Ich entschuldige mich im Voraus für die Wartezeit, ich hatte leider kein Gutes WLAN und/oder noch keine Zeit. Aber jetzt geht’s weiter

Es ist ca. 6 Uhr morgens, als ich im Uber sitze und viertel sieben/ viertel nach 6, als ich am Ipanema Strand ankomme. Heute starte ich den Tag mit einem schönen Spaziergang am Meer. Um diese Uhrzeit ist noch kaum was los. Ipanema ist nach der Copacabana der beliebteste Strand in Rio, in ein paar Stunden wird es hier von Touristen wimmeln. Aber so habe ich den Strand noch fast für mich allein. Die Sonne brennt noch nicht in voller Stärke, vom Ozean weht eine sanfte Brise her und der Himmel ist strahlend blau… es ist wunderschön.

Ich atme tief durch. Und spüre zum ersten Mal eine tiefe Ruhe in mir. Der Stress ist weg, die Verpflichtungen auch. Ich bin frei.

Die Tage zuvor waren sehr schön und ereignisreich, aber mit den ganzen touristischen Aktivitäten bin ich nie so richtig zur Entspannung gekommen. Es braucht eben alles seine Zeit.

Ich spaziere den gesamten Strand entlang, lasse die Gedanken schweifen, beobachte die Menschen und die heranpreschenden Wellen. Eigentlich bin ich weit genug weg, aber manchmal ist die Welle groß genug und spült über meine Füße: „Komm und spiel mit mir“.

Am östlichen Ende des Strandes sind die Wellen etwas stärker und ich beobachte ein paar Surfer, die ihr Glück versuchen. Links von mir ist die Schule dazu.

Im Allgemeinen fällt mir auf: Rio ist sportlich! Das sieht man nicht nur daran, dass gefühlt jede*r Zweite hier total durchtrainiert und eine bombastische Figur hat, aber auch an den vielen aktiven Sportlern. Vor allem jetzt sehe ich total viele Jogger, auch am Strand (wo es ja echt hart ist, voranzukommen). An der Küstenspitze entdecke ich eine Yogagruppe, die sich der Sonne und dem Strand entgegenreckt und gleich dahinter ein öffentlicher Workoutplatz mit direktem Blick auf Strand und Wasser… da  kriegt man richtig Lust auf Sport 😉

Ich biege in eine Seitenstraße ein, an deren Ende sich die Copacabana vor mir erstreckt und spaziere dort weiter. Immerhin ist da der Sand tragend, da joggt es sich leichter. Die schwarz-weiß gepflasterten Wellen an der Promenade sind übrigens ein typisches Wahrzeichen für den berühmten Strand. Auch viele Gehwege in Rio sind schwarz-weiß gepflastert.

Während ich mit fantastischem Blick dem Zuckerhut entgegenspaziere treffe ich die Entscheidung, NICHT hochzufahren. Wenn man oben ist sieht man nicht mehr viel davon, die Aussicht über Rio hatte ich schon von Cristo Redentor und ich habe keine Lust auf die Masse von Touristen. Stattdessen genieße ich den Anblick des schönen Felsens noch ein Stück, atme noch ein bisschen Meerluft und mache mich dann bald auf den Rückweg. Schwimmen gehe ich in Rio bewusst nicht, ich könnte nichts guten Gewissens am Strand zurücklassen. Dazu habe ich noch oft genug Gelegenheit.

Sämtliche Pläne für den Nachmittag fallen meinem fesselnden Buch zum Opfer. Ist okay, sag ich mir und ermahne mich erneut, mir den Terminkalender aus dem Kopf zu schlagen. Dafür plane ich einen besonderen Ausflug für den Abend.

Mein Viertel, Laranjeiras, sowie sämtliche touristische Sachen sind relativ weit im Süden. Ich gehe also abends aus dem Haus und sage meinem Fahrer, mich ins Zentrum zu bringen. Von dort aus kann man an ein paar Sehenswürdigkeiten vorbei nach Lapa laufen, wo sich die meisten Samba-Bars und Clubs tummeln.

Die Fahrt dorthin fällt mitten in die Rushhour und dauert ewig. Mein Fahrer versucht mehrfach Abkürzungen zu nehmen, durch Straßen, bei denen sich mir die Haare aufstellen. Dunkel, schmutzig, das Elend direkt auf der Straße. Ich sehe Menschen, die nichts, absolut nichts haben, außer der Kleidung, die sie anhaben. Kinder spielen halbnackt den Regenpfützen, barfuß und in Lumpen. Das ist die Kehrseite der Medaille, von der ich in meiner touristischen Welt nichts mitbekomme. Aber ich finde es irgendwie gut, dass ich sie sehe.

Schließlich kommen wir doch noch an. Als Absetzort habe ich das Museo do Amanha gewählt, ein guter Ausgangspunkt, um einiges zu sehen, bis ich in Lapa bin.

