Hóla chicos y chicas, cómo va?
die wichtigste Frage zuerst: Warum heißt das Feuerland eigentlich Feuerland. Auf Spanisch übrigens „Tierra del Fuego“, heißt genau dasselbe. 1520 entdeckt Fernando Magellan bei seiner Seefahrt an der Küste Argentiniens in regelmäßigen Abständen die Feuer der Ureinwohner, mit denen die sich vor der Kälte schützen. Darum. Erklärung in einem Satz. Ich kann mich auch kurz fassen, wenn ich will, jaha!! Ich will nur nicht 😉 Freut euch auf den ausgedehnten Bericht über meine letzten Tage in Ushuaia!



Ich präsentiere: Das südlichste Postamt der Welt. Und da ich zuvor noch in der Stadt eine Karte gekauft und voller Liebe voll schief eine Nachricht draufgekritzelt habe, kann ich die jetzt auch abschicken. Kostet gar nicht so viel, wie ich dachte. Außerdem kann man sich einen Stempel vom Ende der Welt abholen, was ich mir natürlich nicht entgehen lasse. Das Postamt ist voll mit Zeitungsartikeln, Fotos, Karten aus den langen Jahren, die der Betreiber schon hier ist. Mittlerweile hat der Sohn übernommen, aber ich entdecke einen deutschen Zeitungsartikel, in der ehemalige Postbeamte vom Ende der Welt beschrieben wird.

Das ganze hat eine wirklich heimelige und traditionsreiche Atmosphäre, ich bin begeistert von der Idee. Und alle anderen auch.

Hmm, bei wem die wohl ankommt?
Ich wende mich nach der Postkarte wieder dem Nationalpark zu. Es nieselt ein bisschen, könnte aber schlimmer sein und die Sicht ist trotzdem top. Der Regen hängt heute im Gebirge hinter mir, vor mir ist alles klar zu sehen. Ich folge dem kleinen Trampelpfad an der Küste entlang in den Wald und genieße die spektakulären Aussichten. Zwar laufe ich den Weg mit vielen anderen Touristen, aber ich finde immer wieder eine Lücke, wo ich quasi „alleine“ bin.





Mir fällt auf, dass Stein in Strandnähe ein bisschen türkis wirkt, eine interessante Farbkombination. Das Wasser ist wie immer kristallklar.



Ich bleibe oft stehen und mache Naturaufnahmen, weil es wirklich unglaublich ist. Ich hätte keine bessere Zeit, als den Herbst für diesen Ort wählen können, die Farben so schön. Leider müsst ihr wieder durch eine Fotokette durch, ich konnte mich mal wieder gar nicht zurückhalten.













Details kann ich euch nicht viele erzählen. Man läuft einfach vor sich hin und genießt die Natur. Ach doch, da fällt mir noch eine spannende Begegnung ein. Als ich um eine Ecke biege, sehe ich, wie ein Mädel auf einem Baumstumpf sitzt und an ihrem Fuß hantiert. Ein Paar steht davor und beobachtet sie. Zuerst denke ich, sie hat sich verletzt und das Paar hilft ihr die Wunder zu reinigen. Doch als ich näher komme, sehe ich, dass das Mädel sich gerade ein Tattoo sticht. Mitten hier im Wald. Vor ihr sind verschiedene Farben ausgebreitet, sie hat die Nadel in der Hand und sticht vor sich hin. Das Paar guckt ihr noch kurz fasziniert zu dann gehen sie weiter, sodass ich mit starren dran bin. Ich frage sie, was genau es wird und sie deutet auf ein Gewächs an der Rinde, das mir auch schon aufgefallen ist:

Ich will sie nicht weiter stören, am liebsten hätte ich noch gefragt, ob sie keine Angst vor einer Infektion hat, aber ich trau mich nicht. Tja, wenn einen die Kreativität packt, ist es am besten, gleich zu handeln. Davon kann ich ein Lied singen. Trotzdem, sehr ungewöhnliche Begegnung. Ich sehe sie übrigens später noch wohlauf, sie hat es also vorerst überlebt 😉
Ich brauche viel länger für den Weg, als angegeben, weil ich ständig stehen bleibe, genieße und Fotos mache. Apropos:









Dafür schaffe ich den letzten Streckenabschnitt leider nicht mehr, hab dafür aber umso länger Zeit, einen wunderschönen wilden See zu beobachten, den Lago Acigami. Wild im wahrsten Sinne des Wortes, der Wind bläst in voller Stärke und der Wellengang ist unglaublich. Aber auch wieder unglaublich schön:



