Die Busfahrt ist wieder etwas anstrengend… irgendwie sind die Sitze komisch, ich sitze so gekrümmt da. Die meiste Zeit schlafe ich, aber irgendwas drückt oder zwickt mich immer wieder nach einer Weile. Es ist keiner von den bequemen Nachtbussen, dementsprechend nur Standardkomfort. Ich komme nachmittags an und gehe sofort wieder im Trubel des Busbahnhofs unter. Willkommen zurück in der Stadt. Ich fahre mit dem Taxi zum Hostel und checke ein. Es geht deutlich kühler und sachlicher zu, als bei den anderen. Mir wird sofort ein Blatt mit Instruktionen gereicht, was ich nicht darf, was extra kostet und wofür das Hostel nicht aufkommt. Nett.

Der große Aufenthaltsbereich sieht ganz nett und hell aus, ich entdecke ein bequemes Sofa, auf dem ich später viel Zeit verbringe.

Im Zimmer angekommen trifft mich ein bisschen der Schlag. Es ist ein kahles weißes Zimmer, mit drei Stockbetten und ohne Fenster. Ein Gefängnis – schießt es mir sofort durch den Kopf und ich will am liebsten weglaufen. Leider bin ich auch echt müde und mit der tut der Rücken weh, also beiße ich die Zähne zusammen und lege mich hin… nach einer kurzen Pause entdecke ich, dass die Tür einen integrierten Fensterladen hat. Ich öffnet ihn und schon ist es besser. Auch die kurze Pause entspannt mich, das Bett ist außerdem recht bequem. Trotzdem ist es das komplette Gegenteil zu der bunten, herzlichen, schiefholzigen Art des Landlebens, die ich sofort vermisse. Am liebsten würde ich gleich wieder zurück.

Nach zwei Stunden zwinge ich mich, nochmal aufzustehen. Die Sonne steht tief, jetzt ist die beste Zeit, um mir die Stadt ein bisschen anzuschauen. Ich laufe einfach drauf los. Wenigstens die Lage des Hostels ist gut, es liegt mitten in der Altstadt, der Ozean ist die Straße runter und sämtliche Sehenswürdigkeiten in Laufweite. Schnell merke ich, dass mir die Stadt an sich sehr gut gefällt… aber es ist gefühlt niemand da. Kein Mensch auf der Straße, alle Läden zu… ich entdecke viele Cafés, Restaurants, Boutiquen… normalerweise scheint hier das bunte Leben zu sein. Wo sind denn alle?

Dann fällt mir ein, dass ich in Punta del Diablo und in Cabo Polonio ungefähr 500-mal den Satz gehört habe „Ich bin aus Montevideo, ich mache hier Urlaub“. Klare Sache, es ist Sommer, alle sind in den Ferien am Strand. Trotzdem ist es ein bisschen gespenstisch. Ich hatte auch in Washington mal so ein Wochenende, wo die sonst so pralle Stadt fast ausgestorben war… naja, da hat man wenigstens seine Ruhe. Nur schade, dass ich so das richtige Montevideo gar nicht wirklich kennenlernen kann. Es scheint nämlich wirklich sehr schön zu sein.

Ich komme an einem Laden vorbei, bei dem ich nur zu gerne mal reingeschnuppert hätte:

Oh je, was da wohl normalerweise als „deutsche Homöopathie“ verkauft wird?

Montevideo ist wirklich schön zu Fuß zu besichtigen. Oder mit dem Fahrrad. Ich komme schließlich zu einem Platz zurück, wo ich ein offenes Restaurant erspäht hatte (viel Auswahl neben McDonalds gab’s nämlich nicht und das wollte ich auf keinen Fall!). Und siehe da: Auf dem Platz vor dem Restaurant spielt Tango-Musik und es wird fleißig getanzt. Hauptsächlich Senioren, aber oho, was da für Schritte an den Tag gelegt werden. Ich finde die Szene richtig schön, setze mich an einen Tisch, von dem aus ich gut sehe und beobachte das Spektakel. Nachdem ich schon nicht tanzen gehe, kann ich wenigstens zusehen.

