Hallo liebe Leser*innen!

Hier kommt der dritte und letzte Teil von „Hundeleben“.

Wieder schlafe ich wenig, weil mir so viel durch den Kopf schwirrt, außerdem kommen regelmäßige „Bellwellen“, die so laut sind, dass man nicht mehr schlafen kann. Auch Tamara und Keerat sind am nächsten Tag müde. Tamara hustet und schnieft zudem auch noch, sie hat eine fette Erkältung erwischt. Auch das noch.


Laura hat die Frühschicht, Keerat und ich sind am Nachmittag dran. Tamara bietet mir an, am nächsten Tag freizunehmen, da es schwieriger wird, wenn Laura nicht mehr da ist. Ich verneine, besser Keerat nimmt einen Tag frei. Tamara verspricht, dann kann ich am nächsten Tag frei nehmen. Ich nicke, ist okay. Außerdem entschuldigt sie sich dafür, dass sie gestern so aus der Haut gefahren ist. Es ist im Moment echt viel für sie. Ich bin froh, dass sie das sagt und reagiere verständnisvoll. Außerdem bestätigt es mich darin, dass sie nicht aus schlechten Motiven handelt, sondern ihr schlichtweg das Wasser bis zum Hals steht. Wir unterhalten uns kurz, was meine Sichtweise von ihr bessert, außerdem spreche ich mit ihr über meinen Aufenthalt.


Auch wenn ich es mir selbst noch nicht eingestehen wollte, aber ich habe entschieden, zu bleiben. Das sage ich ihr auch. Außerdem erwähne ich, dass es mir am liebsten wäre, die 10 Tage Arbeit, die ich hier verrichten werde, an einem Stück arbeite und dafür vielleicht ein-zwei Tage eher gehen würde. Wenn es für sie so okay ist. Tamara nickt, sie schaut, wie es sich ausgeht mit eventuellen neuen Volontären.
Damit bin ich wohl verpflichtet.

Nach der Schicht treffen wir uns wieder zu dritt, Essen gemeinsam und Keerat verkündet, dass er ebenfalls bleiben wird. Laura ist traurig das zu hören… sie hat mir am Vortag im Vertrauen erzählt, dass sie sich ein bisschen in ihn verguckt hat und gerne mit ihm auf Reisen gegangen wäre. Sie tut mir leid… aber ich bin ehrlicherweise froh, in vier Tagen nicht mit Tamara alleine zu sein.
Am nächsten Tag arbeite ich morgens, Laura nachmittags, Keerat genießt seinen freien Tag. Als ich mit der Arbeit fertig bin, suche ich zusammen mit Keerat die Wäscherei, die Tamara mir erklärt hat. Wir müssen ein ganz schönes Stück weiter laufen, aber dort werden wir fündig. Wir können die Wäsche abgeben und im Nachhinein auch gleich trocknen, alles innerhalb von jeweils einer halben Stunde. Begeistert essen wir erst zu Mittag, werfen die Wäsche dann in den Trockner und trinken noch einen Cappuccino in einem echt hübschen Café. Der Nachmittag ist trotz strömendem Regen richtig schön, wir unterhalten uns lange.


Leider gibt es nochmal Stress, weil Laura Tamara nochmal erklärt, dass sie am Donnerstag nicht mehr arbeitet, sondern da schon abfahren will. Ich habe das ehrlicherweise auch so verstanden, Tamara wohl nicht und sie ist wieder angespannt.
Ich hätte an diesem Donnerstag meinen freien Tag bekommen, biete Tamara aber an, trotzdem zu arbeiten. Tamara ist noch krank, besser ich greife ihr jetzt unter die Arme und nehme später einen Tag frei oder gehe früher, wenn sie wieder bei Kräften ist. Mir ist das lieber so und ich fühle mich noch relativ fit. Tamara ist sehr dankbar.


