Hallo meine Lieblingsleser*innen!

Es ist mal wieder sehr lange her… sehr sehr lange! In der Zwischenzeit ist viel passiert. Viele Reisen, viele Begegnungen, viele Erinnerungen. Ich habe lange nicht berichtet, um die letzten Monate meiner Reise im vollen Hier und Jetzt zu verbringen. Aber ich habe die volle Absicht, euch kein einziges Detail vorzuenthalten. Der Blog ist zurück und ich bringe zu Ende, was ich begonnen habe, großes Jana-Ehrenwort. Ich hoffe, ihr seid bereit für das, was ich euch noch erzählen werden, denn my oh my, was ist mir noch alles passiert!!! Aber jetzt erstmal…

… zurück mit euch ins Königreich Kambodscha, nach dem wir es hart erkämpft über die Grenze geschafft haben! Wir sind in Phnom Penh und steigen gerade aus dem Bus aus… und los geht’s:

In Südostasien nutzt man nicht Uber/Lyft/etc. sondern Grab um ein verlässliches Taxi zu bekommen. Das ist das erste Mal, dass ich die App ausprobiere und es funktioniert hervorragend. Wir müssen uns zwar kurz zusammen telefonieren, aber am Ende komme ich an dem Hostel meine Wahl an. Also fast. Ich laufe zuerst fälschlicherweise in die Tür nebenan und wundere mich schon über den riesigen Pool und die perfekte Eingangshalle. Dann stellen wir fest, dass ich eine Hausnummer weiter bin und ich verlasse die Luxusanlage schnell wieder. Als ob! ( Du kommscht hier nicht rein)

Die Villa Papillon, mein Hostel, hat zwar keinen Pool aber ist trotzdem ein echt schönes Hostel, sauber, modern, schöner Empfangsbereich… nur die Außentoiletten brauchen dringend eine Renovierung, die Türen halten nicht. Aber im Zimmer selbst ist alles okay.

Ich bin nach meiner ellenlangen Odysee einfach nur froh, angekommen zu sein. Ich ignoriere alles und jeden um mich herum, schleppe mich noch in die Dusche um die eklige Schweiß-/Dreck-/Sonnencreme-Schicht, die ich seit fast zwei Tagen trage, abzuschaben… und dann ins Bett zu fallen.

Einen schönen Mittagsschlaf später wache ich wieder auf und beschließe, dass ich noch ein bisschen Bewegung brauche. Ich ziehe mich an und tigere dann nach draußen, um ein bisschen herumzulaufen und etwas Vernünftiges zu Essen zu finden. Ebenfalls zum ersten Mal seit meinem letzten Frühstück bei Thuy.

Mein erster Eindruck von Phnom Penh ist überraschend gut. Sauber, modern, als ich mich in Richtung Stadtmitte begebe finde ich einen beeindruckenden Mix aus prächtigen Tempeln und gläsernen Hochhäusern.

Allzu lang bin ich dann aber doch nicht unterwegs, der Hunger kommt schnell. Ich finde ein schönes kleines Restaurant und genieße ein köstliches Abendessen! Viel mehr passiert an diesem Tag auch nicht mehr.

Am nächsten Tag schlafe ich aus und genieße dann ein fantastisches inkludiertes Frühstück in meinem Hostel. Dann ziehe ich aus, um ein Museum zu besuchen, unwissend, was mich erwartet. Das Genozid-Museum ist eine von Phnomh Penhs größten Sehenswürdigkeiten. Ich war noch in keinem einzigen KZ-Museum in Deutschland, wieso also nicht mich mal mit dem Genozid in Kambodscha beschäftigen.  Von dem ich nicht mal wusste, dass er existiert hat. Ich ziehe los bei herrlichem Sonnenschein und angenehm warmen Temperaturen.

Zuvor komme ich zufällig an einer kleinen Marktstraße vorbei und beschließe, mir mal wieder das typische, bunte Treiben anzuschauen. Wie immer ist viel los, Es liegen Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch alles auf dem Boden.

Lange bleibe ich aber nicht.

Schon nach meinen ersten Schritten spüre ich, dass das hier etwas anderes ist. Die Touristen sind ernst, gehen still von Ort zu Ort, die Anweisungen an den Schildern und im Audioguide sind sehr persönlich. Das ist kein gewöhnliches Museum. Ich beginne meine Reise in eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Kambodschas.

In den 70er/80er Jahren wollte das Regime der „Roten Khmer“ in Kambodscha einen Bauernstaat errichten. Die kommunistische Terrorgruppe ergreift die Macht im Land, verpflichtet halbe Kinder in ihren Dienst, wäscht ihnen das Gehirn und drückt ihnen dann eine Waffe in die Hand. In dem Bauernstaat soll ausnahmslos gehorcht werden, nicht gedacht, nicht kritisiert… dementsprechend wurde jede kritische Stimme aus dem Weg geräumt.

Auf den Fotos sieht man die Gräber der letzten 14 Menschen, die dort gestorben sind. Anscheinend wurden sie kurz vor der „Befreiung“ des Ortes noch von den Folterknechten brutal ermordert.