Als ich aussteige beginne ich meine Entscheidung anzuzweifeln. Es ist mittlerweile dunkel und die Hafenfront, an der ich rauskomme, ziemlich leer. Ich gehe zügig in Richtung Innenstadt und mische mich unter die Leute, die aus der Arbeit kommen und sich den Weg in den Feierabend machen. Auf der großen Straße mit den vielen Menschen, fühle ich mich schon sicherer, bleibe aber trotzdem angespannt.

Umso mehr erschrecke ich mich, als ich über einen Gullideckel laufe und mein verräterischer neuer Rock  einen Marilyn Monroe-Moment beschert. Ich quietsche und schiebe den Rock schnell wieder dahin, wo er hingehört. Ein mir entgegenkommender Passant sieht mich stumm an, ich lächle knapp und gehe stolz erhobenen Hauptes weiter. Den Blick auf den Boden gerichtet, um weiter Gullis zu meiden. Bester Moment dafür, echt!!!

Unterwegs mache ich ein paar schöne Nachtaufnahmen, von den schönen Gebäuden im Zentrum. Eingebettet zwischen den gläsernen Hochhäusern fühlt man sich ein bisschen wie in New York. Aber nur ein bisschen.

In Lapa hört der Prunk wieder auf, alles ist ziemlich heruntergekommen, dafür sehe ich wieder einiges an cooler Streetart. Kurz verlaufe ich mich in eine dunkle Seitengasse, wo mein Puls nochmal nach oben schießt, es passiert aber nichts und kurz darauf stehe ich in der Bar.

Die Atmosphäre ist locker ausgelassen, ein offensichtlich typischer Feierabendtreff. Ich bestelle meinen ersten Caipirinha in Brasilien, lehne mich entspannt an der Bar zurück und warte darauf, dass die Band anfängt zu spielen. Was sie auch kurz darauf tut. Leider sehe ich nichts, ich bin zu weit weg, aber die Stimmung steigt von 60 auf 100, sobald die ersten Töne erklingen. Offensichtlich kennen alle die Texte und singen laut mit oder klatschen im typischen Rhythmus mit der Musik. Ich schlürfe meinen superleckeren Caipi, wiege mich mit den anderen mit und spüre den musikalischen Geist der Stadt… und den Bass, der einem sofort ins Blut geht, aber auf eine angenehme Art. Wirklich eine tolle Erfahrung. So richtig Samba tanzen (wie ich es vor Urzeiten mal in der Tanzschule gelernt hatte) sehe ich  niemanden, alle trippeln eher vor sich hin… aber die Musik gibt ganz klar das typische Wippen mit den Knien vor, an das ich mich mehr als deutlich erinnere. Vielleicht hätte ich dafür in einen Club gehen müssen.

Ich bleibe nur für ein paar Lieder, trinke aus und mache mich dann bald wieder auf den Heimweg. Ich wollte nur ein paar Eindrücke und alleine steht man dann doch etwas am Rande. Aber es war wirklich schön, ich freu mich, dass ich’s gemacht habe.

Schon wieder so viel Text… irgendwie passiert mir das immer einfach, obwohl ich oft denke, diesmal wird’s kurz, so viel ist ja gar nicht passiert!!

Dafür gibt’s im nächsten Beitrag gaaaaanz viele Bilder versprochen!!!

Übrigens gibt es Neuigkeiten für die Weiterreise: Der nächste Stopp sind die Wasserfälle von Iguazú, ich fahre mit einem Nachtbus über Sao Paulo dorthin, komme am 6.01. dann dort an.

Danach geht es weiter nach Porto Alegre, eine Stadt in Südbrasilien. Ein paar Stunden nördlich von dort soll ein beeindruckender Canyon sein, den ich gerne sehen würde. Und danach geht’s nach Uruguay. So, jetzt ist es aber wirklich genug!!!

Brauche mein Kraft nochmal für morgen… das ist nämlich schon der letzte Tag in Rio!

Liebe Grüße,

Eure Jana

2 Responses

  1. Sehr cool! Mein Hostel war damals in Lapa bzw. im Glasscherbenviertel oberhalb der berühmten bunten Treppe mit Blick auf Lapa.
    In Porto Alegre bekommst du Käse! Sicher auch Feta. Da gibts ne ganz tolle Markthalle.
    Wenn du ne völlig verrückte kleine Stadt sehen willst, fahr von dort (ca. 2h) nach Gramado, dort wohnt der echte (!) Weihnachtsmann. Ein kleines Las Vegas, sogar mit Skihalle. Und einem wirklich tollen echten Wasserfall (gut, nach Iguazu kackt er ab), der Cachoeira do Caracol…
    Übrigens, wenn du kürzere Strecken zwischen Städten fährst, kuck mal auf Blablacar, da gibts auch viele gute Angebote

    • Da siehste Mal, die bunte Treppe in Lapa, hab ich total verpasst… tja, werde ich wohl nochmal nach Rio müssen, hilft alles nix 😉
      Super Tipp, ist aber nur ein Transit für mich, ich hoffe morgen schon heil nach Uruguay zu kommen. Kann ich mit Blablacar guten Gewissens reisen?

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