns unterwegs etwas auf, was uns komisch und sehr unlogisch vorkommt:

Kommt auf den Bildern vielleicht nicht richtig raus, aber hier ist Reihe an Reihe ein und dasselbe Geschäft: Optiker, Druckerläden, die komplette Straße entlang, oft fünfmal hintereinander derselbe Anbieter. Ich hab das Gefühl, da ist das Konzept des Kapitalismus noch nicht richtig angekommen.

Da finden wir Nadine und wir begrüßen uns herzlich. Gemeinsam schlendern wir über den Markt, allerdings bewegen wir uns eher in die touristische Richtung, wo es die ganzen T-Shirts, Souvenirs und ähnliches gibt. Wieder hätte ich Lust auf einen Poncho, aber selbst wenn ich den mitschleppe, keiner scheint perfekt zu sein. Nadine hat mittlerweile auch schon eine ganze Ecke zurückgelegt, ist aber ein paar Mal hin und hergeflogen. Wir quatschen viel, während wir durch die Läden schleichen. Aber es ist kein sehr langes Zusammentreffen, sie will später noch in eine andere Richtung, während wir noch ins Museo de Cultura y Etnografia Indigena wollen (Das Kultur- und Ethnografiemuseum der Indigenen).  Also verabschieden wir uns wieder, bis zum nächsten Mal.

Das Museum ist riesig und hat von Keramik über Textilien, Münzen, Kleidung, Masken, Federschmuck und Metalle absolut alles ausgestellt… aber es ist ein bisschen ein Overload.  Und eher wenig allgemeine Beschreibungen zu Kultur, eher nur eine Beschreibung der Gegenstände. Wir stolpern wieder raus, voll bis zum Rand mit Eindrücken und machen uns auf den Rückweg. Heute kochen wir Quinoa mit Gemüse. Schmeckt ganz gut, hat aber einen leichten Eigengeschmack, der auf Dauer schon sehr intensiv wird. Später schlüpfen wir wieder in unser bequemes Bett und gucken einen Film. Das tut gut.

Und damit reicht es für heute,.. der nächste Tag wird nicht wirklich besser!

Liebste Grüße,

Eure Jana

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2 Responses

  1. Ich fühle mich sehr geschmeichelt, dass meine Worte es in deinen Blog geschafft haben und sende liebe Grüße, so von schlecht gelaunter Schwäbin zu frustrierter Fichtelgebirglerin

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