Hallo meine liebsten Leser*innen,
Der Wecker klingelt um 5:15 Uhr, so dass wir um sechs beim Strand sind. Dort warten wir noch kurz auf den Rest unserer Gruppe, geben dann Schuhe und Taschen ab und werden unseren Kayaks zu gewiesen. Ich freu mich total, nach der ersten Kayak-Tour in Chile bin ich voll auf den Geschmack gekommen und Ale liebt Kayak schon seit langem. Wir bekommen eines für uns beide zugewiesen, das verspricht lustig zu werden. Das Kayak hat im Gegensatz zu dem in Chile keinen Überzug, damit kein Wasser eindringt, man sitzt einfach in dem blanken Ding und ist nach fünf Minuten durchnässt. Naja, ist bei 20 Grad auch kein Problem.
Wir paddeln los und sind auch nach kurzem nicht mehr beleidigt, dass wir nicht das durchsichtige Kayak bekommen haben… bei der Drecksbrühe sieht man eh nicht viel. Ich bin hellauf begeistert, weil ich endlich mal RICHTIG auf dem Pazifik unterwegs bin. Wir paddeln entspannt die Küste entlang, das Wasser ist ganz ruhig, die Morgenluft angenehm. Unser Guide schiebt sich auf dem Stand-Up-Paddle übers Wasser und gibt uns ein paar Infos zur Vogelwelt und zu Paracas. Ehrlicherweise versteht man ihn aber nicht gut, weil er oft nach vorne spricht und die Gruppe recht weit verteilt hinter ihm paddelt. Ich verstehe aber, dass San Martin auf seinem Befreiungszug nach Lima hier vorbeigekommen ist und die Flaggenfarbe Perus (Rot-weiß-Rot) nach den Federfarben der Flamingos ausgewählt haben soll. Das find ich cool, sympathischer Typ!
Die Vögel zu beobachten ist echt toll, vor allem die nah vorbeifliegenden riesigen Pelikane haben es uns angetan. Der Höhepunkt sind zwei Pinguine, die wir zwar nur aus der Ferne sehen, aber eine tolle Sichtung sind. Handy lag im Hostel, ich hatte Angst ins Wasser zu fallen, deshalb gibt’s keine Fotos. Zugegebenermaßen auch mal schön. Den Sonnenaufgang hat man durch die Wolkenbank auch nicht gesehen, aber wir genießen es einfach bei der angenehmen Temperatur uns ganz entspannt übers Wasser zu beobachten, während der Rest der Welt noch schläft… nur Ruhe und Tiere. Anderthalb Stunden sind wir so unterwegs, legen danach an einem Strand mit Flamingos an und steigen aus dem Kayak. Trocken ist keiner geblieben, macht aber gar nichts. Blöderweise hat keiner ein Handy dabei, auch nicht unser Guide, sodass es kurz offenbleibt, wie wir unseren Rücktransport organisieren. Er läuft zu einem angrenzenden Hostel und bittet dort um einen Anruf, kurz darauf werden wir von zwei Moto-Taxis abgeholt…
… na super, dass wir am Tag zuvor an einer Petroleumfirma ausgestiegen sind, um wenigstens einmal Moto-Taxi zu fahren… wenigstens können wir nochmal drüber lachen!
Morgendliche Passanten sehen zwei völlig überladene Moto-Taxis durch die Straßen brettern, aus denen die Tecno-Musik dröhnt, dass es einem die Ohren raushaut. Wir sind froh, dass die Fahrt nur kurz ist. Dann gehen wir zurück zum Hostel der Tag hat schon Mal super angefangen.
Im Hostel frühstücken wir kräftig und bereiten unsere Brotzeit vor, der Tag wird nämlich sportlich. Um 9:30 Uhr holen wir unsere Leihfahrräder ab und die Karte mit der Wegbeschreibung in die angrenzende Nationalreserve. Dann starten wir… und ich fahre nach fünf Metern wieder zurück, um mir Luft in den Hinterreifen pumpen zu lassen, der war ziemlich platt. Der Mann pumpt mir den Reifen ein bisschen auf, erklärt aber, das muss so sein, damit der Gummi auf dem Gelände besser aufliegt… o-kay? Naja, wenn er meint.
Wir fahren los… mein Gott, sind das schrottige Fahrräder. Wie damals in Mendoza hat man das Gefühl, das Rad arbeitet gegen einen. Und natürlich verfahren wir uns am Anfang ein ganz schönes Stück. Die gedruckte Karte zeigt nur den Weg ab der Reserve, nicht den Weg, wie man hinkommt und der Mann hat uns keine Instruktionen gegeben. Wir fragen nach und jemand erklärt, wir müssen auf die Parallelstraße. Dafür müssen wir entweder zurück ins Stadtzentrum… – Nein – oder da vorne gibt es einen „inoffiziellen Schleichweg“. Den wählen wir und sind kurze Zeit auf der Hauptstraße, die zur Reserve führt. Am Empfangspunkt zahlen wir den Eintritt und kaufen gleich das Kombiticket mit den Islas Ballestas, die wir morgen anschauen wollen. Die Frau dort erklärt uns einen anderen Weg, als der Typ, der uns die Räder vermietet hat. Der hat einen deutlichen Teil der Strecke „abgeschnitten“, sei nicht gut befahrbar. Die Frau runzelt die Stirn, komisch, alle fahren auf dieser Strecke. Ich glaube ihr mehr als ihm, also folgen wir ihren Beschreibungen. Dann biegen wir rechts ab, es gibt netterweise einen Radweg und radeln los in die Wüste.