Keerat und ich legen bei Gelegenheit eine Gitarrenstunde ein. Er hat eine E-Gitarre mit kleinem Verstärker dabei, ich setze mich mit meiner neuen Akustikgitarre daneben. Er ist begeistert, wie ich singen kann, dafür ist er technisch richtig stark und zeigt mir viele neue Griffe, wir haben viel Spaß! Er hilft mir auch ein paar Mal mit dem Wischen im großen Raum… nach und nach kann ich das besser akzeptieren. Tamara hat uns auch Flip Flops für Drinnen gekauft… das verbessert die Situation enorm. Und dadurch, dass ich jetzt regelmäßig rauskomme und einen halben Tag nicht im Haus verbringe, kann ich mich mit meiner Situation arrangieren, zumindest für die zwei Wochen, die ich dort bin.

Irgendwann in der Zeit hätte ich mal fast mein Handy verloren. Wieder einer dieser Schockmomente, diesmal mit einem der drei existenziellen Dinge, die man auf gar keinen Fall verlieren will: Reisepass, Kreditkarte, Handy. Es ist mir einfach aus der Jackentasche auf die Straße gefallen, da wo der Gehweg so rutschig ist, dass man lieber neben den Autos geht. Zehn Minuten später hab ich es bemerkt und tatsächlich unversehrt wieder gefunden. Ich hatte so scheiß viel Glück auf dieser Reise, das war einer der Momente. Aber diese Beinah-Verluste wecken einen immer wieder richtig auf, in Zukunft besser aufzupassen.

Eines Abends sitzen wir drei Volontäre entspannt draußen, als es in einem Käfig neben uns kracht. Das löst natürlich ein großes Gebell aus und auch Tamara kommt nach draußen gelaufen. Wir drei sind total perplex, zeigen Tamara den Käfig, wo es gekracht hat und folgen ihr in die Richtung. Sie geht hinein und holt eine Ratte raus. „Wenigstens keine Schlange“, sagt sie lächelnd. Als ich nachfrage, erklärt sie fast tiefenentspannt, dass die Hunde hier regelmäßig Kobras und andere Schlangen totbeißen… oder umgekehrt. Man sollte meinen, ich wäre jetzt geschockt… aber mal ehrlich, was soll mich den an dem Ort noch schocken? Natürlich bin ich auch noch tagein, tagaus von giftigen Schlangen umgeben.


An Lauras vorletztem Abend sitzen wir zum Abendessen bei dem 7/11-Supermarkt, bei dem man sich Fertiggerichte aufwärmen lassen kann. Wäre mir früher nicht mal im Traum eingefallen, heute wirkt es wie ein Schlaraffenland. Wir essen im Supermarkt an einem kleinen Tisch. Keerat muss etwas früher zurück, weil er ein Online-Meeting hat, sodass Laura und ich mit einem Getränk draußen hinsetzen und noch eine Weile quatschen. Ihr kommen ein paar Mal die Tränen, weil sie das Gefühl hat, hier versagt zu haben und zu schwach gewesen zu sein. Ich schüttle den Kopf. Von uns allen ist sie die Stärkste, weil sie die richtigen Konsequenzen für sich zieht. Das ist genau das Gefühl, was Tamara ihr zur Strafe einreden wollte und das soll sie nicht an sich ranlassen, vor allem, weil es nicht wahr ist. Wir lehnen uns aneinander und tun uns gegenseitig gut. Ich werde sie definitiv vermissen.


An ihrem letzten Abend essen wir nochmal gemeinsam im Restaurant und gehen dann zurück zum Haus, holen meine Gitarre, setzen uns in ihr Zimmer und singen dann zusammen bis spät in die Nacht. Laura hat eine tolle Stimme, hat als Kind sogar für eine Talentshow gesungen. Allerdings ist sie seitdem ein bisschen an Übung verloren und ist ein bisschen unsicher. Ich kann ihr ein paar Tipps geben, was ich mir an Singtechnikerfahrung so angeeignet habe… und als wir zusammen singen geht ihr richtig das Herz auf und sie beschließt, wieder aktiv damit anzufangen. Das ist richtig schön.
Erst nach Mitternacht kommen Keerat und ich zurück ins Haus. Dadurch geht ein großes Gebell los und wir wecken Tamara so nochmal auf. Das tut uns leid, wir putzen schnell Zähne und gehen dann ins Bett… ich sehe vorher nochmal Ratten durch die Küche rennen. Bah Bah Bah….


