Hallo meine lieben Leser*innen!
Am nächsten Morgen beschließen wir früh rauszugehen, weil wir zu einer archäologischen Attraktion außerhalb der Stadt wollen: Tiwanaku. Dafür muss man an eine bestimmte Stelle, wo die Busse abfahren. Wir laufen dorthin und müssen dafür viiiiel Berg auf. Das war schon mal ordentlicher Morgensport für die Stunde. Um kurz vor halb acht, stehen wir an der Stelle, fragen nochmal nach und eine Frau bestätigt uns, hier fahren die Busse vorbei. Wir warten… und warten… es kommt kein Bus. Dafür andere Leute, die auch nach Tiwanaku wollen. Also muss es ja richtig sein. Wir warten… und warten… es kommt nichts. Ein deutsches Pärchen kommt dazu, als wir schon bereit sind aufzugeben. Sie stellen sich als Timo und Franzi vor und wir kommen ins Gespräch. Irgendwann wird uns klar, dass das hier nichts wird. Es gibt ein Terminal in El Alto, einer angewachsenen Vorortstadt von La Paz, dort wollen wir es nochmal probieren. Wir stoppen ein Taxi und steigen zu viert ein. Wir nennen ihm das Ziel, er meint, kein Problem.
Nach einer Zeit stellt sich heraus, dass er absolut keine Ahnung hat, wo wir hinwollen. Er gibt zu, er kennt El Alto kaum, er fährt immer nur in La Paz. Wir versuchen ihn mit Google Maps zu leiten, das endet in einem riesigen Straßenmarkt, auf dem kein Durchkommen ist. Er versucht eine Alternative zu fahren, aber auch das scheitert, bis wir schließlich einfach aussteigen, das hat keinen Sinn. Timo ruft uns einen Uber, da müssen wir zwar ein bisschen warten, aber der bringt uns dann ein bisschen weiter… doch auch dann stecken wir im Verkehr fest. Das Thema ist, dass am morgigen Tag die Stadt La Paz Geburtstag feiert. Alle sind in den Vorbereitungen auf das große Fest, deshalb sind viele Strecken blockiert. Wir seufzen. Der Uberfahrer erklärt, wir können noch versuchen, mit dem Teleferico (der Seilbahn) zu fahren. Das ist ebenfalls eine Besonderheit der Stadt, die es noch nicht oft auf der Welt gibt: Eine Gondelbahn als Stadtverkehr. Schnell, einfach, sortiert. Wir probieren es damit, steigen aus und laufen zur nächsten Station, die immerhin nicht allzu weit weg ist.
Sobald man die Station betritt, betritt man eine andere Welt. Alles ist sauber und neu, freundliches Personal hilft einem weiter und alles geht stressfrei voran. Wahnsinn… La Paz hat doch noch was Schönes. Wir steigen ein und fahren so in die Nähe des Lokalterminals. Teleferico fahren ist richtig schön. Tolle Sicht über die Stadt und die Vorbereitungen der Festlichkeiten und ein angenehmes Fortbewegungsmittel.








Im Terminal finden wir tatsächlich einen Anbieter für das Ziel Tiwanaku, der uns auch gleich dorthin gefahren hätte… aber mittlerweile ist es nach 12 und der Tag für einen großen Ausflug zu weit fortgeschritten. Ale und ich wollen am nächsten Tag noch einen Versuch starten, dafür müssen wir allerdings zu einem anderen Punkt, weil das Terminal wegen des Feiertags nicht wirklich anfahrbar ist. Wir lassen uns exakt genau erklären, wo wir hinmüssen. Danach nehmen wir Franzis und Timos Angebot an, in der Stadt gemeinsam zu essen. Mit dem Teleferico sind wir schnell wieder im Zentrum und kommen zu einem Restaurant, das momentan wohl in aller Munde ist.
Man kann nicht reservieren, man muss warten, bis ein Tisch frei wird. Während wir warten, meldet Timo uns für eine Free Walking Tour an, damit der Tag nicht ganz für die Katz ist. Dann wird an der Bar etwas frei und wir setzen uns. Von dort aus kann man den Köchen bei der Zubereitung zusehen, was wirklich an Kunst grenzt. Wahnsinn! Und was für kreative Gerichte die haben:







Es schmeckt auch echt super! Leider dauert der Restaurantbesuch dann doch länger und am Ende müssen wir zu unserer Tour hetzen. Timo läuft voraus, Franzi geht stramm hinterher und Ale und ich versuchen irgendwie mitzuhalten. Es ist echt heiß, unsere Bäuche sind gerammelt voll und der Weg geht bergauf-bergab… es ist eine Tortur. Dann kommen wir an einem Platz an, aber da ist niemand. Zu spät? Timo findet raus, dass es noch einen zweiten Platz mit einem ähnlichen Namen gibt, wir geben der Sache noch eine Chance. Kurz bevor wir dort ankommen, bin ich so weit zu sagen – geht allein, ich bin fix und alle und Ale sicherlich noch mehr – aber da finden wir tatsächlich unsere Gruppe. Es hat zwar schon angefangen, aber wir können noch dazu stoßen.