Das ist eine echte Herausforderung, vor allem auf den Rädern. Der Weg geht mal bergauf, bergab. Mich packt immer wieder Mal der sportliche Ehrgeiz und ich radle weit voraus und halte dann für Fotos. Ale kämpft tapfer gegen ein deutlich schlechteres Rad, das merke ich auch, als wir auf dem hinteren Teil der Strecke mal Räder tauschen. Aber alles in allem kommen wir halbwegs gut voran, man muss in der Umgebung und bei dem Wetter einfach vorsichtig fahren.
Die Landschaft ist trotz mal wieder Wüste, atemberaubenden. Der Sand ist eine Mischung aus gelb und rot, die Dünen so hoch wie Berge. In der Ferne sehe ich irgendwo ein Auto die Dünen runterfahren… die müssen lebensmüde sein. Unser erster Stopp ist eine palöontologische Ausgrabungsstätte, wo wohl ein paar Urzeitmuscheln sind. Wir entdecken keine, aber am Ende des Bodens sind im Boden einige feste Formationen, die nur Muschelschalen sein können. Aber da uns das Expertenwissen fehlt, radeln wir lieber weiter. Der nächste Stopp ist der am weitesten entfernte Punkt auf der Strecke, von dort an fahren wir nur noch „zurück“.




Es ist die „Catedral“, die allerdings 2005 bei einem Erdbeben in sich zusammengefallen ist. Unser Radvermieter meinte auch, dort gibt es eh nix mehr zu sehen, da müssen wir auch nicht hin. So ein Wichser schon wieder, der wollte nur, dass seinen Schrotträdern nichts passiert, damit er sie weiter an unwissende Touristen vermieten kann. Ja, wenn es regnet wird es auf der Strecke schlammig… aber für das Problem gibt es eine zugegeben echt schwere Lösung; sie nennt sich „PUTZEN“.
Die Aussicht ist nämlich trotzdem ein Hammer!




Wenn man einem Kind aufträgt ein Bild von einem Strand zu malen, dann malt es ziemlich sicher gelben Sand, dunkelblaues Wasser und hellblauen Himmel. Exakt diese Farbkombination, die ja sonst eher unrealistisch ist, sehen wir hier:

Richtig gelber Sand. Als hätte ein Riese reingepieselt. Später erfahren wir, dass die gelbe Farbe von alten Fossilien kommt, die man in der Umgebung gefunden hat. Warum es deshalb gelb ist, erfahren wir leider nicht.
Wir radeln weiter, nächster Stopp ist nochmal ein Aussichtspunkt…





… und dann ein Strand, an dem wir kurz nach unten zum Wasser gehen. Einmal kurz Füße ins Wasser halten, das tut gut. Dann nutzen wir die Gelegenheit, um unter einem Schattendach eine kleine Essenspause einzulegen. Aus der Ferne sehen wir eine Reihe „kleiner offener Autos“, die ein bisschen wie Auto-Scooter aussehen. Das müssen diese Buggies sein, die wir auf den Plakaten der Touragenturen gesehen haben. Das sieht tatsächlich ziemlich witzig aus… vor allem dafür, dass wir uns in der Hitze so abstrampeln. Einmal Essen und Incaklo später sitzen wir wieder auf. Dadurch, dass die Räder so scheiße sind und die Sonne jetzt echt intensiv, kommen wir nur langsam voran und für die Zeit, die wir haben, müssen wir uns echt ranhalten, dass wir halbwegs pünktlich zurückkommen. Aber andererseits, wenn er uns Scheiß verkauft hat, kriegt er ihn halt nicht pünktlich zurück.
Nächster Stopp ist der Mirador Istmo. Von dort hat man nochmal eine tolle Aussicht über die Wüste mit ihren verschiedenfarbigen Sandfacetten und dem tiefblauen Ozean dahinter.