Die Nacht wird wieder kurz, weil ich ja erst um 1 im Bett war, dann schlecht einschlafen konnte und zur Frühschicht um sieben schon wieder anfange, die Freiläufe zu wischen. Die nächsten Nächte muss ich unbedingt mehr schlafen!
Es passiert schleichend… aber ich gewöhne mich an den Ort. Das Kackekehren wird alltäglicher… fast meditativ. Die Fütterung durchblicke ich jedes Mal mehr… und der Geruch wird tatsächlich weniger, bis ich ihn irgendwann nur noch wenig bis gar nicht mehr wahrnehme. Ich gewöhne mich auch daran, Hundekacke und Pisspfützen im Haus zu sehen und einfach zu umgehen. Und dadurch, dass ich in meiner Freizeit in einem schönen Café sitze, vor mich hin male oder schreibe, komme ich gut auf andere Gedanken. Wenn ich zu den Hunden komme, freue ich mich. Was für wunderschöne, liebe Tiere… wie kann es sein, dass nicht Massen hierher kommen und diese tollen Hunde adoptieren?! Klar haben sie es hier ganz gut, aber wir haben nie Zeit mal mit ihnen zu spielen oder spazieren zu gehen… es ist eine Übergangsphase, bis mal jemand einen adoptiert. Ich würde am liebsten gleich 10 adoptieren, die so herzallerliebst und auch so hübsch sind. Und vor allem die Problemfälle verdienen es am meisten.


Tatsächlich gelingt es mir relativ bald, mit einem der aggressivsten Hunde, Freundschaft zu schließen. Cha-Yen ist ein riesiger Rüde mit schlimmen Hautproblemen, der nur stellenweise Fell hat und ansonsten blanke Haut mit vielen Schuppen. Er knurrt schnell, wenn er schlechte Laune hat… aber als ich ihm vorsichtig und respektvoll meine Hand anbiete, schiebt er sich dagegen und kann kurz darauf gar nicht genug Streicheleinheiten bekommen. Allerdings nur am Kopf, er knurrt, sobald man eine Fläche berührt, die ihm unangenehm ist. Die Art der Kommunikation funktioniert ganz gut.


Eine Hündin, die nur ein Auge hat, tut es mir ebenfalls besonders an. Sie ist eine Schönheit, das Alphatier ihres Käfigs und die Wärme in ihren – ihrem Auge – wenn man sie streichelt, geht einem mitten ins Herz.

Der Großteil der Hunde hat übrigens alle Körperteile… bis auf die Geschlechtsorgane vielleicht.
An einem Abend nutze ich die Gelegenheit, dass ich meine Arbeitsklamotten noch anhabe, um mit den Welpen zu schmusen. Schwerwiegender Fehler, jetzt bin ich natürlich in sie verliebt und sie in mich! Beim Putzen werde ich angesprungen, wie ein wandelndes Leckerli und ich kann nicht mehr böse sein, weil ich sie so lieb hab. Scheiß Welpenaugen!


Laura hat damit angefangen, ihre Nachmittage an einem Café beim Markt zu verbringen. Nachdem sie weg ist, nehme ich ihren Platz dort ein und freunde mich bald mit dem Mädel an, das dort arbeitet. Rosalyn spricht ein bisschen Englisch und bietet mir eines Tages einfach so typisch thailändisches Dessert an, weil sie mich mag. Ich muss nicht mal dafür zahlen, gebe ihr aber ein gutes Trinkgeld. So eine Liebe.

Wir unterhalten uns jeden Tag, wenn ich dort ankomme und sie bringt mir immer wieder ein paar thailändische Spezialitäten mit. Wer mich regelmäßig mit Leckereien füttert, findet schnell einen Weg in mein Herz… Moment, von welchem Tier kenne ich dieses Verhalten?

Eines dieser Leckerlis, ÄHH Snacks! Ist ein… Puh, wie schreibe ich das auf Deutsch… Okay, ich geb euch zuerst das Foto:

Auf Englisch sagt man „Salted Lava Egg Pie“ – also gesalzener Lava Eierkuchen. Außenrum ist es ein bisschen wie ungebackener Kuchenteig, und innen ein wenig wie gekochtes und doch flüssiges Eigelb, aber alles in kühl und dezent salzig. Der Geschmack ist zunächst ungewohnt, aber innerhalb von kürzestes Zeit werde ich total verrückt danach. Die Konsistenz ist unglaublich und ich suche ewig nach Rezepten, das selbst zu machen… Leider scheint das ein ziemlich einzigartiges Produkt zu sein, das so nur eine Firma in Thailand herstellt. Tja, dann muss ich mich wohl daran satt essen. Und das tue ich. Danach sieht man mich selten ohne diese kleinen Küchlein in der Tasche herumlaufen.