Der Guide – Max – beendet seinen ersten Vortrag und wir beginnen zu laufen. Währenddessen schließen wir vier mit ihm auf und er erklärt uns, was wir verpasst haben.
An dem Platz, an dem wir gestartet sind, liegt das berühmte San Pedro Gefängnis. Was das besondere daran ist? Es gibt keine Wachen. Also, davor schon, aber drinnen gibt es keine. Das Problem waren viele korrupte Polizisten, die die Insassen unter Druck gesetzt haben oder deren Familien, sodass es zum Putsch kam… und danach kam der Vorschlag der Insassen, es mit diesem System zu probieren. Keine Wachen, sie leben in ihrem eigenen System und regulieren sich selbst… und es funktioniert. Max erklärt uns, es wäre nicht schwer, auszubrechen, aber die Insassen halten sich gegenseitig davon ab. Denn wenn jemand ausbricht, bricht das komplette System auseinander und sie kehren zurück zum Leben mit Wachen. Heute leben sie in einer eigenen Gesellschaft. Manche darin leben fast luxuriös, es kommt ganz darauf an, wen man kennt und wie man sich verhält. An sich ist es ein reines Männergefängnis, aber die Familien der Insassen können rein und raus, bringen dementsprechend auch Güter mit.
Krass, oder? Dass das allen Ernstes funktioniert. Früher gab es Führungen durch das Gefängnis, aber nach einigen Vorfällen wurde das eingestellt. Man munkelt, es gäbe noch geheime Führungen… aber das sei keine gute Idee, Max warnt uns eindringlich davor. Als nächstes kommen wir über einen riesigen Straßenmarkt, bei dem Ale und mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Nicht wegen außergewöhnlichen Dingen sondern wegen dem wunderschönen, frischen Gemüse und Obst. DAHER kriegen die Bolivianer also ihr Gemüse! Es ist das gute alte Wochenmarkt-Prinzip. Wenn man das nicht weiß, rennt man natürlich bescheuert durch die ganze Stadt. Die Bolvianer haben ihren Markt, wissen ihre Zeit und, wie uns Max danach erklärt, haben ihre eigene Casera, also ihre Obst-/Gemüsefrau. Wenn man sich einmal eine ausgesucht hat, geht man immer zur selben. Wehe, man hat da mal Bananen von einer anderen Casera dabei, dann gnade einem Gott. Max erklärt, wenn man eine gute Casera hat, hat man nicht nur seine Obst-/Gemüsequelle… man hat eine Mama, eine Freundin und eine Psychologin in einem. Es ist eine ganz besondere Beziehung, die die Bolivianer hier auf dem Markt halten… und ich finde das ziemlich schön. So langsam beginne ich zu verstehen… und finde das Land gleich ein bisschen weniger schlimm. Mann, hätten wir die Tour mal am Anfang gehabt!
In einer ruhigen Ecke sprechen wir ein bisschen über die traditionelle Erscheinung einer Cholita. Eine Cholita ist eine bolivianische (oder indigen-stämmige) Frau, die üblicherweise einen ausladenden bunten Rock trägt, der die Waden jedoch freilässt, eine bunte Bluse – manchmal mit Jacke – und eine Hut, dazu dezente schwarze Schuhe, mit ein bisschen Absatz. Ihre Haare sind lang und zu einem oder zwei Zöpfen geflochten, die ihr weit über den Rücken hängen. Ich hab nie direkt ein Foto gemacht, weil mir das unhöflich vorkam. Aber bei den Bildern seht ihr hin und wieder mal eine durchlaufen.
Den ausladenden Rock trägt man (mit Untersatz), damit die Hüften breit erscheinen. Der Grund ist offensichtlich: breite Hüfte, gute Statur zum Kinderkriegen. Natürlich ist die Hälfte der Kleidungstradition so ausgelegt, dass es dem Mann passt. Warum sind die Waden frei? Weil in dieser Kultur nicht wie bei uns im Westen die Brüste und der Arsch entscheiden, sondern die Waden. Hier im bergigen Bolivien sind kräftige Waden das Non-plus-Ultra, dass die bolivianischen Männer zum sabbern bringt. Deshalb, Waden frei, schön präsentiert. Natürlich nur, wenn es das Wetter erlaubt, bei der Kälte tragen viele Cholitas dicke schöne Wollstrümpfe, mit Recht.
