Langsam schlendere ich über die Weide, mit jedem Schritt wird mein Lächeln breiter. Vor mir tut sich der schönste Anblick der Welt auf: Meine wunderschönen Pferde grasen nur einige Meter entfernt. Ich begrüße die ersten, lege meine Arme um den Hals von Nina, einer meiner Lieblinge und drücke mein Gesicht in ihr Fell. Plötzlich öffnen sich über mir die Himmelspforten und ein satter Regenschauer ergießt sich über mich. In Sekunden bin ich durchnässt. Ich muss lachen, hebe die Arme, begrüße den Regen und schließe in die Augen… gleich werde ich wieder in einem Hostelbett aufwachen.

Ich öffne die Augen… und stehe immer noch im Regen bei meinen Pferden. Ach stimmt, ist ja gar kein Traum. Ich bin zurück im Paradies! Oh, wie schön. Der Regen wird langsam weniger und ich wende mich tropfnass wieder meinen Lieblingen zu und genieße, was das Zeug hält.

Wie ist das denn jetzt wieder passiert?! Also – wenn ihr euch erinnert, ich habe mit Alba geplant auf einen kleinen Roadtrip zu fahren, nur war noch nicht sicher, ob ihr altes Auto auch mitspielt. Ich habe daraufhin meinen Aufenthalt in Buenos Aires noch etwas verlängert, doch auch danach war die Sache noch nicht sicher. Was tun? Länger in der Stadt bleiben wollte ich nicht, aber ich wollte den Trip auch nicht kippen, bevor wir es nicht wenigstens versucht haben. Die einfachste Lösung war also, nochmal für ein-zwei Tage nach Palo Alto zurückzukehren, um dort das Endergebnis abzuwarten. Zuerst war ich nicht begeistert… der Abschied war sehr schwer und mich kurz darauf gleich nochmal verabschieden zu müssen… aber als es dann soweit ist, freue ich mich riesig, nochmal für einen kurzen Moment in meinen Traum zurückzufallen.

Ich treffe mich mit Alba in Buenos Aires, dort muss sie noch einiges erledigen. Als ich sie wiedersehe macht mein Herz einen Satz vor Freude. Wir umarmen uns kräftig, essen zusammen zu Mittag, bringen uns auf den neuesten Stand, dann fahren wir zusammen mit dem Zug zurück. Es ist dieselbe Strecke, wie bei meiner ersten Reise nach Palo Alto und trotzdem liegen Welten dazwischen. Ich erinnere mich, wie angespannt und unsicher ich war, in der Angst, ich würde nicht am richtigen Ort ankommen, mich nicht zurechtfinden oder bestohlen werden. Jetzt sitze ich tiefenentspannt mit Alba im Zug und kann die Fahrt richtig genießen.

Zurück in Villars fühle ich mich, als wäre ich wieder zuhause. Auch die Fahrt in Albas Auto zurück zur Farm ist so vertraut, als wäre ich von dort. Wir kommen zuhause, ich bringe meine Sachen in mein Zimmer und packe aus… Alba steht lächelnd in der Küche: Jetzt ist wieder alles in Ordnung, so ist sie es gewohnt.

Gleich danach laufe ich rüber ins Haupthaus, klopfe an Leos Tür und umarme auch ihn, froh, dass wir uns gleich nochmal wiedersehen. Ich bedanke mich tausendmal, dass ich nochmal zurückkommen durfte. Er winkt ab, ich bin jederzeit willkommen und er freut sich auch.

Die erwartete Melancholie und die Angst, mich in kurzer Zeit gleich nochmal zu verabschieden, bleibt aus. Ich freu mich einfach, dass ich da sein kann und genieße die Zeit.

Am nächsten Tag drehe ich meine gewohnte Runde, besuche meine Pferde und werde nass. Mehrfach. Am Nachmittag gucke ich mit Leo einen superalten Film über Polo und die Entstehungsgeschichte. Mit einem Poloexperten einen Polofilm zu gucken ist natürlich doppelt gewonnen aber vor allem wollte ich noch ein bisschen Zeit mit ihm verbringen, bevor wir am nächsten Tag in der Früh losfahren.

Am Abend  kommt Alba mit mehr oder weniger guten Nachrichten vom Mechaniker zurück. Es ist nach wie vor ungeklärt, was dem Auto genau fehlt, es ist der Motor. Den zu öffnen wird dauern, es ist nicht sicher, dass das Auto danach noch fährt und teuer wird es auch. Der Mechaniker meint, er würde nicht fahren, aber wenn wir langsam sind, regelmäßig Wasser- und Ölstand überprüfen, könnte es gehen.