Rosalyn lädt mich ein, in ein paar Tagen mit ihr zusammen zu einem Event am Abend zu gehen. Es ist ein Feiertag in Thailand, die Leute setzen Laternen ins Wasser eines Sees, essen und trinken zusammen. Begeistert sage ich zu und bitte sie, dass ich Keerat mitbringen darf. Sie nickt, natürlich gerne!


Im Internet lese ich, dass es sich bei dem Feiertag um eine der größten Feierlichkeiten in Thailand handelt: Loy Krathong. Man feiert es traditionell zum Vollmond des zwölften Monats im thailändischen Mondkalender. Normalerweise ist das im November, manchmal variiert es auch. Insgesamt dauern die Feierlichkeiten drei Tage.
Rosalyn erklärt mir nochmal, es sind keine Laternen, sondern kleine Boote aus Bananenbaumscheiben und Bananenbaumblättern. Darauf stehen Lichter. Die Idee ist, das Unglück auf das Boot zu setzen und von sich wegzuschieben, als Symbol für Neuanfänge voller Freude und Dankbarkeit.


Am Wochenende kündigt Tamara an, dass es schwere Regenfälle geben wird, die mindestens fünf Tage andauern. Sie meint auch, sie kennt den Feiertag, aber bei dem Regen kann es sein, dass es abgesagt wird. Und sie verspricht nicht zu viel. Am nächsten Tag schon schüttet es wie aus Eimern. Zwischendurch gibt es immer wieder mal eine halbe Stunde Regenpause, aber wenn es dann loslegt, schüttet es alles, was runtergeht. Die Freiläufe verwandeln sich in Sümpfe, füttern und Kackekehren wird zur reinen Nervenprobe. Tamara hat große (Blumen-)Töpfe aus Plastik bestellt für die Hunde, damit sie einen sicheren trockenen Ort zum Liegen haben. Hund im Topf… aber anders als man es in Asien kennt. Nur süß, statt süß-sauer… boah, wir sehen uns in der Hölle, alter…

Alle sind angespannt durch das Wetter und noch müder als zuvor. Dazu kommt es regelmäßig zu Stromausfällen, auch durch den Regen. Nachts zieht ein heftiges Gewitter vorüber, das mir ein paar Stunden den Schlaf raubt, so heftig scheppert es. Die Hunde jaulen auch. Ich hab ja Regen zu schätzen gelernt, nach der langen Zeit in der Wüste, aber das ist schon echt viel, vor allem, wenn man draußen arbeiten muss. Ich breche sogar mit meiner Abneigung gegen Plastiktüten zum Anziehen und ziehe eines der Regencapes über, die Tamara vor Ort hat. Jana in der Tüte – dieser Ort lässt mich wirklich alle meine Grenzen vergessen.


Als es am Tag darauf aufhört, bin ich richtig froh. Als ich so vor mich hinarbeite, bemerke ich… das mein Abschied schon wieder kurz bevorsteht. Es fühlt sich an als wäre ich schon Monate dort gewesen und zuvor hatte es sich auch angefühlt, als würde ich das noch Monate lang machen müssen. Aber das ist das Schöne und das Böse an Zeit: Sie vergeht und zwar nur in eine Richtung. Nachdem ich meinen Abschied verinnerlicht habe, freue ich mich aber auch drauf. Zwar hätte ich noch länger gekonnt, jetzt wo ich mich an alles gewöhnt habe, aber die Rückkehr in die Zivilisation ist eine schöne Perspektive. Ich mache mir nur ein bisschen Sorgen, dass alle Leute die Nase rümpfen, wenn ich vorbeikomme, oder bei ihnen im Hostelzimmer bin. Ich rieche den penetranten Geruch nach Hund ja nicht mehr. Aber für andere muss es hart sein!