Der Hut kommt aus England und ist ein Abbild der typischen Melonen- Hüte. Der Modetrend hat sich bei den bolivianischen Hochgeborenen nicht durchgesetzt, der Hut war wohl zu klein. Was macht da der schlaue Verkäufer: Cholita einen Spiegel geben, ihr den Hut aufsetzen, ihre unendliche Schönheit loben und zack-fertig: Verkaufsschlager. Seitdem tragen alle Cholitas Hüte.
Die Haare trägt man aus einem anderen Grund so lang und zusammen geflochten. Das sieht man auch an einigen Männern, auch Max selbst, der eigentlich kurz geschorene Haare hat, hat eine einzelne, dünne Strähne, zusammengeflochten, die ihm über den Rücken fällt. Das ist die Verbindung der indigenen Bevölkerung zu Pachamama. Pachamama bedeutet nichts anders als Mutter Erde. Sie ist eine der höchsten Götter, die schon zu Inca-Zeiten einen wichtigen Platz in der Religionskette der Quechua einnimmt. Auch hier leben die alte Gebräuche noch weiter, wie bei der Konsultation der Schamanen.
An dieser Stelle schießt mir allerdings ein Gedanke durch den Kopf, den ich mich nicht traue laut auszusprechen. Wenn die Bolivianer, vor allem die indigene Bevölkerung ihre Pachamama wirklich so wichtig ist – und ich habe hier die Bilder aus Sucres/Cochabambas Vororten vor Augen – wie können sie ihre Umwelt dann in so einen Zustand bringen? Die Tiere, die ihm Müll wühlen und die Plastikreste mitfressen, die Flüsse grau-grüne Gossen, wohin man schaut, nur Müll, Müll, Müll und selbst wenn man in der Stadt durch die Straße läuft, sieht man, wie die Leute ihren Abfall einfach zu Boden fallen lassen, oder im Bus zurücklasssen… wo ist da die Liebe und der Respekt vor Pachamama?
Der nächste Stopp ist ein kleines Extra: Max führt uns in ein Hotel, das in ein paar Wochen aufmachen will. Die jungen Hotelbetreiber laden uns ein, uns alles genau anzuschauen und wenn wir wollen, Verbesserungsvorschläge oder Feedback zu geben. Das Hotel ist ein Vier-Regionen-Hotel, die die Hauptvegetationen des Landes wiederspiegeln. Ein Stockwerk ist wie ein Salzhotel in Uyuni, eines wie der Dschungel, eines wie die Hochebene… und das letzte hab ich ehrlicherweise schon vergessen. Danach geht es auf die große Terrasse im obersten Stock.
Dort oben hat Max uns auch einen kleinen Korb mit den verschiedensten Dingen vorbereitet. Es ist eine traditionelle Ofrenda, eine Opferdarbringung für die alten Götter der Quechua, Pachamama eingeschlossen. Das groteskeste (… allein das Wort jagt mir schon Angst ein, aussprechen kann ich das nicht!!) ist mit Abstand das tote Lamababy. Daran werde ich mich nie gewöhnen. Max erklärt, dass das Lama eines natürlichen Todes sterben muss, sonst nützt es nichts für die Ofrenda. Und in der Höhe, durch die Kälte kommt es oft vor, dass es ein Kleines nicht überlebt. Diese sind rein, diese bringen das Glück, dass man von den Göttern erbittet. Außerdem sind in dem Korb Geld, Süßigkeiten, Coca-Blätter und viele andere kleine Dinge. Max erklärt, es gibt den alten Brauch, bevor man ein Haus baut, ein Tier zu opfern und es unter dem Ort zu begraben, wo das Haus stehen soll. Diese Zeremonie muss von einem Schamane durchgeführt werden. Die Größe des Hauses bestimmt die Größe des Opfers. Für ein kleines Haus reicht ein kleines Tier. Für ein großes muss schon ein Lama oder ähnliches herhalten. Doch was ist, wenn ein so großes Gebäude entstehen soll, wie das Hotel, in dem wir stehen – fragt uns Max – wie groß muss dann das Opfer sein? Wir raten spaßeshalber, ein Einhorn, 10 Lamas, ein Mensch. Max nickt. Richtig.
WAS?!?!