Und weiter unten kommen wir zur Hauptattraktion der Runde, dem roten Strand.



Den darf man nicht betreten, damit er nicht verschmutzt wird, und außerdem soll das viele Eisen (wir haben ja schon in den Anden gelernt, roter Berg- viel Eisen, ist am Strand genauso), nicht gut sein für den Körper. Find ich super, Touris machen immer alles kaputt und so besondere Orte sollte man dementsprechend schützen.
Hier tauschen wir Räder und ich spüre Ales Leid. Wie hat sie das die ganze Zeit geschafft, ist ja furchtbar?! Vor uns liegt der härteste Teil der Strecke: Der Berg, hinter dem der Badestrand liegt. Wir schaffen es für ca. 50 Meter zu radeln, dann steigen wir ab und schieben. Das ist eine echte Qual, die Sonne brennt, die Autos brausen vorbei, blasen uns die Abgase ins Gesicht und natürlich meinen ein paar Idioten wieder hupen zu müssen oder blöde Sprüche zu bringen. Ich antworte mit dem Mittelfinger.
Oben angekommen schnaufen wir tief durch und lassen uns dann langsam (die Bremsen sind scheiße) auf der anderen Seite runterrollen. Die Fahrräder abgestellt, runter zum Strand, umgezogen, eingecremt und ab ins Wasser.
Sich als weiße Frau hier am Strand umzuziehen ist ein anderes Gefühl, als in Deutschland/ Europa. Es ist so schon schlimm mit den Kerlen, in der Situation ist es echt unangenehm, man hat das Gefühl, ein Rudel Wölfe beobachtet einen. Normalerweise bin ich da echt cool, aber hier bin ich froh, als wir im Wasser sind, und danach auch unsere normalen Sachen wieder anhaben.
Ins Wasser zu gehen kostet Überwindung, ist ein bisschen frisch, aber der Körper akklimatisiert sich schnell. Ales Haut ist noch ein bisschen empfindlicher als meine, deshalb hat sie ein UV-Shirt, dassnicht nur echt gut ausschaut, sondern auch ein super Sonnenschutz ist. In ein paar Jahren haben wir das alle an, weil die Sonne immer schlimmer wird. So kann ich aber keine doofen Fotos machen, weil das Shirt einfach gut ausschaut. Mist!
Wir bleiben nicht allzu lang, es ist relativ voll, die Sonne sinkt immer tiefer und unsere Uhr tickt. Trotzdem war die Abkühlung ganz nett und die Badebucht wirklich wunderschön.



Einmal noch über den Berg, dann geht es runter. Wir fahren hier nochmal über einen „Schleichweg“, der näher am Wasser vorbeiführt, wo wir ein paar Flamingos ganz nah sehen.




Dann geht es zurück, wieder auf einem Radweg, wie durch eine Art Mondtal, bis der Weg wieder auf die Hauptstraße führt, die am Checkpoint der Reserve endet. Es geht bergab, das Klima ist angenehm, ich lasse mich rollen, bis kurz vor den Checkpoint und merke plötzlich, dass Ale nicht hinter mir ist. Die ganze Straße entlang ist niemand auf dem Fahrrad nur Autos und LkWs. Scheiße. Ich warte noch kurz, ob ich nicht einfach zu weit vorausgefahren bin, dann drehe ich um und radle den Weg zurück. Hoffentlich ist sie nicht gestürzt!! Es geht die jetzt nicht mehr schöne Strecke bergauf, ich fahre gegen den Wind und komme gefühlt mehr rückwärts als vorwärts, da sehe ich in der Ferne einen Punkt, der ein Fahrrad sein könnte und tatsächlich, das ist sie. Mann, bin ich erleichtert. Es stellt sich raus, dass ich tatsächlich so weit vorausgefahren bin, dass sie mich nicht mehr sehen konnte und dachte, ich wäre noch mal an einem Museum, das am Straßenrand stand, eingebogen. Deshalb hat sie mich dort gesucht. Wir sind beide erleichtert, dass es uns gut geht und froh, dass wir uns umeinander sorgen und ich verspreche, mich öfter mal umzudrehen. Hab beim Fahren einfach den Kopf ausgeschalten. Aber alles okay!
Wir fahren raus aus der Reserve, die Hauptstraße und den Schleichweg zurück und kommen wieder bei dem Fahrradverleih an, etwa eine Stunde zu spät. Wir sagen nix, er sagt nix und wir gehen. Die Beine sind durch, aber der Tag war trotzdem super. Außerdem hat das die schreckliche Busfahrt wieder ein bisschen ausgeglichen, bei der wir so lange sitzen mussten.
Kochen, essen, Zähne putzen, schlafen.
Liebste Grüße,
Eure Jana
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