In meiner letzten Frühschicht bricht ein Hundekampf aus, den Tamara und ich nur mit Mühe beenden können. Und gleich danach büxen mir zwei Hunde aus den Freiläufen aus, das fordert auch noch mal ordentlich Einsatz. Aber spätestens da bin ich richtig froh, dass es meine vorletzte Schicht ist.
Am Nachmittag gehe ich wieder ins Café zu meiner neuen Bekanntschaft. Sie ist gerade dabei, die Schiffe für uns zu bauen, die wir am Abends ins Wasser setzen. Das Endergebnis ist wunderschön:

Ich biete ihr an, zu helfen, aber sie lehnt lächelnd ab. Recht hat sie, ich würde es eh nur verschandeln mit meinem nicht vorhandenen Gefühl für feines Handwerk. Also setze ich mich und schreibe diese Zeilen.

Und ab hier endet der Realzeit-Bericht und ich schreibe wieder die Erinnerungen aus der Vergangenheit.

Am Abend stößt Keerat zu uns ins Café. Auch er ist begeistert von den schönen Bananenbooten. Kurz darauf lernen wir Rosalyns Ehemann und ihren kleinen Sohn kennen. Die süße Familie schließt das Café und verlädt uns ins Auto, dann geht’s los. Wir fahren quer durch die Stadt, bis wir zu einem Park komme. Einen Parkplatz zu finden, ist die erste Herausforderung, denn es ist ziemlich voll. Das Wetter meint es gut mit uns, es hat ausnahmsweise aufgehört zu regnen. Keerat und ich nehmen unsere Bananenboote und folgen der kleinen Familie entlang der Straße und in den Park. Es ist mittlerweile finster, aber der Park ist gut ausgeleuchtet und es sind tatsächlich viele Menschen da. Dort beginnt auch ein großer See, in dem es bereits leuchtet.

Interessiert beobachte ich die vielen Familien, die ihren Kindern kleine Boote geben, Fotos machen und ihnen dann erklären, was sie zu tun haben. Auch wir gehen zum Ufer. Rosalyn erklärt uns, man hält sich das Boot zuerst an die Stirn, schließt die Augen und setzt all seine innerlichen Sorgen und Lasten darauf. Dann setzt man das Boot ins Wasser und lässt es einfach los.

Rosalyn und ihre Familie machen es uns vor und ich beobachte die Menschenmenge, die nach einander, jeder für sich, seine Sorgen ins Boot setzt und loslässt… und wie sich der See so in ein kleines buntes Lichtermeer verwandelt.

Natürlich lassen auch Keerat und ich unsere Sorgen los und setzen unsere Boote ins Wasser. Was für eine schöne Tradition.

Aber ich entdecke auch einige Leute im Wasser, scheinbar in Gummianzügen und Hauben. Rosalyn erklärt mir, dass es sich dabei um arme Menschen handelt, die auf den Booten nach kleinen Geldgaben suchen. Die sind zwar theoretisch an Buddha gerichtet, aber ich schätze mal, die Leute, die sich stundenlang ins Wasser stellen und nach jedem Baht suchen, können es besser gebrauchen.

Wir bleiben noch eine Weile und beobachten das schöne Fest. Dann machen wir uns auf den Rückweg. Wir danken Rosalyn tausendmal, dass sie uns mitgenommen hat. Es war eine wunderschöne Erfahrung für uns, vor allem, von ihr so herzlich eingeladen zu werden. Sie freut sich, dass es uns so gut gefallen hat.

Keerat und ich hatten noch nicht zu Abend gegessen. Spontan hält das Auto neben ein paar Essensständen und Rosa und ihr Mann stellen uns ein Abendessen zusammen à la „Das müsst ihr probieren“, „Das ist total typisch hier“… wir lassen uns nur zu gern inspirieren. Obwohl es ein Umweg ist, setzen sie uns sogar zuhause ab. Wir bedanken uns nochmal und ich verspreche Rosalyn, dass wir uns morgen natürlich noch einmal sehen, bevor ich gehe. Beseelt von dem schönen Abend, beenden wir den Tag und mein letzter Tag bricht an.