Ich gehe also wieder zur letzten Busstation zurück, verbringe dort noch zur Zeit in einem Infocenter, dann fahren wir zurück in die Stadt. Auch wenn es nicht ganz günstig war, wieder ein Ausflug, der sich sehr gelohnt hat. Der Park ist für jeden gut begehbar und bietet atemberaubende Aussichten auf … *Trommelwirbel*: Das Ende der Welt 😉 (Nervt’s schon?)
Abends tun mir wieder die Füße weh. Das Wetter spielt mir allerdings mehr oder weniger in die Hände. In den Berg hängt seit Tagen das schlechte Wetter fest. Der letzte schöne Tag war der, als ich mit Lukas bei der Höhle war. Ich beschließe, nicht nochmal wandern zu gehen, sondern weiter in den Norden zu fahren, in der Hoffnung auf besseres Wetter. Es ist ein bisschen schade, Ushuaia ist wirklich perfekt zum Wandern geeignet für jeglichen Schwierigkeitsgrad. Aber im Schneesturm ohne Aussicht fehlt der Belohnungsfaktor für die Tortur.
Am nächsten Morgen schlafe ich also schön aus und begebe mich entspannt ans Frühstückbuffet. Danach startet mein kleines Kunstprojekt: Es ist Ostersonntag und meine zweite kleine Ostertradition, die ich fern von der Heimat nicht aufgeben will:

Die anderen staunen nicht schlecht, als ich eine Schachtel Eier aus dem Kühlschrank hole und mit Kugelschreiber draufkritzle. Eine Mitbewohnerin, mit der ich mich die letzten Tage schon ein paar Mal unterhalten habe, ist ganz begeistert von der Idee. Sie sitzt an ihrem eigenen Zeichenprojekt (von dem ich übrigens ganz begeistert bin) und so sitzen wir da und leben unsere Kreativität aus. Es ist ein richtig schöner und sicherlich unvergesslicher Ostermorgen. Am Abend gibt’s übrigens Rührei J
Zuvor bin ich aber nochmal mit Lukas verabredet, ich will meine Ostereier in der Stadt noch ein bisschen in Szene setzen, um ein paar kreative Grüße in die Heimat zu schicken: Der Osterhase war dieses Jahr auch in Ushuaia unterwegs.







Trotz des schlechten Wetters mit abwechselnd Schnee, Wind und Regen, sind wir fast den ganzen Tag unterwegs, zuerst für meine Fotos, dann für ein paar organisatorische Sachen von Lukas, dann auf der Suche nach einem Museum, dann auf der Suche nach einem Café. So kommen wir nochmal gut durch die ganze Stadt. Und es wirkt wirklich mehr wie Weihnachten, als Ostern.

