Hallo meine Lieblingsleser*innen, weiter geht’s!

Valladolid ist nicht mehr als eine Kleinstadt, die mir auf Anhieb gut gefällt. Die Berühmtheit ist allerdings noch ein paar Kilometer entfernt, Valladolid ist nur das Zugangsportal. Ich laufe über den Kirchplatz, ein paar Straßen entlang bis zu meinem Hostel. Das „Alena“-Hostel, was ich gleich an meine liebe Ale schicke, ist eine tolle Unterkunft, allerdings sind gerade Reparaturen im Gange, sodass ich für’s Klo in ein anderes Gebäude muss. Aber die Leute sind supernett, ich fühle mich wohl.

Ich stelle alles ab und laufe noch ein bisschen durch die Stadt auf der Suche nach Einkäufen, Sehenswürdigkeiten und Möglichkeiten, so günstig wie möglich zu der Berühmtheit zu kommen. Tatsächlich werde ich in allem fündig. Es gibt einen Minibus-Service der mich relativ günstig und gut organisiert hin- und zurückbringt. Ich hatte auch überlegt, ob es nicht Zeit wird, Rollerfahren zu lernen. Ich hab auch nachgefragt, aber man empfiehlt mir, es hier lieber nicht zu probieren, der Verkehr kann sehr chaotisch sein dort. Das will ich dann lieber doch nicht riskieren. Zuletzt frage ich dann noch in einem Fahrradverleih nach Preisen und plane eine kleine Tour für meinen zweiten Tag hier.

Und zum Schluss besuche eine Besonderheit der Natur, die es hauptsächlich hier auf der Yucatan-Halbinsel in Mexiko zu finden gibt: Eine Zenote! Noch hab ich keine Ahnung, was das genau ist, aber als ich davorstehe kriege ich Gänsehaut:

Ein tiefes Schwimmloch, mit klarem Wasser, halb überwölbt von einem Felsen, von dem lange Wurzeln nach unten wachsen. Ein Wasserfall sprinkelt von oben herab. Es sieht absolut märchenhaft aus. Davon gibt es hier eine ganze Reihe und ich bin fest entschlossen, ein paar davon zu besuchen. Auch diese, aber nicht mehr heute.

Dann erkläre ich den Tag zufrieden für beendet, koche zu Abend, bereite mein Essen für den nächsten Tag vor und falle dann ins Bett.

Am nächsten Tag läuft alles wie geschmiert und ich stehe gegen neun Uhr vor einem der Weltwunder der Moderne: Die Pyramide von Chichen-Itza.

Mein Herz klopft, ich freue mich riesig und gehe zum Eingang… nur um dann rückwärts wieder rauszustolpern und zu überlegen, ob ich für den Eintritt wirklich rein will. Mein Budget ist deutlich im Minus und das ist nicht meine einzige Mayastätte… bin ich wirklich bereit 45 Euro dafür auszugeben? Zähneknirschend ringe ich mich doch dazu durch, auch wenn es meinem Budget wehtut. Aber ich bin extra dafür nach Valladolid gekommen, dann werde ich jetzt nicht wieder zurückfahren.

Ich möchte auch wieder eine Tour, dafür finde ich eine Gruppe, sodass wir uns den Preis für den Guide teilen, der nach ein bisschen handeln auch passt.

Kurz darauf erfahren wir, warum es hier so teuer ist: Chichen Itza ist größtenteils in Privatbesitz, weshalb man am Eingang auch zwei Tickets kaufen muss: Ein bisschen für den Staat und der Großteil für den Eigentümer, der das Gelände damals für einen Spottpreis erworben hat.

Wir folgen dem Weg zusammen mit vielen anderen Touristen. Ich bin ein bisschen schockiert, weil der Weg eine einzige Marktstraße ist. Von überall wollen uns Händler an ihren Stand locken. Wir kommen am Hauptplatz an und ich sehe, dass das gesamte Gelände ein riesiger Marktplatz ist. Wow. Dann fällt mein Blick auf die Hauptattraktion. Okay, die Pyramide ist schon ziemlich cool! Das war das Geld wert.

Insgesamt sind das drei Pyramiden übereinander gebaut und im Kern befindet sich eine Zenote. Zenoten waren für die Mayas eine Verbindung zur Ober und Unterwelt, dort wurden oft Rituale und Opferungen praktiziert. Auch hier erklärt der Guide, dass alle 52 Jahre ein neues Zeitalter beginnt und dafür eine neue Pyramide gebaut wurde, diese hier wird auf 400 n. Chr. datiert. Der Guide in Tikal meinte zwar etwas von 20 Jahren, aber irgendwie vertraue ich diesem hier mehr. Er erklärt auch, dass die Pyramide ein Kalender ist.