Die Anlage, die ich mir heute anschaue, war ein Foltergefängnis für jegliche Intellektuelle, sei es Wissenschaft, Kunst, Handwerk etc. Der Audioguide auf Deutsch ist sehr gut und führt mich von Raum zu Raum, erklärt die schaurigen Verbrechen, bringt Zeitzeugen-Berichte, politische Zusammenhänge etc.

Innerhalb von vier Jahren wurden allein dort über 18000 Menschen ermordet, die meisten davon auch gefoltert. Sämtliche Akten über die Folterungen sind ausgestellt, hunderte von Fotos von Gefangenen, ihren Lebensumständen, ihren Folterern. Das Museum verweist auch auf die „Killing fields“ (Tötungsfelder), die mehr im Landesinneren liegen. Es ist genau das, was der Name sagt, Felder, auf denen Massen von Leuten erschlossen und erschlagen wurden. Insgesamt haben die Roten Khmer zwischen 1,5 und 3 Millionen Menschen ermordert… hauptsächlich ihre eigenen Leute.

Vor allem eine Geschichte ist tragisch: Kerry Hamill, Neuseeländer, Ende 20 segelt zu dieser Zeit mit vier Freunden an der Küste Kambodschas… und wird von den Roten Khmern festgenommen. Seine Protokolle sind in den Akten, er hat versucht, Nachrichten zu senden, seine Folterer zu verwirren… sein genaues Todesdatum ist unbekannt, seine Leiche wurde wahrscheinlich verbrannt. Die Familie zerbricht an dem grauenhaften Schicksal. Ich kann nicht fassen, was ich lese! Weil es genauso gut jemand wie ich hätte sein können. Nichtsahnend auf Entdeckungsreise einem grausamen Regime in die Hände gefallen, dass die Brutalität besitzt einen international Reisenden einzusperren, zu foltern und zu ermorden.

Der Besuch des Museums ist trotz des Grauens, mit dem man konfrontiert wird, richtig gut! Mit den persönlichen Geschichten und Kommentaren kann man gut verstehen, wie diese Zeit für Kambodscha war. Es lehrt den Besucher, wachsam zu sein, dass solche Terrorregimes immer wieder an die Macht kommen werden und das solche Verbrechen immer wieder passieren werden – und man auf keinen Fall die Augen verschließen darf. Nicht in den 40ern in Deutschland, nicht in den 70ern in Kambodscha und auch nicht aktuell in Gaza, der Ukraine, China oder Myanmar. Wer weiß, wo noch.

Ich verlasse das Museum still und tief in Gedanken versunken. So laufe ich durch die Stadt. Also kurz zumindest. Ich fühle mich aufgrund der modernen Umgebung und des Genozids vor vielen Jahren wie in Deutschland und achte nicht auf den Boden, als es passiert: Ich stolpere über eine schlecht gelegte Bodenplatte und reiße mir den großen Zeh auf. Ahhh fuck!

Zuerst beachte ich es nicht weiter, will es einfach bluten lassen und später auswaschen… aber innerhalb von Sekunden ist mein kompletter FlipFlop ein roter See und ich beschließe, dass ich das in einer fremden Bakterienumgebung lieber gut gesäubert und verbunden hätte.

Glücklicherweise gibt es hier Mini-Kliniken ohne Ende. Ein seltsames Phänomen und vor allem gibt es Zahnkliniken, aber zu meinem Glück ist eine normale Mini-Klinik direkt an der anderen Straßenecke. Ich humple hin, gehe zur Rezeption und zeige auf meinen Fuß. Gleich darauf werde ich ein Patientenzimmer geschickt, dass aussieht wie ein schlechtrenoviertes Schwimmbad aus den 70ern… aber es wirkt okay. Ein Arzt guckt sich den Fuß an, ich erkläre, was passiert ist, wir entscheiden beide, dass es nicht schlimm ist und wir nur die Wunde reinigen und verbinden. 20 Minuten später komme ich wieder raus aus der Klinik mit einem Termin für morgen zum Nachgucken und einer 5 USD Rechnung. Nach 11 Monaten kann ich endlich mal meine blöde Auslandskrankenversicherung nutzen, die mich irre viel Geld kostet. Aber sind wir ehrlich, wenn ich es nicht zahlen würde, würde ich mir wahrscheinlich laufend Körperteile brechen bei meinem Reisestil. So ist es nur ein angeschlagener Zeh:

Frisch verarztet gehe weiter meiner Wege, diesmal aufmerksamer. Nicht weit weg esse ich ein leckeres (leicht)scharfes Curry zu Mittag.

Später laufe ich wieder durch die Stadt und finde meinen Weg zum Königspalast. An dem Tag war Unabhängigkeitstag und ein windiger Touranbieter erklärt mir, der Palast sei heute geschlossen, ich solle lieber eine seiner Touren machen. Glücklicherweise frage ich direkt am Eingang nach und finde ihn offen vor. Diese Lügerei…

Da ich nichts anderes dabei habe, ziehe ich mir meine Regenjacke über die Schultern, damit diese bedeckt sind. Das wird mich begleiten, solange ich in Asien bin, Beine und Schultern gehören in Tempeln etc. bedeckt. Mein Schatten sieht aber eher nach wildem Westen aus, als nach kambodschanischem Tempel.

