Hallo liebe Leser*innen,
Der Bus bringt mich gegen Abend in den kleinen Ort Salento und ich steige zusammen mit vielen Touristen aus. Klar, alle wollen wissen, wo ihre deutsche Lieblingsdroge herkommt und die Wissenschaft dahinter erforschen.
Zuerst wollte ich mich bequem im Dorf einrichten, doch Booking macht mir ein unschlagbares Angebot für etwas, das ich tief im Herzen sowieso viel schöner finde. Das Problem ist nur immer, hin und wieder zurückzukommen, aber gut, probieren wir’s. Zuerst aber erkundige ich mich nach Touren ins Valle de la Cocora, eine bekannte Wanderung der Gegend, wo sehr sehr hohe Palmen wachsen. Die Frau dort schlägt mir einen irre hohen Preis an, geht dann gleich noch mal um ein Drittel herunter, aber ich sage immer noch nicht zu… so teuer kann das doch nicht sein. Als nächstes gehe ich einkaufen und spreche den Verkäufer an, der mir erklärt, dass man dafür keine Tour braucht. Man kauft sich ein Ticket für den Wheelie (ein Jeep-Taxi, das mich dann auch zu meiner Unterkunft bringt) und fährt einfach hin, zahlt den Eintritt dort, fertig. Wusste ich’s doch! Und die bieten eine Tour für den fast zehnfachen Preis an. Natürlich mit Guide, der einem die ganze Gegend erklärt, aber das muss ich dafür nicht haben.








Ich fahre mit dem Wheelie zur Unterkunft, der an ein Safari-Gefährt erinnert, habe eine großartige Aussicht auf die umliegende grüne Berglandschaft und genieße die warmwindige Fahrt. Wir fahren von der großen Straße ab und kommen in einen Nebenort, an dem Finca an Finca liegt (kleine Höfe mit ein paar Tieren, grünen Weiden, großen Gärten mit bunten Blumen und auch Gasthäuser), eine davon die, auf der ich drei Nächte bleiben werde. Endlich mal länger an einem Ort, was für ein Luxus! Der Fahrer erklärt mir noch, wie die Leute hier normalerweise von A nach B kommen, der Wheelie ist nämlich die Luxus-Variante. Normalerweise spaziert man das kurze Stück bis zur Hauptstraße und ruft sich dort einen Bus heran, die alle 10-15 Minuten vorbeikommen. So fährt man bis in den Ort und wieder zurück. Mit der Info bin ich tiefenentspannt und freue mich riesige, mir eine Finca ausgesucht zu haben und nicht ein Hostel im Ort… Es fügt sich eben alles so, wie es sein soll, ich muss mir gar keinen Kopf machen.
Jairo, der Wirt empfängt mich freundlich, zeigt mir mein Zimmer (im alten Kuhstall natürlich, wo sonst?) und den Rest der Anlage, die wirklich zu schön ist um wahr zu sein:






Es gibt auch eine Küche, wo ich kochen kann und einen Pool, den ich gleich danach nutze, um meine Füße ins wohlig warme Wasser zu halten. Überall blühen Blumen, vor allem den schönen Hibiskus mag ich gerne, die Vögel zwitschern, es ist grün und warm und ruhig… ich liebe es, von allen Orten in Kolumbien ist das hier der Schönste! Wieder könnte ich Monate einfach nur hier auf der Farm bleiben, spazieren, ab und an ins Dorf fahren zum Einkaufen und ansonsten einfach… sein. Für jetzt aber beende ich den Tag früh, gehe in mein Zimmer, das zwar für vier gedacht ist, aber ich hab’s für mich, gerade ist nicht viel los. Es ist mal wieder ein stupider Filmabend nötig, den gönne ich mir und schlafe bald darauf ein.
Am nächsten Tag stehe ich früh auf, frühstücke und fahre dann ins Dorf, wo ich mir ein Ticket für den Wheelie kaufe. Zusammen mit 12 anderen und noch dem Fahrer fahren wir los ins Valle de la Cocora. Am besten haben es die drei Jungs, die hinten auf einer Stange stehen und das ganze aus einer besonders schönen Perspektive erleben, aber sich auch gut festhalten müssen.

Wir fahren durch die wunderschöne Hügellandschaft, an der wir einige Kaffeeplantagen und auch schon einige von den Palmen sehen. Dann setzt uns der Wheelie an einer kleinen Ortschaft ab, dort beginnt der Weg, der recht gut markiert und ausgeschildert ist. Man muss zweimal einen Eintritt zahlen, einmal unten und einmal weiter oben, aber der fällt kaum ins Gewicht. Die Wanderung ist ein Traum. Zuerst geht es über voralpenartige Kuh- und Pferdeweiden…