Zurück im Hostel lerne ich ein Spiegelbild von mir kennen: Leah ist Engländerin, jung, blond, reist alleine seit einem Jahr durch Südamerika. Ich frage sie, wie es ihr damit so geht und sie gibt eine ähnliche Antwort, wie ich sie geben würde: Es gibt Hoch und Tiefs am im großen und ganzen macht es Spaß. Ich kann ihr mit ein paar Bus-Tipps weiterhelfen, Backpacker müssen zusammenhalten. Sie reist am nächsten Tag schon weiter.

Ich schlafe ganz gut in meinem Gefängnis, bleibe lange liegen und mache mich dann auf dem Weg zum großen Flohmarkt, der hier jeden Sonntag stattfindet. Eigentlich hätte ich mir gerne auch ein paar Museen angeschaut, hier gibt’s nämlich viele interessante. Aber es hat alles zu. Es fällt schon schwer, einen offenen Supermarkt zu finden.

Auf dem Markt treffe ich dann auf die Menschenmasse, die ich eigentlich erwartet hatte. Nicht nur die komplette Straße, eher das Viertel ist ein einziger riesiger Flohmarkt auf dem es absolut alles zu kaufen gibt: Lebensmittel frisch wie trocken, Drogerieartikel, Elektronik, Kleidung, Schmuck, Antiquitäten, Möbel, Grills, Tierprodukte und Tiere (ich sehe Fische und Kaninchen) sowie alles mögliche andere. Es ist richtig schön, sich so durch die Straßen treiben zu lassen, hier und da vorbeizuschauen.

Nach dem Markt laufe ich einem Park auf der Suche nach etwas Schatten, bevor ich an der Strandpromenade zurück zu meinem Hostel laufe.

Den restlichen Nachmittag verbringe ich auf der Couch mit Blog schreiben, Unterkunft/Bus reservieren… und es tut richtig gut mal einfach nur rumzusitzen. Erst zum Sonnenuntergang bewege ich mich wieder nach draußen. Gut so, da hätte ich nämlich ein paar schöne Bilder verpasst.

Am Abend bin ich mit Fabian verabredet. Wir haben uns in Punta del Diablo im Hostel kennengelernt, er lebt in Montevideo und meinte, ich soll mich melden, wenn ich vorbeikomme. Gesagt, getan und es war wirklich ein sehr schöner Abend und zwar komplett auf Spanisch. Ich war richtig stolz. Fabian war aber auch ein sehr geduldiger Gesprächspartner, der über die ein oder anderen Missverständnisse auch schmunzeln kann. Da Montevideo gefühlt geschlossen hatte, war es etwas schwierig ein Restaurant zu finden, also landen wir in einem Diner und essen Milanesa con carne mit BBQ-Belag… also quasi ein Schnitzel mit Pizzabelag. Ich hätte es ahnen können…

Am nächsten Morgen wache ich mit Bauchschmerzen auf und muss ganz dringend wohin. Oh mann! Ich streiche meinen geplanten Museumsbesuch für den Vormittag und verbringe die Zeit auf der Couch, in Toilettennähe. Ich fühle mich elend. Fabian geht es nicht besser. Wenigstens wissen wir, woher es kommt. Mir graut ein bisschen vor der dreistündigen Busfahrt nach Colonia del Sacramento, aber es geht soweit gut.

Insgesamt ist Montevideo also echt schön, ich hab es einfach nur zur falschen Zeit erwischt. Tja, muss ich wohl nochmal wiederkommen 😉

Neue Stadt, neues Glück… und gleichzeitig mein letzter Aufenthalt in Uruguay.

Liebste Grüße,

eure Jana

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3 Responses

  1. Oh, wirklich Pech, dass der deutsche Homöopathie Laden geschlossen hatte, wo doch die Angebotstafel so interessant klingt: Cannabis, Cannabis, Cannabis Strong(!) UND BB Creme…cooles Sortiment!
    Liebe Grüße Christine

  2. Krass, bei mir war Montevideo echt voll und das trotz teilweise Regenwetter…
    Colonia ist ein süßes kleines Städtchen, ich denke, das gefällt dir, bevors ins chaotische BA rübergeht.
    Gute Besserung!

    • Hallo liebe Caro,
      hoffe es geht dir gut und du kommst gut durch den Winter. Die Umschreibung war ziemlich treffend, sehr schön und sehr süß… und dann Buenos Aires 🙂 Mag die Stadt aber trotzdem.

      Ganz liebe Grüße
      Jana

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