Den Vormittag verbringe ich wie immer im Café mit Rosalyn. Die gute Seele hat mich so reich beschenkt: Mit Freundschaft, Interesse, Wärme, Einblicke in ihre Kultur und am Ende setzt sie noch einen drauf: Sie überreicht mir einen kleinen Buddha-Anhänger als Talisman für meine weitere Reise. Ich drücke sie nochmal ganz fest und bedanke mich für alles. Dann wird es Zeit für den Abschied und ich verlasse das Café zum letzten Mal.

In meiner letzten Schicht arbeite ich mit einer neuen Hilfskraft zusammen. Er spricht nur thailändisch, also unterhalten wir uns mit Händen und Füßen. Die ersten zwei Stunden ist nochmal Hundekuscheln dran, das ist ein schöner Einstieg in die letzte Runde. Irgendwann ziehe ich dann mein Handy raus und kommuniziere mit dem neuen über Google-Übersetzer. Schon praktisch, das Teil, so sehr ich es manchmal hasse. Ich erkläre ihm ein bisschen, was wir machen und was der Sinn dahinter ist, außerdem, was wir danach machen (Kacke kehren natürlich).

Außerdem nehme ich in mit zu Adele und Cha-Yen, den beiden bissigen Hunden. Vorher habe ich ihm genau erklärt, wie er sich verhalten soll und es funktioniert wunderbar. Bei Adele setzen wir uns einfach in ihre Nähe, ohne sie anzuschauen oder anzufassen und sie lässt es zu, obwohl er komplett fremd ist. Bei Cha-Yen zeige ich dem Neuen, wie ich den Hund auf mich zukommen lasse und ihn dann vorsichtig berühre. Auch das klappt super. Selbst Tamara ist beeindruckt, dass das funktioniert hat. Ja, Eigenlob stinkt, aber bei diesem Freiwilligen-Job sind meine Erfolgserlebnisse meine Überlebensgrundlage! Und ein bisschen mehr Gestank macht in dem Moment auch keinen Unterschied mehr 😉

Um vier ist wieder große Fütterung, wir kehren ein letztes Mal die Kacke und ich mache hunderte Fotos von den Hunden. Dann ist auch meine letzte Schicht vorbei.

Im Käfig von Asia, der einäuigigen braunen Hündin nehme ich mir ein paar Minuten mehr und verabschiede mich innerlich von ihr. Am liebsten würde ich sie mitnehmen. Ich denke ernsthaft drüber nach, wie ich das hinkriegen könnte, aber wie ich es drehe und wende, ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihr auf meiner unbequemen, spontanen, chaotischen Reise gut gehen würde. Und ich entscheide mich aktiv dagegen, meine Reise ihretwegen zu ändern. Das tut mir bis heute leid… denn keinen Monat, nachdem ich das Hundeheim verlassen habe, hat Asia diese Welt verlassen, ohne jemals etwas anderes als das Hundeheim gekannt zu haben.

Aber selbst unadoptiert war Asia ein Bündel an Freude und Glückseligkeit, sobald man in ihren Freilauf kam. Und dieser Ort hier ist alles andere als perfekt, aber für ein Hundeleben hätte es auch deutlich schlechter sein können. Sie hatte immer Futter, sie war immer sicher und sie war nie allein. Und ich bin sehr glücklich, dass ich eine kurze Zeit dazu beigetragen hab, dass über 150 andere Hunde auch weiterhin dieses Leben führen dürfen… bis sie hoffentlich adoptiert werden.

Am nächsten Tag sind meine Rucksäcke und die Gitarre gepackt und der Uber unterwegs. Ich verabschiede mich von Tamara, die sich ehrlich und sehr freundlich bei mir bedankt und ich mich auch bei ihr, für alles, was sie für die Tiere tut. Auch von Keerat verabschiede ich mich, wir sind in kürzester Zeit echt enge Freunde geworden.

Das große Eisentor öffnet und schließt sich… und ich bin draußen.

Hinter mir… ein Hundeleben?

Darüber denke ich viel nach, als mich der Uber in die nächste Stadt zur Busstation bringt und der Bus viele Stunden zurück nach Krabi fährt.

Liebste Grüße,

Eure Jana

P.S. Spenden kommen hier wirklich am richtigen Ort an:

Paypal: thaistreetpawsrescue

Und folgt thaistreetpaws_dogrescue auf Instagram 😉 Dort gibt’s noch mehr Infos über Spenden, Hunde, Adoptionen usw.

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