Max erklärt, es gibt Geschichten, dass Obdachlose von der Straße gelockt werden in den Pub, in dem die Bauarbeiter den Feierabend feiern. Darunter ist ein Schamane, der den Obdachlosen so betrunken macht, dass er das Bewusstsein verliert… und in einer großen Zeremonie mit allen Beteiligten als Grundstein unter dem Gebäude begraben wird.
Klingt wie ein Schauermärchen? Man hat nur unter einigen alten Gebäuden der Stadt menschliche Überreste gefunden…
Ob das heute noch gemacht wird, kann niemand sicher beantworten. Und ob es je wirklich passiert wird. Es gibt natürlich keine handfesten Beweise, bis auf die Skelette… und vielleicht hat uns Max sogar damit angeflunkert, um seinen Touristen etwas zu bieten.
Aber ehrlicherweise kann es auch genauso gut wahr sein.
Puh, okay, nach der Geschichte atmen wir erstmal durch.
Wir bekommen Snacks, Getränke und sie führen wie eine Art Umfrage an uns durch… was zwar sehr nett ist, aber da der Großteil von uns Backpacker sind, sind wir ein bisschen die falsche Zielgruppe. Trotzdem geben wir uns Mühe und genießen dabei den Ausblick von der riesigen Terrasse über La Paz.



Dann geht es weiter zum großen Hauptplatz der Stadt, wo wir uns eine Kirche näher anschauen. Die Kirche wurde selbstverständlichen von Kolonisten gebaut, aber wenn man genau hinschaut, findet man einige Elemente aus der indigenen Kultur, zum Beispiel ein Abbild von Pachamama. Das wurde eingefügt, um den Leuten die katholische Kirche schmackhafter zu machen, in dem man etwas vom alten Gebrauch integriert, das die eigene Religion nicht völlig untergräbt.
Unser nächster Stopp ist der Plaza auf dem die Regierungsgebäude von La Paz sehen. Leider hab ich vergessen, wie er heißt. Zwei Institutionen liegen in Sucre, eine liegt hier. Die Regierung ist auf die beiden Städte aufgeteilt, aber Sucre ist die offizielle Hauptstadt. Dann erzählt uns Max ein paar Details aus der blutigen, politischen Geschichte des Landes, die wahrhaft haarsträubend sind.




Auf dem letzten Bild in dem grünen Gebäude kann man oben Einschusslöcher erkennen. Mehr dazu gleich, erstmal der Reihenfolge nach.
Bolivien war ursprünglich ein Teil von Peru. Später wurde es zu Republica de Bolivar, benannt nach Simon Bolivar und daraus wurde dann Bolivien. Das Land hatte ursprünglich auch einen Seezugang, den sich aber Chile angeeignet hat… weiß nicht mehr genau infolge von welchem Ereignis, aber Chile hat sich auch Teile von Südperu gekrallt, schätze, das hängt zusammen.
Max erzählt, dass Bolivien nach wie vor noch ein großes Rassismusproblem hat, obwohl zwei Drittel der Bevölkerung indigener Abstammung sind. Es ist lächerlich. Für lange Zeit haben die Indigenen ihre Kultur unterdrückt, sich von den Traditionen abgewandt, um nicht der Diskrimnierung und der Hetze ausgesetzt zu ein. Erst seit ein paar Jahren ermutigen Mütter ihre Töchter wieder, sich wie traditionelle Cholitas zu kleiden und die Kultur wieder freier zu leben.
Die Politik der letzten 70 Jahre ist echt ein Hammer. Max gibt uns zwei Beispiele von Präsidenten. Der gute Präsident, Hualberto Villeroy, gewählt in den 40ern sagte „Ich bin kein Feind der Reichen, ich bin nur mehr ein Freund der Armen“. Die Armen zu diesen Zeiten waren hauptsächlich die indigene Bevölkerung. Laut Gesetz durften nur Weiße Landeigner sein, Indigene durften es nur bearbeiten, aber nicht besitzen. Ein Zustand der Sklaverei. Villeroy wird im Jahr 1946 brutal ermordet von denen, die seine Politik nicht mochten. Seine Leiche wurde an einer Laterne am Regierungsplatz aufgehängt… vor der heute sein Monument steht.

Und das war der gute Präsident. Ein Beispiel für den schlechten Präsidenten ist Gonzalo Sanches de Lozada, „el gringo“. Wieso gringo? Er hat sein Leben in den USA verbracht, wurde dort erzogen, hat dort studiert und verspricht dem Land, es zu einer neuen USA zu machen. Er manipuliert die Leute durch Marketing und große Pläne… bereichert sich aber letztendlich nur an den Staatseinkünften. Als man Verdacht schöpft, verlässt er das Land und flieht in die USA… mit der Staatskasse. Was macht Bolivien mit so einem Präsidenten? Richtig, er wird wiedergewählt. 2001 beginnt die neue Amtszeit.