Ich weiß nicht mehr wann genau, aber ist ja auch egal – mir fällt während meiner Zeit in Ushuaia etwas auf: Ich hab keine Ahnung, wie es weitergeht. Bis hierhin war irgendwie alles klar. Von Rio de Janeiro bis an die Südspitze von Südamerika, klar… aber wohin jetzt? Theoretisch ist der Plan jetzt, wieder nach Norden zu reisen, aber wohin genau, welche Richtung, was gibt’s zu sehen? Keine Idee. Wenn man an so einen Punkt kommt, ist es immer das beste, mit anderen Hostelbewohnern zu reden und die nach Erfahrungen und Tipps zu fragen. Genau das mache ich und die weisen mich ziemlich alle in eine Richtung: Torres del Paine. DER Nationalpark Chiles, das Wanderparadies der Extraklasse, wo die härtesten der Harten auf dem O- oder W-Track tagelang durch die spektakulären Berge wandern und dort im Zelt bei Wind und Wetter übernachten. Was habe ich nicht alles für Geschichten gehört von „die beste Erfahrung aller Zeiten“ bis „es hat 10 Tage geregnet und das Zelt war nicht dicht“. Aber egal, welche Geschichte, alle haben eines gemeinsam: Es ist verdammt teuer. Vor allem wenn man kein Campingequipment hat, was ich nicht habe. Ich habe von vornherein gedacht, mir für längere Strecken etwas zu mieten, da ich nicht immer campen werde und die Ausrüstung größtenteils umsonst mitschleppen würde. Dann wird es erst recht teuer, erklärt man mir. Zwischen 500 bis 1000 Euro müsste ich für die (mehr oder weniger) eine Woche schon rechnen. Trotzdem machen es absolut alle oder haben es gemacht. Für den O-Track ist es zu spät, die Strecke ist Jahreszeiten-bedingt bereits geschossen, aber der W-Track, das sollte ich schon machen.
Ich überlege lange, was ich machen soll. Gerne würde ich in die Ruhmeshalle der Wanderer aufgenommen werden, die diese große Herausforderung bereits bewältigt haben, oder vorhaben es zu tun. Mal abgesehen davon, dass es sicher ein tolles Erlebnis ist… wenn man gutes Wetter hat. Oder ich laufe tagelang auf heftigsten Strecken mit schwerem Gepäck auf dem Rücken durch den Regen/Schnee und schlafe in einem undichten Zelt, um am nächsten Tag nass weiter zu wandern.
Es sind oft die unerwarteten Gespräche, die plötzlich entscheidend sind. Ich gehe in ein Ticketoffice für Busse nach Chile, um mich nach Verbindungen zu informieren. Da gerade sonst niemand da ist, erkläre ich dem Mann dort meinen Zwiespalt. Er sieht mich seufzend an. Weißt du was, Mädchen? Du kannst zum Torres del Paine fahren, aber allein die Tageskarte für den Park kostet irre viel Geld und ohne Reservierung kommst du nicht rein. Vor neun/zehn Uhr kommst du aber nicht dort an und der Park schließt um 19 Uhr, bis dahin musst du wieder raus sein und zwei Stunden zurück nach Puerto Natales fahren. Oder du fährst einfach einfach hierhin – er deutet auf eine Stadt weiter nördlich – bist direkt im Gebirge und alle Wanderungen sind umsonst. Wenn du mich fragst, leichte Entscheidung.
Nachdem ich das Ticketoffice verlassen habe, ist meine Entscheidung gefallen. Mein Name wird vorerst nicht in der Ruhmeshalle der Topwanderer vermerkt werden. Respekt für jeden, der es macht oder gemacht hat. Aber ich lasse den Torres del Paine Nationalpark buchstäblich links liegen.
Trotzdem führt mich meine Reise vorerst kurz nach Chile, da mein Touristenvisum für Argentinien demnächst ausläuft. Das Ziel ist Puerto Natales. Zuerst tendiere ich zum Bus, doch dann entscheide ich mich nochmal fürs trampen. Aus Ushuaia führt nun wirklich nur ein Weg hinaus, da wird sich sicher eine Gelegenheit finden. An meinem letzten Abend sitze ich vor Laptop und schreibe, als mich ein Typ anspricht, ob ich Backgammon spiele. Ich verneine bedauernd, ich hab’s leider nie gelernt. Er bietet an es mir beizubringen und ich sage gerne zu. Er komm aus Israel… und leider habe ich seinen Namen vergessen. Oh nein, das ärgert mich jetzt… ähnlich wie Zohan (ja aus dem bescheuerten Film mit Adam Sandler), aber nur ähnlich, ich hab’s nämlich falsch gesagt. Mist, der war so nett und ich vergess den Namen! Naja, hilft auch nix. Er erklärt mir geduldig Regeln und wir spielen ein Testspiel. Ich bin sofort angefixt und wir spielen gleich drei Runden und unterhalten uns nebenbei. Er erzählt, in Israel ist Backgammon wie der Mate in Argentinien. Jeder spielt, jeder hat sein Set, es ist ein Kulturgut. Er und seine Freunde führen eine Spieltabelle in der Zeit in der sie reisen, wer am meisten Spiele gewinnt, ist der Endsieger. Ich verliere alle Spiele, aber nur knapp!!! Leider habe ich tierischen Hunger, sodass ich nach der vierten Runde unterbreche, aber jetzt kann ich endlich Backgammon spielen und es macht richtig Spaß.
Am nächsten Tag checke ich aus, laufe in Richtung Stadtausgang, ab der Hälfte des Weges gabelt mich schon ein Auto auf und bringt mich zum Stadtausgang. Gutes Zeichen. Und tatsächlich stoppt keine halbe Stunde später ein kleiner Laster, er fährt bis Rio Grande und nimmt mich gerne mit. Ich steige ein und los geht’s. Bye, bye Ende der Welt… wie schön du bist!
Liebste Grüße
Eure Jana
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