Alle vier Seiten haben eine Treppe mit exakt 91 Stufen. Es sind neun Plattformen, repräsentierend für die neun Unterwelten in der Maya-Religion, jede Plattform hat drei große Rechtecke eingraviert. Die Plattform, die als Grundbasis dient repräsentiert die Zahl „null“. Die Mayas waren die erste Hochkultur, die die Zahl 0 verwendet hat. Der Guide rechnet uns alle Bedeutungen der Pyramide zusammen, sodass man insgesamt auf 52 Jahre, inklusive der Schaltjahrdifferenz kommt (nullte Plattform). Wie genau… hab ich leider vergessen, aber es war faszinierend. Wie hochintelligent dieses alte Volk war und wie kreativ, ihren exakten Kalender in eine Pyramide zu bauen, alle mathematischen Problem berücksichtigend. Es ist Intelligenz und Schönheit in ihrer höchsten Form, architektonisch visualisiert… vor über 1500 Jahren.

Gewidmet ist die Pyramide dem Hauptgott der Mayas: Kukultan. Der Name ändert sich mit dem Dialekt in Guatemala und Nordmexiko ein bisschen, bezeichnet aber denselben Gott: Eine gefiederte Schlange. Solche sind auch an den Geländern der Stufen gebaut, die natürlich wieder den Schalleffekt eines Vogelrufes haben, wenn man davor klatscht.

Wir gehen weiter zum Kriegertempel, der mit Säulen übersät ist. Die Säulen stehen für die einzelnen Krieger der Totek, einem maya-verwandten Volk, die den Mayas die Kriegskunst nähergebracht haben. Auf vielen Säulen sind auch Abbilder der Krieger eingraviert, sowie Kriegs- oder Opferrungsszenen.

Auf der oberen Plattform des Tempels steht die Statue des Boten. Ist von unserer Position aus schlecht zu sehen, aber man darf nicht auf den Tempel aus Schutz vor Zerstörung, was ich vollkommen verstehe. Glücklicherweise steht anderswo eine etwas schlechter erhaltene Version herum. Das ist der Bote:

Die Statue kommt bei einer Opferzeremonie zum Einsatz. Vorsicht Beschreibung folgt:

Die Opferungen von Tieren und Menschen waren hauptsächlich für Fruchtbarkeitsrituale: Man bittet die Götter um gute Ernten, gutes Wetter, Wohl- und Fortbestand der eigenen Kultur. Dafür opfert man ihnen etwas Wertvolles: Ein Leben. Pro Jahr gab es mindestens vier solcher Rituale, später immer dann, wenn es eben nötig war. Grundsätzlich waren die Maya ein sehr friedfertiges Volk, die häufigen Menschenopfer und Kriege untereinander kamen erst in der Postklassik mit dem Einfluss der Totekkrieger. Für die Zeremonie wurden dem Opfer Arme und Beine zusammengebunden, die Brust aufgeschnitten und das Herz herausgenommen. Dieses wurde dem Boten in die Hände gelegt, der das Herz symbolisch den Göttern übergibt. Der Guide wiederholt auch nochmal, dass das Opfer oft bereits auf harten Drogen war. Außerdem war der Glaube weit verbreitet, dass die Seele nicht verloren, sondern wiedergeboren wird.

Anders bei dem nächsten Ort, zu dem wir gehen: Der Friedhof der Kriminellen. Anders als die Azteken haben die Mayas keine Gebäude aus den Köpfen ihrer Feinde/Kriminellen gebaut. Aber Gesetzesbrechern wurde schon der Kopf abgeschlagen und öffentlich ausgestellt. Das war eine Demütigung für den Delinquenten und vor allem war so keine Reinkarnation mehr möglich. Der Guide zeigt uns eine kleine Mauer, in den Totenköpfe eingraviert sind, als Mahnmal.

Ich frage, ob man zum Bau der Pyramiden Sklaven eingesetzt hat. Der Guide bejaht, aber nicht es wurde nicht gern gesehen. Die Pyramiden waren heilige Stätten, die nicht von der niederen Hand eines Sklaven errichtet werden sollte.

Der Guide führt uns zum letzten großen Schauplatz: Ein riesiges Stadion.

Wir beginnen mit einem besonderen Detail, bevor er uns den Sinn und Zweck des Stadions erklärt. Am Kopf befindet sich ein „kleiner Tempel“ in dem man ein besonderes Relief findet. Er zeigt uns ein Bild, leider hab ich kein Foto davon. Das Relief zeigt eine Szene in der ein besonderer Mann vorkommt: Ein Mann mit Helm und Bart. Das ist ungewöhnlich, die Mayas sind immer haarlos dargestellt und Helme haben sie nie benutzt: Ist der Mann auf diesem Bild ein Wikinger?

Ich finde diese Entdeckung bahnbrechend! Natürlich kann man nichts mit Sicherheit sagen und wo die Wikinger am Ende überall herumgesegelt sind wird wohl eine nie endende Überraschung sein, aber mein Historikerherz schlägt hoch! Krass! Wikinger haben die Mayas besucht. Vor 1500 Jahren schon. Die spanischen Conquistadoren haben die Mayahochkultur übrigens nie gesehen. Sie ging zugrunde, bevor die Spanier sie zerstören konnten. An der Pyramide kamen sie als „erste Entdecker“ zwar vorbei, verbrachten aber nicht lange Zeit dort, weil es kein Gold zu holen gab. Zwei britische Reisende entdeckten die Pyramide dann im 17. Jahrhundert und der letzte Entdecker war ein Amerikaner.