Dann geht es in den Dschungel…







Immer am Fluss entlang, man passiert auch einen tollen Wasserfall…




… dann steigt das Gelände langsam an und der anstrengende Teil beginnt. Ich freue mich, wieder auf Wanderung zu sein, aber merke auch, dass ich langsam wieder Wanderkraft aufbauen muss. Die Strecke ist gut machbar, aber problemlos hochrennen geht nicht bei mir. Es dauert aber nicht allzu lang, dem Gefühl nach hat der anstrengende Teil des Aufstiegs keine Stunde gedauert. Oben angekommen setzt man sich vor ein kleines Haus und genießt die Aussicht auf die gegenüberliegenden Berge. Es ist kalt, der Wind pfeift wie in Patagonien und alle ziehen ihre Jacken drüber, auch ich… aber ich hab noch ein kleines Zaubermittel dabei:








Ich fürchte, das ist vorerst das letzte Mal, dass ich den benutzen werde, im feuchttropischen Klima sind mir heiße Getränke schlichtweg zuwider.
Irgendwann wird es dann doch zu kalt und ich will auch weiter. Man geht am Häuschen vorbei und auf der anderen Seite wieder hinunter, ganz entspannt, relativ flach. Diesmal ist es ein recht „normaler Nadelwald“, der danach immer laubiger wird und dann kommt man zum ersten Aussichtspunkt auf das „Valle de la Cocora“, das einfach nur spektakulär ist:








Mein Handy macht’s ein bisschen extragrün, das kann ich nicht ändern, aber der Ton kommt schon ungefähr hin. Es ist immer noch windig, man muss gut aufpassen, dass einem nichts wegweht. Ich finde jemanden, der ein paar Fotos von mir macht, dafür mache ich auch ein paar Fotos von ihr, solche Deals sind immer super!





Wahnsinnig schön. Dann gehe ich langsam weiter. Blöderweise geht es mir mal wieder nicht gut und ich verstehe nicht warum. Es ist nicht das Essen, es kann auch nicht wirklich die Höhe sein, wir sind relativ niedrig… vielleicht die Anstrengung gemischt mit ein bisschen After-Teein-Tief (Mate mit aufputschender Wirkung hat natürlich auch den Abfall danach). Leider wird das mulmige Gefühl immer stärker. Man kommt noch an einem großen Aussichtspunkt auf das Tal vorbei, dort liegen viele Leute in der Wiese, machen Pause, genießen die Aussicht. Die Gelegenheit nutze ich, lege mich unter einen Baum und schließe die Augen. Ich bleibe eine gute Stunde dort, bis es ein bisschen besser wird.
Doch als ich weiterlaufe, kehrt das unwohle Gefühl zurück und es wird eher schlechter. Ich gehe langsam, sobald ich kann, gehe ich im Schatten, nehme trotzdem noch die letzten schönen Eindrücke mit und versuche positiv zu bleiben und die Wanderung dennoch zu genießen. Das klappt.













Nur als ich an der Wheelie-Wartestation ankomme, muss ich stehen. Das findet mein Körper gar nicht cool. Ganz schwer zu beschreiben, was da falsch ist. Es kommt vom Bauch oberen Bauch aus, brennt, mir ist Übel, mein Kopf schwirrt und ich hab Atemschwierigkeiten. Zusammen mit ein paar anderen müssen wir fast eine halbe Stunde warten, bis der nächste Wheelie kommt, in der ich schwer zu kämpfen habe, stehen zu bleiben, zum Sitzen gab es auch irgends etwas und ich hatte ehrlicherweise Schiss, danach nicht wieder hochzukommen. Während der Fahrt wird es ein bisschen besser. In der Stadt kaufe ich noch schnell ein paar Lebensmittel und fahre dann schnell zurück. Zwischendurch ist es immer mal wieder besser und mal wieder schlechter, ich weiß bis heute nicht, was es war, tippe aber auf allgemeine Überanstrengung. Ich gehe wieder sehr früh ins Bett, esse kaum, schlafe wenig, zwischendurch überlege ich ob’s Migräne oder ein Magengeschwür sein kann – total unterschiedlich aber man sucht einfach überall nach einer Erklärung – und überlege, einen Arzt aufzusuchen… aber soo schlimm ist es dann doch nicht und nachdem ich mich viel ausgeruht habe, ist es auch deutlich besser.
Ich beschließe, am nächsten Tag eine Pause einzulegen und noch nicht , wie eigentlich geplant, zur Kaffeefarm zu gehen. Die liegt hier gleich um die Ecke, das kann ich auch am nächsten Tag noch machen. Stattdessen bleibe ich lange im Bett, sitze nur ein bisschen draußen zum Essen und gehe spät am Nachmittag bei perfektem Wetter eine wunderschöne Runde spazieren, wo ich ein zauberhaftes Pferd, süße Kühe und kläffende Hunde kennenlerne. Es ist, trotz krank, sein, wunderschön.
















Abends fahre ich nochmal in die Stadt, muss Wasser nachkaufen und irgendwie fände ich es schön, hier mein Kolumbien T-Shirt zu kaufen. Und ich finde ein ganz tolles, das ich glücklich mitnehme. Als ich zurückfahre ist es finster und ich laufe unter tausenden Sternen und hunderten Glühwürmchen zurück zu meiner Finca. Es ist einer der schönsten Nachtspaziergänge, die ich je hatte. Müde falle ich ins Bett.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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