Im Februar 2003 kommt es zur Katastrophe: „Schwarzer Februar“ und „Gaskrieg“ genannt. Die Polizei kämpft gegen das Militär, in der Stadt herrscht ein Zustand der Anarchie. In El Alto kommt es zu einem Massaker, täglich werden im Fernsehen Listen von Toten und Vermissten durchgegeben. Dem Präsidenten wird nahgelegt zurückzutreten und das tut er auch… erneut mit der bolivianischen Staatskasse. Das Land versinkt in Chaos und Armut, ohne jede Chance, sich aufzuraffen. Auf dem Plaza sind heute noch an allen enden die Einschusslöcher zu sehen, von diesen Tagen des Krieges in der Stadt. Heftige Geschichte… und es erklärt so einiges.
Zum Schluss bringt uns Max in einen Pub, in dem es viele lokale Spezialitäten gibt, unter anderem einen Likör, ähnlich dem Limoncello. Er stößt mit uns auf traditionelle Weise an, einige Tropfen lässt er zu Boden fallen: Es ist Tradition, der erste Schluck (oder die ersten Coca-Blätter) geht an Pachamama. Bei einem Schnaps sind ein paar Tropfen auch okay. Das ist das Ende der Tour.
Mir hat es richtig gut gefallen und ich wünschte wirklich, ich hätte diese Tour am Anfang gemacht. Nach all dem, was ich heute gelernt habe, verstehe ich dieses Land besser und bin nachsichtiger.
Und was man grundsätzlich immer vor Augen haben muss. Die indigene Kultur war eine andere, bevor die Menschen des Westens eingegriffen haben. Mit dem Katholizismus, der Kolonisation, und auch heute noch mit dem Kapitalismus… die Leute hier haben nicht darum gebeten, sie wurden in diese Richtung gedrängt. Die ganze Kultur lebt zwar nach kapitalistischen Maßstäben, aber es funktioniert hier nicht so wie bei uns. Die Probleme, die Abfälle, die Armut, die sozialen Polster, das alles fehlt, weil das Land sich nicht selbst in die Richtung entwickelt hat. Und alle versuchen sich irgendwie durchzuschlagen, ihre Familien zu ernähren und wenn sie ein weißes Gesicht sehen, verlangt man eben das Doppelte. Denn die Wahrheit ist, dass wir wirklich das Geld und den Wohlstand haben, statt 5 Cent, 7 auszugeben, selbst statt 100, 110 Euro .
Was nicht heißt, dass man aufhören soll zu handeln! Immer! Bei nahezu allem. Wir verabschieden uns von Franzi, Timo und Max und machen uns auf den Weg nach Hause.
Liebste Grüße,
euer Jana
2 Responses
Hey, ich komme erst jetzt dazu, einen Kommentar zu schreiben. Ich finde das Thema Bauopfer genau so gruselig und grausam, wie spannend. Ich empfehle jedem, den das auch interessiert mal im Netz zu recherchieren. Wer annimmt, das es das nur in Südamerika gibt, liegt falsch. Auch bei uns war es Tradition ein Bauopfer zu bringen, wenn man ein Haus gebaut hat. Meist waren es Werkzeuge, Speisen und Getränke in den entsprechenden Gefäßen. Später ging man dazu über lebendige Tiere zu nehmen, meist Hunde und Katzen, aber es wurden bei Ausgrabungen wohl auch schon komplette !! Skelette von Hirschen gefunden.
Wenn aber was größeres gebaut wurde, wie ein Schloss oder eine Brücke, musste was „stärkeres“ her, also ein Mensch, am besten ein Kind. Das galt wohl vor allem dann, wenn z.b. während der Bauzeit Unfälle oder Schwierigkeiten auftraten, quasi zum milde stimmen von wem auch immer. Ich vermute, dass so manches unehelich und unfreiwillig mit der Untergebenen gezeugte Baby hier „für den guten Zweck entsorgt“ wurde.
Wie man glauben kann, dass ein lebendig eingemaueretes Lebewesen, ob Mensch oder Tier, dass qualvoll und voller Angst stirbt, Glück bringt, ist mir ein Rätsel. Das meine ich wirklich so, nicht wertend. Ich frage mich das echt, wie kann man das denken?
Ich finde es auch echt hart. Ist ziemlich weit weg von unserem westlichen Denken, aber dort ist die Verbindung zu Natur, Leben und Tod grundsätzlich anders, zumindest in den indigenen Kulturen. In meinen Kopf will das auch nicht.