Alba und ich stehen vor einer komplizierten Entscheidung. Wenn wir fahren, müssen wir uns bewusst sein, dass das Auto mitten im Nirgendwo liegenbleiben kann, kilometerweit entfernt von jeglicher Zivilisation, ohne jeglichen Handyempfang. Und der Rücktransport wird richtig ins Geld gehen. Natürlich werden wir uns sämtliche Kosten teilen. Alba hat noch eine Bedingung: Wir fahren erst einen Tag später, als geplant: Sie ist ziemlich durch von der letzten Woche und braucht einen Tag Ruhe, was ich vollkommen verstehe. Gleichzeitig drückt mich ein bisschen die Zeit, der Sommer ist so gut wie vorbei und die Wanderbedingungen im Süden werden von Tag zu Tag härter. Was tun?

Wir schlafen eine Nacht drüber und ich melde mich am nächsten Tag freiwillig bei Leo zum arbeiten, um ein bisschen nachzudenken. Dabei lerne ich Martín kennen, Nachfolger von Ezekiel (hat gekündigt, nachdem ich weg war). Was für ein netter Kerl, ganz anders als sein Vorgänger und ich mag ihn sofort. Er mag mich auch… ein bisschen zu sehr. Natürlich ist die dritte Frage an mich mal wieder, ob ich einen Freund habe und ich erkläre ihm, dass ich dafür gerade keinen Kopf habe. Er flirtet trotzdem weiter mit mir… Argentinier halt, sie können nicht anders. Wir räumen einen riesigen herabgefallenen Ast von der großen Eiche im Park weg, schneiden Stück für Stück die Äste ab und rechen das Kleinzeug auf. Super, um nachzudenken. Nach  der Arbeit trinken wir alle gemeinsam Mate, Martín, Leo, Alba und ich. Noch etwas, was ich total vermisst habe.

Dann ist es Zeit für eine Entscheidung: Ich erkläre Alba, dass ich dafür bin, dass wir es versuchen, aber sie muss auch dafür sein. Sie lächelt und nickt. Versuchen wir’s. Ich freue mich total.

Abends finde ich mich wie immer an meinem Platz für den Sonnenuntergang ein. Diesmal ist er bereits besetzt von Martín, stört mich aber gar nicht, im Gegenteil: Er hat Maté dabei. Kurz darauf kommt auch Leo dazu und wir unterhalten uns gut. Es ist viel zu schön, um bald schon wieder zu gehen. Doch es bleibt dabei, ich kann nicht bleiben.

Wieder ist es Zeit Abschied zu nehmen, aber ich bin nicht traurig, im Gegenteil: Ich plane schon, wann ich eines fernen Tages wieder zurückkommen kann. Leo wiederholt, ich bin immer willkommen und wir umarmen uns nochmal fest.

Nachdem ich mich von Leo verabschiedet habe, drehe ich noch eine Runde über die Farm. Beim Polofeld angekommen, ziehe ich die Schuhe aus und spaziere barfuß über das perfekte, weiche Gras. Dabei schaue ich nach oben in die Sterne, bewundere Orion, das Südkreuz und die Milchstraße, die ich deutlich sehen kann. Was für ein wunderschöner Ort… der Zauber packt mich immer wieder.

Am nächsten Morgen packe ich wieder zusammen, wir setzen uns ins Auto und fahren los: Auf ins nächste Abenteuer!

Liebste Grüße

Eure Jana

2 Responses

  1. Huhu, Jana! Zur Zeit ploppt immer wenn ich mal wieder weiterlesen mag und „Jana ohne Plan“ suche, ein „Jan ohne Plan“ auf, der von Ljubljana aus lostourt… Den les ich natürlich aus Prinzip nicht, aber grinsen tu ich doch immer wieder! Mach weiter so, wennsd aba wieder da bist gfreits mi a recht! Herzliche Grüße aus Niederbayern!

    • Hallo liebe Andrea,
      ja, den Jan hab ich auch schon entdeckt, aber wir kommen uns da nicht in die Quere 😉 Ganz liebe Grüße aus El Calafate, Südargentinien, da is gscheit koid! Hoff bei euch is bessa 🙂

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