Das Stadion ist mal wieder so gebaut, dass das Echo die Stimme des Königs bis in alle Ecken und Enden des riesigen Feldes trägt. Die Akustik ist bis heute intakt. Faszinierend.

Hier hat der Stolz der Hochkultur stattgefunden: Maya-Fußball. Also, nicht ganz, aber so ungefähr muss man es sich vorstellen. „Juego de pelota – Spiel des Gummiballs“ (grob übersetzt) hieß es. Dabei haben zwei Teams mit je sechs Spielern und einem Teamkapitän versucht, einen Gummiball durch einen Ring zu befördern, der etwa drei Meter über ihnen an einer Mauer des Stadions angebracht war.

Maya- Quiddich also! Um den Ball zu bewegen durfte man aber keine Hände und Füße nutzen, nur Schultern und Hüfen waren erlaubt. Charakteristisch war das laute Geräusch, wenn der Ball auf eine Schulter oder eine Hüfte klatscht. Der Ball wurde übrigens aus Gummibaum… gummi hergestellt, einfach aus dem umliegenden Dschungel hergestellt.

Aber hier kommt es nochmal: Der Gewinnerkapitän, durfte den Verliererkapitän töten. Oder wurde als Belohnung zur Reinkarnation geopfert. Krass! Der Guide zeigt uns ein Relief, wo genau diese Szene abgebildet ist: ein Spieler hat den Kopf des Gegners in der Hand, aus dessen Hals wachsen Schlangen: Ein Zeichen der Fruchtbarkeit.

Damit ist die Tour beendet. Meine Gruppe will ein bisschen herumlaufen, aber ich brauch erstmal eine Pause. Ich verabschiede mich von den anderen, setze mich in den Schatten und esse meine Sandwiches. Ich beobachte einen Hund, der mir richtig leidtut: Er ist wohl durchs falsche Unterholz gekrochen, sein Körper ist übersät mit großen Stacheln, auch in seiner Nase stecken einige. Leider ist er in einem ziemlich miserablen Zustand und ich hab ehrlichweise ein bisschen Angst, dass er mich beißt, wenn ich ihn anfasse. Ich beschließe erstmal aufzuessen, und dann vielleicht zu versuchen, wenigstens die Stacheln aus der Nase zu ziehen… leider ist der Hund plötzlich verschwunden. Dann wird sich wohl ein anderer erbarmen müssen.

Ich ziehe nochmal alleine los und laufe über das große Gelände, auf dem es noch so viele andere Ruinen zu sehen gibt. Sobald man den Hauptplatz verlässt, wird es auch ein bisschen ruhiger und ich genieße es fast, durch den Wald zu laufen, die alten Mauern anzuschauen, Fotos zu machen.

Vor allem das Observatorium, in dem die klugen Mayas ihre Sternkonstellationen und astronomischen Berechnungen durchgeführt haben ist noch ein echtes Highlight.

Nur die kläffenden Händler sind anstrengend. Es kommt mir auch oft so surreal vor. An einem Weg stehen zwanzig verschiedene Stände, die exakt dasselbe anbieten. Ich laufe als einzige Touristin vorbei und alle zwanzig Männer beginnen auf mich einzuschreien. Mein Blick ist starr auf den Weg vor mir gerichtet, ich zeige keine Reaktion, es ist absurd. Erst als ich an allen Ständen vorbei bin, widmen sie sich wieder desinteressiert ihren Handys. Oder reden wieder mit ihren Standnachbarn.

Blöderweise gibt es auf dem Markt zwei Sachen, die mich schon interessieren. Eins davon ist einer der Mayakalender, die wirklich kunstvoll gearbeitet und wunderschön sind. Das zweite ist eine Art Vogelpfeife, allerdings mit dem Geräusch eins fauchenden Jaguars, das mir schon mehrfach einen kleinen Schock eingejagt hat! Leider muss ich mich für beides in die Höhle des Löwens wagen.

Ich schaue es mir an ein paar Ständen an, finde aber nicht das richtige und muss den klammernden Fängen der Verkäufer wieder entkommen. Es ist anstrengend.

Am Ende entscheide ich mich für einen schönen Kalender für einen annehmbaren Preis. Die Jaguarpfeife lasse ich, hab keine schöne gefunden.

Dann bin ich wirklich müde und habe auch alles gesehen, was ich sehen wollte. Ich verlasse Chichen Itza, der nächste Bus fährt relativ bald und bin doch ziemlich froh, dass ich wieder ein Wunder der Welt gesehen habe. Und das ist es wirklich!

Liebste Grüße,

Eure Jana

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