Die Palastanlage ist wunderschön. Der Garten ist perfekt frisiert, mit exotischen Blumen tollen Skulpturen verziert. Die verschiedenen Gebäude sind fabelhaft. In Vietnam habe ich die Architektur ja schon ein bisschen bewundern können, aber dort war alles eher rustikal, aus Holz und…. Verglichen hiermit… eher basic. In Kambodscha ist alles aus Gold!

Bevor man einen Tempel betritt, muss man die Schuhe ausziehen. Das finde ich richtig cool, ist ein ganz neues Gefühl, man erlebt alles viel intensiver. So humple ich mit meinem dicken Zeh durch den Tempel und bewundere die hohen, stuckverzierten Wände. Im Tempel kann man sich setzen, meditieren, beten oder sich einfach umsehen, wofür ich mir gerne Zeit nehme. Fotos soll man nicht machen, am Eingang steht extra ein Wachmann, der den Leuten verbietet, Fotos zu machen.

Danach spaziere ich übers Gelände, sauge die Bau- und Steinbildkunst in mich auf. So viele neue Formen, Verzierungen… der Eintritt hat sich definitiv gelohnt.

Trotz des krassen Museums und des krummen Zehs ist mein Tag ziemlich gut. Ich mag die Stadt, die Stimmung ist angenehm… ich spaziere entspannt zurück durch die Stadt und beobachte den Sonnenuntergang auf der großen … Verkehrsinsel? Park?

 Und ich erwische nebenbei ein paar der buddhistischen Mönche auf meinen Fotos. Das ist immer noch eine neue Sichtung für mich und ehrlicherweise eine spannende. Ich weiß überhaupt nichts über Buddhismus und bin neugierig mehr zu erfahren. Die knallig orangenen Roben sind immer wieder ein Blickfang. Ich traue mich aber nicht, jemanden anzusprechen und um ein Foto zu bitten. Ich hab online gelesen, dass das total in Ordnung ist, aber es fühlt sich unhöflich an. Wahrscheinlich, weil ich mich schon wie eine Verbrecherin fühle, nur eine Frau zu sein, nachdem ich die Kleiderinstruktionen neben den Tempeleingängen gelesen habe.

 Dann aber trotzdem das offensichtlich Unhöfliche zu machen und die Mönche ungefragt auf einem Foto einzufangen, ist nicht wirklich besser. Naja, hier sind sie jedenfalls:

Nachdem ich mit gutem Gefühl wieder im Hostel ankomme, treffe ich auf zwei Deutsche – wie sollte es anders sein?! Einer verabschiedet sich schon bald darauf, er muss morgen früh seinen Rückflug antreten.  Der andere … und ich muss zu meiner Schande mal wieder gestehen, dass ich den Namen vergessen habe, obwohl wir uns echt gut verstanden haben! Shit, hey, peinlich, ohne Ende. Dafür weiß ich seine Marke noch und echt hey, der Mann ist eine Marke für sich: Er ist von seiner Haustür aus den ganzen Weg nach Kambodscha mit dem Fahrrad gefahren!!!!! Durch Türkei, Iran, Pakistan, etc. Ich bin total baff und habe Riesenrespekt! Das ist Reisen auf dem nächsten Level, für das ich sowas von nicht bereit bin, aber zutiefst bewundere. Vor allem durch diese Länder. Und mit dem wunderschönen Markennamen und Insta-Account „Gurkenrum“ hat er sich definitiv einen Platz in meinem Blog als einer der interessantesten Reisenden, die ich je getroffen habe – mehr als verdient.

Während wir uns übers Reisen unterhalten, spricht uns ein Mädel an, ob wir spontan Lust haben, das Feuerwerk zum heutigen Unabhängigkeitstag zu fahren. Gurkenrum und ich gucken uns an… ja klar! Kurz darauf sitzen wir in einem TukTuk und gleich danach am Ufer des Mekong Flusses. Marie wurde von ihrer Freundesgruppe im Stich gelassen, eine echt miese Geschichte und wollte den Abend nicht verstreichen lassen. Deshalb hat sie einfach zwei Fremde angesprochen… wofür wir sehr dankbar sind.

Das Feuerwerk geht los: Happy Independence Kambodscha!

Es ist einer dieser Reisemomente, die einfach unbeschreiblich sind. Wo ich aus mir heraustrete und mich von der Seite beobachte… im Königreich Kambodscha, am anderen Ende der Welt, begeistert von dem Feuerwerk, umgeben von freundlichen Fremden… glücklich. Und dankbar.

Nach dem Feuerwerk suchen wir uns ein Restaurant, essen lecker und fahren dann froh über das schöne spontane Treffen wieder zurück.

Bis bald!

Liebste Grüße

Eure Jana

Categories:

No responses yet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert